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Protest gegen den „Marsch für das Leben“Bunt und laut gegen weiße Kreuze

Erneut haben radikale AbtreibungsgegnerInnen in Berlin protestiert. Zwei Gegendemonstrationen machten gegen sie mobil.

Die JüngerInnen vor dem Reichstag Foto: dpa

BERLIN taz | Tausende Menschen liefen am Samstag schweigend mit weißen Holzkreuzen in den Händen durch Berlin. Der seit 2008 jährlich stattfindende „Marsch für das Leben“ soll eine leise, bedächtige, gar gebetsähnliche Demonstration sein – und zwar gegen Abtreibung.

Organisiert wird sie von dem Bundesverband Lebensrecht e.V. Unterstützt wird das Ganze von der Jungen Union, der Orthodoxen Bischofskonferenz in Deutschland und der Deutschen Evangelischen Allianz, dem größten Netzwerk evangelikaler Freikirchen. Auch die Neue Rechte nimmt teil: Beatrix von Storch (AfD) beispielsweise war in den vergangenen Jahren bereits wiederholt dabei und wirbt aktiv für den Schweigemarsch.

Dieses Jahr ist der „Marsch für das Leben“ deutlich kleiner als vergangenes. Etwa 3.000 Menschen beteiligten sich laut dem Berliner Polizeisprecher Winfrid Wenzel daran. Etwa genausoviel wie auf den Gegendemonstrationen: Rund 2.000 Menschen sind nach Angaben der Polizei bei dem queerfeministischen „What the fuck“-Bündnis mitgelaufen. Eine weitere Gegendemonstration vom Bündnis für sexuelle Selbstbestimmung, das aus einem breiten gesellschaftlichen Spektrum besteht, startete erst am Mittag. Etwa 1.000 Menschen schlossen sich ihr an.

„Wir wollen ein großes Zeichen setzen, für die Abschaffung des Paragrafen 218, also für legalen und straffreien Zugang zum Schwangerschaftsabbruch“, sagt Silke Stöckle, Sprecherin des Bündnisses. Es wäre besonders wichtig, gegen den Marsch für das Leben zu protestieren, da die AfD voraussichtlich in den Bundestag einzieht und genau die Positionen des Schweigemarsches vertrete.

Überall fliegen lila Luftballons herum, Regenbogenfahnen schwingen am Himmel und feministischer HipHop dröhnt aus dem Lautsprecherwagen. Die AbtreibungsgegnerInnen werden an den Seitenstraßen mit Trillerpfeiffen und „My body, my choice“-Sprechchören empfangen. Ihr Ziel eines stillen Trauermarsches konnten sie nicht erreichen.

Der Protestzug hingegen wurde am späten Nachmittag noch größer. Er traf mit der antirassistischen Welcome-United Demonstration für eine gemeinsame Kundgebung am Berliner Dom zusammen. Silke Stöckle erklärt das Zusammentreffen damit, dass viele Geflüchtete LGBTQ besondere Aufmerksamkeit brauchen würden. „Unser Feminismus ist antirassistisch“, sagt sie. Für die Rechte von geflüchteten Menschen und gegen die Verschärfung des Asylrechts waren 5.500 bis 7.500 Menschen auf die Straße gegangen. Voll war es an diesem Samstag in Berlin auf jeden Fall.

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15 Kommentare

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  • in der Überschritf wird von "radikale AbtreibungsgegnerInnen gesprochen. Mich hätte interessiert, was die Radikalität ausmacht. Es hört sich ja nach einer sehr leisen Demo an. Die Junge Union oder die Orthodoxe Bischofskonferenz hätte ich nicht unbedingt als radikale Organisationen eingeordnet.

     

    Worin unterscheiden sich AbtreibungsgegnerInnen von radikalen AbtreibungsgegnerInnen?

    • @rero:

      'Radikal' hat auch gar nichts mit leise oder laut zu tun. Sie sitzen vor dem Internet, stellen Sie sich jetzt absichtlich so an?

      • @Konrad Ohneland:

        :-) Sie werden staunen, ich wüsste wirklich gern, wo für die Autorin der Unterschied liegt. Ich gehöre nicht zu denen, die Wertungen anderer ungefragt übernehmen. Und ich finde, das gehört in einen guten Artikel.

  • 8G
    85198 (Profil gelöscht)

    Kein Thema für die Grünen.

    • @85198 (Profil gelöscht):

      Irrtum, Wahlprogram S.128:

       

      3. Über den Körper selbst bestimmen

      Über den Körper selbst zu bestimmen, ist nicht leicht, wenn alle eine Meinung dazu haben. Wir setzen uns für das Selbstbestimmungsrecht von Frauen und Mädchen über ihren Körper ein. Bei ungewollter Schwangerschaft brauchen Frauen wohnortnahe Unterstützung und Hilfe, keine Bevormundung und keine Strafe. Erst recht brauchen sie keinen Rückschritt bei bereits erkämpften Rechten und keine Einschränkungen erreichter Freiheiten. Wir wollen das Recht einer selbstbestimmten Familienplanung stärken. Für Menschen mit geringem Einkommen soll der kostenfreie und unkomplizierte Zugang zu Verhütungsmitteln sichergestellt werden.

      Schönheitsideale und Körpernormen, wie sie beispielsweise in der Werbung vermittelt werden, haben Auswirkungen auf unser Leben. Jungen und Mädchen, Frauen und Männer sollen möglichst frei von solchen Vorgaben leben können und nicht aufgrund ihres Äußeren Diskriminierung erfahren. Wir wollen den Respekt vor körperlicher Vielfalt fördern. Nicht die Werbewirtschaft allein sollte definieren, was sexistisch ist und was nicht, sondern eine unabhängige Kommission, die anhand konkreter Kriterien Empfehlungen für die Werbewirtschaft abgibt.

      Zur Selbstbestimmung gehört auch, dass Frauen die Wahl haben zu entscheiden, wie und wo sie entbinden, dass die Qualität der Versorgung überall gesichert ist und dass Hebammen nicht wegen unzumutbaren Versicherungskosten, schlechter Bezahlung oder schlechten Arbeitsbedingungen ihren Beruf aufgeben müssen.

  • Was ist daran radikal? Oder ist jetzt alles was nicht dem "Mainstream" entspricht schon radikal? Eine Demokratie sollte andere Meinungen aushalten können.

    • @Thomas Fluhr:

      Schnarch. Opfergeheule, ick hör dir trapsen. Anderen etwas vorschreiben wollen und dann 'wir Armen' schreien ist eine uralte Masche, die bei mir Brechreiz auslöst, halt das mal aus...

      • @Konrad Ohneland:

        Ich lese bei "Thomas Fluhr" nicht, dass er anderen etwas vorschreiben will oder sich als Opfer stilisiert. Ich lese nicht mal seine Meinung zu Abtreibungen heraus. Wissen Sie mehr?

      • @Konrad Ohneland:

        Wenn zwei dasselbe machen ist es nicht das gleiche?

        Manche sind gleicher wie?

  • "Es wäre besonders wichtig, gegen den Marsch für das Leben zu protestieren, da die AfD voraussichtlich in den Bundestag einzieht und genau die Positionen des Schweigemarsches vertrete."

     

    Ziemlich verquere Logik.