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Protest gegen fehlende KitaplätzeSuche ErzieherIn, biete Burn-out

Trotz Rechtsanspruch warten Eltern oft vergeblich auf einen Betreuungsplatz für ihr Kind. Am Samstag gehen deshalb Berliner Eltern auf die Straße.

Ist da noch Platz? In der Kinderbetreuung fehlt es an allen Enden an Kapazität Foto: dpa

Berlin taz | Tamina Fabienne Baugatz ist wenige Wochen alt, schon steht ihr Name auf Dutzenden Wartelisten. Am liebsten hätten ihre Eltern, Raik und Katja, ihre Tochter schon vor der Geburt für einen Kitaplatz angemeldet. Denn die Betreuung entscheidet über die Zukunft der Familie. Raik Baugatz arbeitet im Schichtdienst bei der Bundeswehr, seine Frau geht ab November wieder arbeiten. „Wir brauchen das Geld“, sagt Raik Baugatz. „Ich könnte heulen, wenn ich daran denke, was für uns auf dem Spiel steht. Wir müssen endlich wissen, wie es weitergeht.“

Mehr als dreißig Einrichtungen in Berlin-Treptow-Köpenick haben die Eltern besucht. Vergeblich. Fast täglich stellen sie sich in Einrichtungen vor. Füllen Bewerbungsbögen aus. Und treffen auf Eltern, die so verzweifelt sind, dass sie zum Schnuppertag einen Kuchen mitbringen.

Wie Raik und Katja Baugatz geht es vielen Familien in Deutschland. Seit dem 1. August 2013 haben sie einen Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz. Theoretisch. Er gilt für alle Kinder ab dem ersten Geburtstag und kann auch schon vorher greifen, wenn die Eltern arbeiten oder eine Beschäftigung suchen. Seither schaffen Städte und Kommunen im Eilverfahren Betreuungsplätze, stellen Kita-Container auf oder errichten Schnellbau-Kitas. Doch das hilft wenig, wenn das Personal fehlt. Tausende Plätze bleiben unbesetzt. Darauf hat Ende Februar auch das Verwaltungsgericht Berlin reagiert und entschieden, dass Eltern den gesetzlichen Anspruch nicht in einem gerichtlichen Eilverfahren erzwingen können, wenn den Kitas die ErzieherInnen fehlen.

In ganz Deutschland mangelt es laut Bertelsmann-Stiftung bereits an über 100.000 Vollzeitkräften. Das sagt auch Doro Moritz, Landesvorsitzende der GEW Baden-Württemberg. „In fast allen Regionen des Landes besteht ein Fachkräftemangel – auch bei uns in Stuttgart. Vor zwei Jahren fehlten uns noch etwa 200 ErzieherInnen, heute gehe ich von doppelt so vielen unbesetzten Stellen aus.“ Der Paritätische Wohlfahrtsverband schätzt, dass auch in Berlin bis zum Sommer etwa 1.500 zusätzliche ErzieherInnen gebraucht werden. Die Folge: verkürzte Öffnungszeiten in den Kitas, verzweifelte Eltern, ausgebrannte Fachkräfte.

Zwei Bewerbungen auf 18 freie Stellen

Wie prekär die Situation ist, weiß Sabine Derwenskus-Böhm. Sie ist Leiterin des Bereiches „Kinder und Jugend“ beim AWO-Kreisverband Berlin-Mitte. Notlösungen sind Alltag geworden, sagt die Bereichsleiterin: „Wir behelfen uns mit Leasingkräften von Zeitarbeitsfirmen, vergrößern kurzfristig die Gruppen oder nehmen einfach keine Kinder mehr auf.“ 18 Stellen sind in ihren Kitas seit Monaten offen, zwei Bewerbungen hat die Bereichsleiterin erhalten. Der Nachwuchs muss erst ausgebildet werden.

Bundesweit entstehen Fortbildungsprogramme für Quereinsteiger, doch diese können keine Fachkräfte ersetzen. „Auszubildende und Quereinsteiger müssen eingearbeitet werden. Sie brauchen Betreuung und sind nicht dafür da, die Lücken zu füllen“, sagt Kita-Leiterin Derwenskus-Böhm. Die Berliner Senatsverwaltung hat die Quote für Quereinsteiger, die in einer Kita arbeiten, im vergangenen Jahr erhöht. Jede dritte Fachkraft darf durch einen Quereinsteiger ersetzt werden, zuvor war es jede vierte. Doch Kompromisse sind keine Dauerlösung, findet auch Doro Moritz: „Mit der Zahl der Quereinsteiger erhöht sich schließlich auch die Arbeitsbelastung für die Beschäftigten.“ Sie geht davon aus, dass sich die Situation durch den geplanten Rechtsanspruch auf einen Ganztagsplatz in der Grundschule weiter verschlechtern wird.

Eltern können den Anspruch auf einen Kitaplatz nicht durchsetzen, wenn das Personal fehlt

Der Forschungsverbund Deutsches Jugendinstitut/TU Dortmund prognostiziert in einer Studie, dass bis 2025 etwa 300.000 von insgesamt 583.000 benötigten Kita-Fachkräften fehlen werden. Die Statistik rechnet Nachwuchskräfte in Ausbildung ein und berücksichtigt nicht erfüllte Elternwünsche, das Fachkraft-Kind-Verhältnis, ErzieherInnen, die in Rente gehen, Zuwanderung und Geburtenanstieg. „Der Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz hat deutschlandweit zu einem massiven Ausbau geführt, für den jetzt aber die Fachkräfte fehlen“, sagt Mario Schwandt von der GEW Bayern. Jahrelang habe die Politik versäumt, das Berufsfeld attraktiver zu machen und die Arbeitsbedingungen an die erhöhten Anforderungen anzupassen. Ein Einstiegsgehalt von etwa 2.500 Euro brutto, kaum Aufstiegschancen, Stress und Burn-out. Mit dem Fachkräftemangel spitzt sich die Lage weiter zu: Viele steigen aus dem Beruf aus oder kommen nach der Babypause nicht mehr zurück.

„Zwar werden die Ausbildungsplätze massiv erweitert, doch 25 Prozent der Schüler brechen vorzeitig ab“, sagt Mario Schwandt von der GEW Bayern. Der Grund: Die Bezahlung reicht während der schulischen Ausbildung nicht zum Leben. „Diejenigen, die durchhalten, sind nach der Ausbildung geschockt: Sie gehen in die Kitas und stellen fest, dass sie keine Zeit haben, ihre Ideen umzusetzen. Stattdessen kommen sie kaum mit dem Alltagsgeschäft hinterher.“

Von Stress bis zum Burn-out erzählt auch eine Erzieherin aus München, die nicht namentlich genannt werden möchte. In ihrer Einrichtung gibt es Platz für 100 Kinder, aufgenommen wurden nur 70. Seit Monaten hofft die Kita auf mehr Personal. Zwei Stellen sind ausgeschrieben, beworben hat sich niemand. „Wenn man hin und wieder eine Woche überbrücken muss, weil zwei Leute krank sind, geht das. Aber das ist mittlerweile Dauerzustand. Wir unterstützen uns gegenseitig so lange, bis wir zusammenbrechen“, sagt die Erzieherin.

Ein Kind pinkelt in die Hose, im Gruppenraum bricht ein Streit aus und das Telefon klingelt – bei zu wenig Personal fehlt die Zeit für pädagogische Angebote. Darunter leiden ErzieherInnen, Kinder und Eltern. „Regelmäßig sitzen Mütter und Väter vor mir, die verzweifelt sind und weinen, weil sie ihre Kinder nirgendwo unterbringen können. Das ist furchtbar“, sagt die Erzieherin. Für Familie Baugatz gibt es Hoffnung. Bei ihrem letzten Kita-Besuch hat die Leitung ihnen einen Platz in Aussicht gestellt. Allerdings erst ab Februar 2019. Am Samstag demonstrieren Berliner Eltern gegen die Situation: Start ist um 10 Uhr am Bahnhof Friedrichstraße.

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29 Kommentare

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  • Oh, da bekomme ich ja ein ganz schlechtes Gewissen, dass ich als Heilpädagoge (nachdem ich allerdings auch ewig eine Stelle mal gesucht habe) nunmehr mich lieber der Pflege meiner alternden Familie widme anstatt dem Arbeitsmarkt zur Verfügung zu stehen und z.B. von Norddeutschland in ein Dreckskaff wie Berlin zu ziehen (mit unbezahlbaren Mieten) und dort Bundeswehrsoldaten helfen kann, ausreichend Knete herbeizuschaffen und ihre Arbeitskraft weiterhin dem Staat zum Töten zur Verfügung zu stellen.

     

    Zahlt mir den Tagessatz, den Bundeswehrsoldaten für Auslandseinsätze bekommen (afaik 300 € am Tag) und ich arbeite auch mal einen Monat in Berlin in einem Kindergarten.

  • “Jahrelang habe die Politik versäumt, das Berufsfeld attraktiver zu machen und die Arbeitsbedingungen an die erhöhten Anforderungen anzupassen.”

     

    Die Erzieherinnin sind ja in der Regel bei privaten Trägern oder den Kirchen angestellt und nicht beim Staat. Wie soll der Staat denn einen ganzen Beruf aufwerten, wenn die meisten Angestellten gar nicht für den Staat tätig sind? Soll ein weiteres Gesetz, dass (wie dieses) nicht umsetzbar ist, hinterher geschoben werden?

     

    “Ein Einstiegsgehalt von etwa 2.500 Euro brutto...”

     

    Das ist so schlecht nicht für einen Ausbildungsberuf. Viele Berufseinsteiger in technischen Berufen verdienen anfangs auch nicht mehr und das obwohl die Anforderungen dort in vielen Bereichen deutlich höher sind.

    • @Januß:

      Es ist richtig, dass ein großer Teil der Erzieherinnen in kirchlichen und privaten Einrichtungen arbeiten. Das liegt am Subsidiaritätsprinzip, welches besagt dass der Staat staatliche Aufgaben in bestimmten Bereichen nicht selbst wahrnimmt sondern nach unten durchreicht, sobald sich Kirchen oder private Träger darum annehmen. (Er ist halt eine faule Sau, der Staat.)

      Das bedeutet aber nicht, dass der Staat deswegen seine Finger völlig aus dem Spiel läßt. Stattdessen bestimmt er via Pflegesätze die Höhe der Gehälter, die Größe der Gruppen, die Anzahl des Personal und dessen Qualifikation. Das sind aber auch die entscheidenen Eckdaten für eine soziale Einrichtung und die Arbeitsbedingungen die dann dort herschen. Letztere wurden halt auch immer schlechter durch immer größer gewordene Gruppen, womit man versucht den Personalmangel auszugleichen.

      Der Burn-Out ist deswegen auch keine Eventualität mehr, sondern eine Gewissheit wenn man versucht ein Arbeitsleben lang dort in Vollzeit zu arbeiten. Deswegen lösen sich ja so viele ErzieherInnen wieder aus dem Beruf, der ein Überleben in Gesundheit fast unmöglich macht, oder gehen auf Teilzeit. Das bedeutet aber eben auch dass man noch weniger verdient - und dafür dann später auch noch bei der Rentenberechnung abgestraft wird.

      Was den "Ausbildungsberuf" betrifft: Ich bin durchaus auch Ihrer Ansicht, dass es sich eigentlich um einen solchen handelt, auch wenn ein nicht unerheblicher Teil der Ausbildungszeit dem pädagogischen Studium vorbehalten ist.

      Die Rentenversicherung sieht das allerdings anders: Wegen des fachakademischen Studienteils bewertet sie die gesamte Ausbildung als "schulische Ausbildung", nicht als Berufsausbildung. Und das hat zur Folge dass einem diese 5 Jahre Ausbildung nicht als Rentenanwartschaftszeit anerkannt werden. In der Rentenberechnung wird man also hinterher gleich nochmal übers Ohr gehauen.

      Fazit: Wer unter diesen Umständen noch ErzieherIn wird ist nicht ganz knusper.

    • @Januß:

      Der Staat, die Kommunen kann so viele Kindergärten gründen wie er will und jedem Engpass damit entgegentreten. Die Löhne könnten schön saftig und garantiert für die nächsten Jahre gestaltet sein.

       

      Problem: Die Komunen wollen nicht. Sie zahlen weder den Kitas, die nicht in staatlicher Trägerschaft sind mehr Geld noch kommen sie selber in die Pötte.

      • @Rudolf Fissner:

        Das ist völlig falsch, was Sie sagen. Die meisten Kindergärten werden teils bis 80%, teils darüber, vom Staat finanziert. Vor allem auch die unter sog. christlicher/kirchlicher Trägerschaft. Die Löhne werden vom Staat bezahlt, der Träger macht nur Buchhaltung und Abrechnung, Personalauswahl/Einstellung usw. An Löhnen zahlt z.B ein kirchlicher Träger so gut wie gar nichts. Anders würde das auch gar nicht funktionieren. Ein Kindergartenplatz wäre sonst viel zu teuer. Das funktioniert auch bei den meisten anderen sozialen Einrichtungen so, insbesondere den kirchlichen.

         

        "Inzwischen ist die staatliche Finanzierung keine mehr oder weniger freiwillige „Förderung“ mehr, sondern eine gesetzlich bestimmte finanzielle Leistung, auf die der Träger einen Anspruch hat. " https://www.gew.de/aktuelles/detailseite/neuigkeiten/kita-finanzierung-garantiert-kompliziert/

         

        Insofern ist es auch nicht richtig wie @Janus zu sagen, das Personal sei ja nicht beim Staat angestellt. Defakto (Bezahlung der Löhne usw.) ist es so. Formell natürlich nicht - da ist eine Erzieherin beim jeweiligen Träger angestellt. Im Falle eines kirchlichen Trägers ist das für den Staat ein Vorteil, da die Kirche mit dem sog. 3. Weg ein eigenes Arbeitsrecht hat und an keine Tariflöhne gebunden ist - dadurch sinken die Kosten...

         

        Der Staat lässt sich für eine Verbesserung nicht verantwortlich machen, er trägt eh die meisten Kosten. Wenn, dann müssten z.B die Kirchen als Träger mehr aus eigenen Mitteln aufwenden, bzw. überhaupt etwas. Aber bisher wird das ja alles geschickt verborgen. Ottonormalverbraucher denkt er gebe sein Kind in einen christlichen Kindergarten und die Kirche finanziere den ganzen Laden, dabei verfügt der Träger nur über die Gelder aus der öffentlichen Hand.

    • @Januß:

      Will heißen: Alles in Butter, bzw. alles besser als weitergehende staatliche Eingriffe (bzgl. Subventionierung, Mindestlohnhöhe, Arbeitsumfang etc.), und deshalb einfach laufen lassen. Oder wie?

      • @Ruhig Blut:

        Das soll heißen das ich keine mangelnde Fairness in den Einstiegsgehältern von Erzieherinnin erkennen kann. Einen Mindestlohn gibt es im Übrigen bereits. Der Arbeitsumfang wird üblicherweise im Arbeitsvertrag festgelegt, nicht vom Staat.

         

        Das Erzieher (mit seltenen Ausnahmen) ein Job ohne Aufstiegschance ist sollte im Übrigen jedem vom ersten Tag der Ausbildung an klar sein.

         

        Aber nur mal aus Neugier: Wie würde ihre Vorstellung einer Staatlichen Förderung eines ganzen Berufes aussehen, welchen Umgang würde sie haben und wie würde das gegenfinanziert werden? Ich bitte um eine konkrete Antwort!

        • @Januß:

          Was man landläufig unter Mindestlohn versteht gilt für kirchliche Träger nicht, da die Kirche in Deutschland ein eigenes Arbeitsrecht (der 3. Weg) hat. Ausgedeichselt wird das dann in einer sogenannten Pflegekommission:

           

          "Hintergrund: Festlegung über Pflegekommission

           

          Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) legt den Pflegemindestlohn wie auch andere Branchenmindestlöhne auf Grundlage des Arbeitnehmerentsendegesetzes (AEntG) per Rechtsverordnung fest. Im Gegensatz zu anderen, im AEntG benannten Branchen, erfolgt dabei jedoch keine Allgemeinverbindlicherklärung eines Tarifvertrags. Stattdessen wird der Pflegemindestlohn in einer selbstständigen Pflegekommission vereinbart.

           

          Mit dieser Regelung wird berücksichtigt, dass die kirchlichen Träger keine Tarifverträge abschließen, sondern ihre Arbeitsbedingungen im Dritten Weg regeln." https://caritas-dienstgeber.de/themen/mindestlohn.html

           

          2018 legte die Kommission den Mindestlohn auf 10,55 € fest. In den neuen Bundesländern auf 10,05 € - siehe Tabelle (Link).

           

          Daneben gibt es aber noch viele Tricks , insbesondere der kirchlichen Träger, die Löhne zu drücken:

           

          "Warum sich ausgerechnet kirchliche Arbeitgeber gegen Mindestlöhne wehren" https://www.swr.de/report/unchristliche-diakonie-warum-sich-ausgerechnet-kirchliche-arbeitgeber-gegen-mindestloehne-wehren/-/id=233454/did=3351456/nid=233454/z2j2is/index.html

           

          Weil dann mehr aus den erhaltenen öffentlichen Geldern übrig bleibt=Gewinn...

        • @Januß:

          "Das Erzieher (mit seltenen Ausnahmen) ein Job ohne Aufstiegschance ist sollte im Übrigen jedem vom ersten Tag der Ausbildung an klar sein." (Zitat: Janus)

          Exakt dies dürfte ja auch einer der Hauptgründe dafür sein, dass dieser Beruf für Männer sehr unattraktiv ist. Das Gejammer um die für geschlechtsspezifische Pädagogik fehlenden, weil am Thema vermeintlich uninteressierten Männer ist - wie vieles - einfach nur Verlogenheit.

        • @Januß:

          Wie würde ihre Vorstellung einer Staatlichen Förderung eines ganzen Berufes aussehen, welchen Umgang würde sie haben und wie würde das gegenfinanziert werden? Ich bitte um eine konkrete Antwort!

          ---------------------

           

          BGE, damit wären die Probleme gelöst. Oder auch nicht.

        • @Januß:

          Ich hab‘s doch schon angerissen, denken Sie’s selbst weiter.

          Wie ich Ihre Kommentare so kenne, glaube ich auch nicht, dass Ihnen dazu die Kreativität fehlt sondern gehe vielmehr davon aus, dass Ihnen hier ein staatlicher Eingriff in den Arbeitsmarkt generell nicht passt.

          Und wenn‘s der Markt nicht automatisch, geräuschlos und zu aller Zufriedenheit regelt, was dann? Erklären, dass die Leute eigentlich gar keinen Grund zur Beschwerde haben, und hoffen, dass es sich irgendwie von selbst erledigt?

          Ist ja übrigens im Handwerk nicht viel anders, die finden kaum noch Lehrlinge. Was also tun, wenn nicht mehr genug bereit sind, sich für geringe Gehälter kaputt zu schuften, in Jobs, die für die Gesellschaft unentbehrlich sind?

    • @Januß:

      Wie sehen denn "höhere" Anforderungen aus? Es sind andere Anforderungen.

       

      Ich habe oft genug mit Menschen zusammengearbeitet, die statt weiter in der sozialen Arbeit zu bleiben, nebenher handwerkliche oder sogar in einem Fall ihr früher mal abgebrochenes Machinenbaustudium wieder aufgenommen haben.

      Das sind unterschiedliche Paar Schuhe und ich kann es durchaus nachvollziehen, dass es nicht jedem liegt, an Menschen direkt zu arbeiten.

       

      Effizient wäre es, wenn die Menschen, wenn sie feststellen, dass dies nicht auf Lebensdauer ihre Sache sein kann, ausreichend Möglichkeiten hätten, zu wechseln.

      • @Age Krüger:

        "Wie sehen denn "höhere" Anforderungen aus? Es sind andere Anforderungen."

         

        Das heißt das die durchschnittliche Erzieherin nicht in der Lage wäre Programmieren zu lernen, der durchschnittliche Programmierer aber durchaus in der Lage wäre eine Ausbildung zum Erzieher zu absolvieren. Natürlich wird beides nur sehr selten versucht, weil eben auch ein Wille dazu gehört und die Menschen die geeignet sind 8 Stunden am Tag vor einem Rechner zu sitzen und Code zu schreiben i.d.R. keine Lust haben sich mit Kindern zu umgeben und umgekehrt.

         

        "Effizient wäre es, wenn die Menschen, wenn sie feststellen, dass dies nicht auf Lebensdauer ihre Sache sein kann, ausreichend Möglichkeiten hätten, zu wechseln."

         

        Das geht öfter als man denkt aber in vielen Fällen haben es sich die Menschen zu gemütlich gemacht und glauben nicht mehr daran das ein Wechsel möglich ist. Ging mir selber schon so. Vor meinem letzten Jobwechsel war ich mir fast sicher das er nicht gelingen würde, dann lief aber alles deutlich besser als ich es mir hätte träumen lassen.

        • @Januß:

          "Das heißt das die durchschnittliche Erzieherin nicht in der Lage wäre Programmieren zu lernen, der durchschnittliche Programmierer aber durchaus in der Lage wäre eine Ausbildung zum Erzieher zu absolvieren."

           

          Naja, wenn Sie das so schreiben, muss die Erzieherin ja noch zusätzlich eine Geschlechtsumwandlung mitmachen, damit sie Programmierer werden kann, während der Programmierer ganz einfach Erzieher lernt. Das erschwert die Sache schon erheblich.

           

          Aber ich gebe Ihnen insofern Recht, als dass es wirklich selten war, dass ich im sozialen Bereich mal einen Kollegen oder eine Kollegin hatte, die z.B. wenigstens in der Oberstufe mal einen Mathe- oder Naturwissenschaft-LK hatte, von Informatik ganz zu schweigen. Dabei würden sich gerade die Bereiche befruchten. Ein großer Teil der Dokumentationsarbeit oder der Organisation des Tagesablauf wären durch einfache Programme lösbar und würden evtl., denjenigen, die Schwierigkeiten mit strukturierten Arbeitsabläufen haben, die Tätigkeit als ErzieherIn schon erleichtern.Gerade mit der Kollegin, die auch eher in der Schule in den MINT-Bereichen fitter war, habe ich öfters am Abend, wenn man noch die Dokumentationen schrieb, darüber gesprochen, wieviel sinnvoller eine Investition wäre, wenn wir nun statt zum 100sten Male das gleiche niederschreiben müssen, mal einen einfachen Algorithmus schreiben könnten, der zukünftig diese Arbeit verkürzt.

           

          Das Erlernen des Erzieherberufes ist btw nicht das Problem afaik. Die Anforderungen sind zwar höher geworden (allerdings nicht praxistauglicher), die Schwierigkeit kommt eben erst bei der Arbeit selber und den Grenzen der eigenen Belastbarkeit.

  • In so mancher Passage des Artikel kann durchaus die Berufsgruppe Erzieher*innen durch Pfleger*innen ersetzt werden. Mir stellt sich die Frage, wann eigentlich mal die jeweiligen Berufsverbände auf die Idee kommen, sich zusammenzuschließen und Schulter an Schulter aufzustehen für bessere Bedingungen etc.

    Und wann die Politik*erinnen sich die Frage stellen, weshalb eigentlich so viele Arbeitskräfte in sozialen Bereichen fehlen...

  • So zynisch die Überschrift ist, sie trifft und leider kenne ich solche Fälle. Wenn es momentan toxische Arbeitsplätze gibt, dann in Kitas und im Sozialen Bereich. Dagegen ist im Stahlwerk oder am VW-Band die Sache regelrecht verbessert worden, aber da verhandelt man ja auch nicht mit Politikern, die der Inbegriff von Zynismus sind.

    • @Andreas_2020:

      Exakt, denn während der Werker bei VW ein Streikrecht besitzt, sind Erzieher*Innen zum überwiegenden Teil gezwungen, in kirchlichen Organisationen zu arbeiten, wo sie zwar einen Verkündigungsauftrag haben, aber keine Arbeitnehmerrechte. Der Politik gefällt‘s, kann man so doch den klerikalen Freunden, die selbst keine Steuern zahlen, weitere Steuermilliarden zuschanzen und die Geknechteten müssen sich mäßigen, sonst gibt’s bei den fast 70% kirchlicher Arbeitgeber in der Branche, keinen Job mehr. Und bloß nicht scheiden lassen, Schwangerschaften abbrechen oder gar homosexuell sein, sonst ist auch Schluss. Wer die Wahl hat, der wird sich schwer überlegen, ob der diesen mäßig bezahlten Job machen will und ob er sich von Politadel und Klerus auf diese Art unsere christlichen westlichen Grundwerte näherbringen lassen möchte.

      • @Weidle Stefan:

        Da haben Sie natürlich recht. Aber die Mehrheit , auch hier in den Kommentaren, will das gar nicht wissen. Schuld sei der Staat, die Politiker usw. Dabei müssten die Träger, z.B. kirchliche ja nur mehr von ihren Voll-Finanzierungen aus der öffentlichen Hand, an ihre Mitarbeiter weitergeben um die Sache zu verbessern.

         

        Aber wie d Kirch halt so ist: man hüllt sich in Schweigen und so lange Ottonormalverbraucher denkt, die gute gnädige Kirche kümmere sich ganz selbstlos um die vielen Kinder, anstatt anzuerkennen, dass soziale Arbeit, Kitas usw. zu betreiben deren profitorientiertes Geschäftsmodell sind, ist ja alles für die Kirchen in Butter.

         

        Der Bürger, auch der linke, klagt ja nur den Staat an, der müsse es richten. Dabei ist die Kirche mit ihrem eigenen Arbeitsrecht, nicht einmal bereit, sich an Tarife zu halten, die sonst flächendeckend gelten. Dafür hat man ja sein eigenes Arbeitsrecht als Samariter, ähm Kirche.

      • @Weidle Stefan:

        Nein! Es ist definitiv falsch zu behaupten dass kirchliche Mitarbeiter kein Streikrecht hätten. Das ist ein alberner Mythos.

        Dieser Mythos wird zwar ständig von Konservativen, Arbeitgebern und mutlosen ArbeitnehmerInnen runtergebetet wie ein Rosenkranz. Aber stimmen tut das nicht.

        Das stimmt genauso wenig wie der in Deutschland vermeintlich verbotene politische Streik.

        Das können Sie alles ruhig unter der Rubrik "Marienerscheinung" subsummieren und ablegen.

      • @Weidle Stefan:

        Auch nicht staatliche Kitas sind letztendlich wieder von den Geldern vom Staat abhängi. Wenn von dort nichts fließt kann auch nichts nach unten fließen zu den Gehältern.

         

        Der andere Weg wäre, die Beiträge von den Eltern zu erhöhen. Das kann aber auch nicht der richtige Weg sein, viele Eltern können sich Erhöhungen nicht leisten.

         

        Es ist nicht das "Christliche", welches Ursache ist, es sind wieder einmal die Prioritäten der Gesellschaft, die bestimmen wohin die Gelder fließen.

        • @Rudolf Fissner:

          Der erste Weg wäre, den Kirchen ihr eigenes Arbeitsrecht zu entziehen und die Kirchen in Bezug auf Lohn, Arbeitsleistung, Zeitumfang usw. keine eigenen Brötchen backen dürfen.

           

          Außerdem, dass die Kirchen Regeln, die für jeden anderen Arbeitgeber sonst auch gelten, akzeptieren und umsetzen: z.B, dass man Menschen nicht kündigen darf, weil sie homosexuell sind, nicht kündigen darf, weil sie geschieden sind, nicht kündigen darf, weil sie aus der Kirche austraten oder den Glauben -die Konfession-wechselten.

           

          Ottonormalverbraucher sagt: ja aber wer in einer kirchlichen Einrichtungen arbeite, müsse das eben hinnehmen. Von mir aus. Aber nur, wenn die kirchliche Einrichtungen alle Kosten selbst aufbringt und trägt. Nicht wenn deren Einrichtungen mit öffentlichen Geldern finanziert werden.

  • Kinder haben ein Anrecht auf Zeit und Liebe durch Ihre Eltern.

    Und Oma und Opa lieben ihre Enkel auch.

  • Merkwürdig! Wie haben die Kitas bloß in der ehemaligen DDR funktioniert...

     

    Muss wohl mit der West-Krankheit "Burnout" zusammenhängen die sich wie ein Lauffeuer verbreitet...

    • @Klappstuhl:

      Da gab es für die Kita-Angestellten das Plumsklo für zu Hause für umsonst.

    • @Klappstuhl:

      da war 'Haushaltsdefizit' halt kein Schimpfwort; mit welchen pädagogischen Mitteln dort wieviele Kinder in Schach gehalten wurden, kann ich mangels Überblick nicht sagen.

  • Nanu? Ist Kuchenbacken denn ein Zeichen für Verzweiflung? Ich dachte immer, Verzweiflung ist, wenn jemand am Schnuppertag eine Pistole zieht und damit rumfuchtelt?

     

    Kinder bringt nicht wirklich der Storch. Wer Kinder kriegt, konnte in aller Regel vorher „hineinzuschnuppern“ in das Elternleben. Im Freundes- und Bekanntenkreis z.B. oder in seiner Tageszeitung. Es kann den Eltern von Tamina Fabienne Baugatz unmöglich entgangen sein, dass Kitaplätze so was wie ein Wachstumsmarkt sind derzeit. Zumindest in bestimmten Regionen. (Obwohl – wer bei der Bundeswehr arbeitet, blendet ja negative Dinge womöglich leichter aus als andere Menschen. Und wer so einen Menschen zum Vater seiner Kinder macht, tut das womöglich auch. Wer sich in Lebensfragen zu verlassen pflegt, braucht sich nicht wundern, wenn er oder sie verlassen wird. Das aber nur mal nebenbei.)

     

    Ja, es ist schwer. Aber wenigstens ist das Problem erkannt inzwischen. Man arbeitet daran, wenn auch nicht unbedingt mit voller Kraft. (Was vielleicht nicht verkehrt ist, wenn man sieht, wie so entschieden wird an dieser oder jener Stelle.) So ist das halt in Umbruchzeiten: Wer (zu) lange (ver-)schläft, muss sich halt nachher schneller drehen, wenn er noch rechtzeitig am Flieger stehen will.

     

    Das größte Problem an den zu späten Entscheidungen sind jedenfalls Notlösungen. Provisorien halten sich nämlich mitunter ewig – und machen eine Sache selten besser. Wenn wichtige Entscheidungen mies umgesetzt werden, kann ziemlich viel Unsinn dabei rauskommen. Burnout zum Beispiel oder neuer, größerer Druck an anderer Stelle.

     

    Wer nicht eigenverantwortlich handelt, sondern auf „Druck“, der ist im Grunde nicht entscheidungsfähig. Der sät mit jeder Lösung auch ein größeres Problem: den Hass darauf. Wenn der „Druck“ nachlässt, weil es ja erst einmal provisorisch ging, kriechen die Rächer aus den dunklen Löchern. Die fangen dann z.B. mit dem Sparen an. Was um so leichter ist, je weniger Berufspolitiker*in sich auskennen mit dem „Gedöns".

    • 7G
      76530 (Profil gelöscht)
      @mowgli:

      Burn-out auf eine "miese Umsetzung wichtiger Entscheidungen" zu reduzieren, lässt wichtige Wirkfaktoren außer acht: institutioneller Druck am Arbeitsplatz, schlechte Arbeitsbedingungen, fehlende Alternativen des Arbeitsmarktes. Ihr Denkansatz zeigt das Bild eines persönlichen Versagens, das alle anderen Faktoren ausklammert.

       

      Für Menschen, die der neuzeitlichen Religion der Selbstoptimierung verfallen sind, mag dies genügen. Ich denke da etwas gründlicher in a l l e Richtungen.

  • Bezahlt den Eltern doch einfach wieder 1000 Euro Herdprämie, dann entspannt sich die Situation. Dann hört auf, alles möglichst flexibel zu machen. Kita von 7:00-17:00 Uhr, da können die Eltern ausreichend arbeiten. Ist ja nicht für immer, und die Erzieherinnen können vieleicht die eigenen Kinder sehen. Jetzt ist es oft so: junge Frau arbeit als Erzieherin, bis 28, wird schwanger. Sofort Beschäftigungsverbot, Elternzeit, also 1,5 Jahre Ausfall, Stelle kann nur befristet besetzt werden. Danach will die junge Mutter nun auch nicht unbedingt bis 18:00 arbeiten, sie hat ja selber ein Kind!

    Das ganze System beißt sich in den Schwanz.......

    • @Energiefuchs:

      Schon der Begriff Herdprämie ist doch nicht ernst gemeint? Außerdem sind Kinder Privatsache - am Arbeitsmarkt entscheiden die Arbeitgeber, wann und wie man arbeitet, nicht die Arbeitnehmer.