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Proteste in FrankreichAuf beiden Seiten der Barrikaden

Muss man in Frankreich Erbarmen mit den „Flics“ haben? Nun demonstrieren auch Polizisten gegen Gewalt bei Demonstrationen.

Opfer? Täter? Beides? Polizeieinsatz in Paris Foto: dpa

Paris taz | Wieder gab es am Dienstag am Rand der Demonstrationen gegen die Arbeitsmarktreform in Paris, Rennes, Nantes und Lyon gewaltsame Zusammenstöße mit den Ordnungshütern. Die Polizei nahm insgesamt 86 Personen fest. Ein 28-Jähriger, der Steine und Flaschen auf die Beamten geworfen hatte, ist mit exemplarischer Strenge zu sechs Monaten Haft verurteilt worden.

Die Polizisten, die bei diesen Demonstrationen im Auftrag der Behörden für die öffentliche Sicherheit sorgen sollen, haben offenbar die Nase voll. Sie demonstrieren am Mittwoch im ganzen Land gegen „Haine anti-flics“ (Hass auf die Polizisten). Sie fordern Verständnis und Solidarität.

Ihr Job ist undankbar. Nicht nur sollen sie den Kopf hinhalten, wenn militante Demonstranten mutwillig die Konfrontation suchen, indem sie Sachbeschädigungen anrichten und die Beamten provozieren. Auch ihr Image in der Bevölkerung ist schlecht. Es gibt überall Videokameras, die filmen, wenn Polizisten mit gewalttätigem Übereifer dreinschlagen und dabei häufig nicht groß Unterschiede machen zwischen Provokateuren und Unbeteiligten.

Wer einmal längere Zeit in Paris gelebt habt, weiß, dass es aus diesem Grund ratsam ist, sich bei Demonstrationen auf Distanz zu den „Robocops“ der Ordnungspolizei CRS zu halten. Der aus der Zeit der Straßenkämpfe im Mai 68 datierende Slogan „CRS – SS“ ist noch heute auf den Lippen der Demonstranten, wenn die Ordnungspolizei mit Tränengas und Knüppel zum Angriff bläst.

Mobile Gruppen von Vermummten

Die zunehmende Gewalt bei den Straßenprotesten gegen die Regierungspolitik hat aber auch dazu geführt, dass viele Leute aus Angst vor solchen Auseinandersetzungen nicht mehr an den Kundgebungen teilnehmen. Denn nur zu leicht wird ein völlig friedlicher Demonstrant mit den „Casseurs“ verwechselt.

Diese sehr mobilen Gruppen von Vermummten existieren, sie sind der Albtraum der Behörden. Sie mischen unter die Demonstranten und gehen dann aus der Deckung mit Wurfgeschossen gegen die CRS vor, die sich ihrerseits nicht lange bitten lassen.

Die Imagepflege ist allerdings nicht das einzige Anliegen bei den Kundgebungen der Polizisten. Ihr Pflichtbewusstsein wird auch wegen des Notstands mit den zusätzlichen Aufgaben im Kampf gegen die terroristische Bedrohung strapaziert. Das Ergebnis ist eine Vielzahl von Überstunden. Wegen der Einsätze bei der Fußball-EM dürfen die Beamten zudem im Juni und Juli nicht wie gewohnt ihren Urlaub nehmen. Das Ergebnis ist eine Vielzahl von rund angeblich rund 18 Millionen Überstunden, die ihnen aber das Innenministerium aus Geldmangel nicht finanziell vergüten kann und will.

In dieser Hinsicht wären ihre Anliegen gar nicht so weit entfernt von den Protesten gegen die Revision des Arbeitsrechts. Auch der utopische Appell zur Fraternisierung „Les CRS avec nous!“ stammt aus der Zeit des Mai 68, er ist aber wegen des Images der von den Demonstranten ungeliebten Flics bloß ironisch gemeint.

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