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Pussy-Riot-Mitglied im deutschen TV„Ich würde es wieder tun“

Ein Mitglied der Punkband Pussy Riot hat den Protest gegen Putin verteidigt. Politik und Religion seien in Russland zu eng verknüpft, kritisierte die Frau in einem TV-Interview.

„Kater“, mit Sturmmaske maskiert, im ARD-Fernsehen. Bild: Screenshot: Das Erste

BERLIN dapd | Eine Aktivistin der Punkband Pussy Riot hat den weltweit für Schlagzeilen sorgenden Protest gegen Präsident Wladimir Putin im Februar verteidigt. Sie denke, dass die Aktion in der Moskauer Christ-Erlöser-Kathedrale „zu Irritationen führte“, aber sie glaube nicht, dass sie „falsch gehandelt haben“, sagte die Frau am Donnerstag im ARD-Morgenmagazin.

Wenn sie die Wahl hätte, würde die es wieder machen, vielleicht sogar etwas „Radikaleres“, sagte die Frau, die an dem kurzen Auftritt teilgenommen hatte. Die Situation in Russland, vor allem die Verknüpfung von Politik und Religion, sei so schlimm, dass man „so viel wie möglich darüber reden muss, um etwas verändern zu können“, sagte die Aktivistin.

Zum ersten Mal gab mit ihr ein Mitglied der 15 Mitglieder umfassenden Band ein Interview im deutschen Fernsehen. Aus Sicherheitsgründen war die sich nur „Kater“ nennende Frau mit einer Sturmhaube - dem Markenzeichen der Band - maskiert. Auch ihre Stimme wurde verfälscht.

Sie sorge sich natürlich um die beiden inhaftierten Kolleginnen, sagte die Frau. Ihre Anwesenheit in Deutschland solle die Aufmerksamkeit der Weltöffentlichkeit darauf lenken, dass die anderen Mädchen im Straflager sind. Drei Bandmitglieder waren im August wegen einer Performance gegen Putin in der Kathedrale zu zwei Jahren Haft verurteilt worden. Eine Angeklagte wurde später die Gefängnisstrafe erlassen, die beiden anderen Musikerinnen kamen in Straflager.

Sie selbst habe auch Angst, sagte die Aktivistin. „Aber weil ich die Interessen der Gruppe vertrete, möchte ich natürlich auch die politische Tätigkeit weiterverfolgen.“ Deswegen stelle sie die persönliche Sicherheit hinten an. Weitere Aktionen von Pussy Riot werde es zur Zeit aber nicht geben, sagte die Frau. „Momentan müssen wir versuchen, vor einem internationalen Gerichtshof in Berufung zu gehen, um die Mädchen herauszubekommen.“

Zurzeit versuche die Gruppe, dazu das Interesse der Medien hochzuhalten und weiter über die Probleme in Russland und auch insgesamt in der Welt aufzuklären.

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7 Kommentare

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  • B
    Benz

    @Hendrix

    Mit den Taten der Pussen ist es wie mit der Dönermordserie: Frenetisch bejubelt von einem kleinen Kreis, aber bei der Mehrheit der Bürger verstärkt es nur noch die Abscheu.

     

    Ich weise Sie auf die politischen Auswirkungen des Verbrechens hin, weil ich denke dass wenigstens das ein Umdenken bewirken könnte. Wenn schon meine Hinweise auf die Glaubens- und Gewissensfreiheit und auf den guten Geschmack bei Ihnen nicht wirkten, dann vielleicht der Hinweis das Verbrechen wie die bizarre Tat der Pussen die russ. Revolutionäre nur noch weiter in die politische Bedeutungslosigkeit drängen. Wie bei der Dönermordserie- glaube nicht, dass das der NPD zusätzliche Wähler gebracht hat.

  • H
    Hendrix

    @Benz

    Putin hat bisher noch keinen einzigen Wahlsieg eingefahren, weil es keine demokratischen Wahlen gab. Umgekehrt wird keine Opposition, egal wie stark, je einen Wahlsieg erringen, solange es keine wirklichen Wahlen gibt. Insofern ist die Stärke der Opposition eher spekulativ. Das Regime wird durch die Strasse stürzen oder durch interne Kämpfe, erst dann wird es überhaupt Wahlen geben.

     

    Im übrigen glaube ich nicht, dass die Verhaftung der Band nur mit politischen Erwägungen, die Sie ja immerhin auch langsam einräumen, zu erklären ist. Es ist viel einfacher: Die Tatsache, dass die Band medienwirksam Putins Rücktritt gefordert hat, war Grund genug. So einfach ist das in autoritären Regimen. Die weltweite Empörung über das Unrechtsurteils hat ihre Wirkung nicht verfehlt, das Regime reagiert nervös. Darum ist es gut, dass Pussy Riot jetzt weitermacht.

  • B
    Benz

    @Hendrix

    Na klar hat die radikale ausserparlamentarische Opposition nichts zu melden. Mit abscheulichen Verbrechen wie der Schändung der Kirche haben die sich komplett ins Abseits manövriert.

     

    Die russ. Opposition, z.B. die Kommunisten, hatten durchaus einige Kritikpunkte. Diese traten aber durch den Pussenskandal in den Hintergrund. Selbstverständlich hätte Putin die Wahlen auch ohne Wahlkampfhilfe von den Pussen gewonnen, so aber hatte er sie haushoch gewonnen.

     

    Natürlich ist die Tat der Pussen nach wie vor ein Verbrechen, das ist unbestritten. Aber ich bin eben ein Optimist und versuche jeder Sache etwas gutes abzugewinnen.

     

    Wenn Sie das Verbrechen der Pussen und dessen Unterstützung durch die radikale Oppoistion gutheissen, dann tun Sie das. Solange die russ. Radikalen bei Ihren bizarren, behämmerten Aussagen bleiben, bleiben sie bedeutungslos und Putin bekommt weitere gefahrlose Wahlsiege.

  • H
    Hendrix

    Benz, Sie passen die Perspektive Ihrer Argumentation sehr opportunistisch an.

     

    Erst wollten Sie monatelang weismachen, in Russland wäre alles super und die Opposition hätte nichts zu melden. Plötzlich, in der Diskussion um Pussy Riot, räumen Sie ein, diese habe Putin zugesetzt. Dafür sei sie aber in die Pussy-Riot-Falle gelaufen!

    Selbst innerhalb der Pussy-Riot-Diskussion wechseln Sie plötzlich die Perspektive. Nachdem Sie sich endlos über die angeblichen Verbrechen der Band beschwert hatten, und die armen alten Mütterchen, die da darunter angeblich so leiden hätten, und die Band mit Breivik und den Taliban und sonst wem verglichen hatten, nähern Sie sich nun dem Thema aus einer kalten machiavellistischen Machtperspektive. Putin habe das doch geschickt gedeichselt, sich als Retter der Kirche "inszeniert" und die Opposition auflaufen lassen. Ganz neue Töne, die ich da von Ihnen höre...

     

    Dazu sei gesagt: Die Opposition hat sich für die richtigen Dinge einzusetzen und nicht opportunistisch rumzueiern. Die Kritik an der verfehlten russ. Wirtschaftspolitik bleibt aktuell, denn die Perspektiven der russ. Wirtschaft haben sich ja nun nicht gerade verbessert. Gleichzeitig muss auch die Kungelei von Putin und der Kirchenführung weiter kritisiert werden. Der Einsatz für Pussy Riot bleibt somit richtig.

  • B
    Benz

    @Carsten

    Diesen Widerspruch habe ich auch gesehen. Sogar Merkel hat sich für ein Verbot des Mohammedfilms ausgesprochen. Lobt gleichzeitig aber die Pussen.

     

    @Michael

    Könnten Sie mir erklären, wie das Erschrecken und Verspotten von betenden alten Grossmütterchen 'den Druck auf das Regime erhöht' hat?

     

    Politisch hat die bizarre Attacke auf die Kirche Putin stark genützt. Stellen Sie sich vor, in den gottesfürchtigen USA, im katholischen Bayern oder Italien würde der Oppositionskandidat eine derart dämliche Tat in einer Kirche begehen. Seine Wahlchancen würden rapide einbrechen.

     

    Die russ. ausserparlamentarische Opposition hatte Putin zugesetzt- mit unangenehmer Kritik bezgl. der Finanzkrise, der Korruption, den stagnierenden Löhnen usw. Dann aber kam der Pussenskandal und Putin musste nicht mehr über diese Kritik an seiner Wirtschaftspolitik sprechen. Sondern konnte sich als Retter der bedrohten Kirche inszenieren, als Vertreter der empörten, beleidigten Wähler, und seine Gegner als Spinner brandmarken.

     

    Es ist nun mal äusserst dumm, Oppositionspolitik zu machen indem man Millionen von Wählern massiv beleidigt.

  • M
    michael69@gmx.com

    Richtig so! Den Druck auf das Regime weiter erhöhen. Die Komplizenschaft von russ.-orthodoxer Kirche und der politischen Führung des Regimes erinnert an das Mittelalter und ist eine Verhöhnung der russ. Verfassung! Sowohl die Kirche als auch das politische System müssen von Grund auf erneuert werden. Respekt für Pussy Riot!

  • C
    Carsten

    Pussy Riot sind also gegen die Verflechtung von Religion und Politik. Und alle haben Pussy Riot dafür lieb. Warum mag dann keiner Mohammed-Filmchen-Produzenten oder Mohammed-Karikaturisten?