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Protest gegen Gentrifizierung in BerlinDie goldenen Fesseln sind weg

Die Graffiti an der Kreuzberger Cuvrybrache schafften es in nahezu alle Reiseführer. In der Nacht wurden sie übermalt – offenbar von Freunden des Künstlers.

Das bekannte Wandbild des Graffiti-Künstlers Blu ist nun weg. Bild: dpa

BERLIN taz | Am Ende bleibt nur eine schwarze Fläche. Die Brandwand der Häuser neben der Cuvrybrache in Berlin-Kreuzberg sind in der Nacht zu Freitag übermalt worden.

Jahrelang waren dort die zwei gigantischen Wandbilder des Graffiti-Künstlers Blu zu sehen, die es in nahezu alle Berlin-Reiseführer und Postkartenständer geschafft haben. Nun sind sie weg. Und offenbar steckt dahinter eine Protestaktion gegen die Gentrifizierung im Kreuzberger Kiez.

Wie unter anderem der Blog Blogrebellen berichtet, wurde die Übermalung von Freunden des Künstlers vorgenommen. In einem englischsprachigen Erklärtext, der dort zitiert wird, heißt es, die Aktion sei weder von der Stadt Berlin noch von den Grundstückseigentümern gemacht worden, sondern von Menschen, die in Beziehung zu dem Künstler stehen. Der Originaltext stammt von dem Blog polysingularity.

Die übermalten Graffiti. Bild: Doris Akrap

Auf der Brache neben dem Wandbild will ein Münchner Investor ab dem Frühjahr die so genannten „Cuvryhöfe“ errichten, ein fünf- bis sechstöckiges Ensemble aus Wohnungen, Gewerbe und Grünflächen, mit verglasten Fronten und einer Terrasse zur Spree. Über ein Jahr lang war die Brache besetzt gewesen, die ärmlichen Holzhütten dort waren Mitte September geräumt worden.

In dem Blogtext heißt es, Blu habe selbst entschieden, seine Wandbilder zu schwärzen, als er erfahren habe, dass daneben gebaut werde. Er wolle verhindern, dass jemand einen Vorteil aus seinem Werk ziehe. „In a way, it is a 'fuck you' gesture towards the city“, heißt es weiter im englischen Originial.

So sahen die Brandwände an der Cuvrybrache noch bis Donnerstagabend aus. Bild: dpa

Im Laufe der Nacht wurde die Brandwand zunächst so übermalt, dass von einer Hand der Figuren nur noch ein „Stinkefinger“ übrig blieb. Mittlerweile ist die Fläche allerdings komplett schwarz. Der Italiener Blu ist ein weltweit arbeitender Streetart-Künstler. Seine Bilder finden sich quer durch Europa, auch in Amerika und in Palästina war er aktiv.

Die Wandbilder an der Cuvrystraße waren 2007 im Rahmen des vom Kunstraum Kreuzberg veranstalteten Graffiti-Festivals Backjump entstanden, das vom Hauptstadtkulturfonds gefördert wurde. Auf der Onlineplattform change.org hatte eine Inititiave gefordert, die Wandbilder unter Denkmalschutz zu stellen.

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20 Kommentare

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  • Auch ein vll. schön persiflierendes Beispiel für Joseph Schumpeters Traktat über die "Schöpferische Kraft der Zerstörung". ;-)

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    Oder auch:

    "Kunst muss die Axt sein für das gefrorene Meer in uns!"

     

    Ist doch schön, dass man sich mal hier, jener immer weiter um sich greifenden, lebensverödenden und- verblödenden Gentrifizierung radikal entziehen möchte.

    • @H-G.-S:

      Jetzt wird klar welch brillante schöpferische Kraft hinter den Zerstörungen der Taliban steckt ;-)

       

      Welche Nischen für Neues im Sinne Schumpis durch die Zerstörung seiner Bilder geschaffen wurden, wird mir allerdings nicht so klar. Kann die Brache nun ohne Probleme (Verdeckung bedeutender Wandmalereien) bebaut werden?

      • @Arcy Shtoink:

        Ihnen "W I R D" also was „nicht klar“-?

        Hätte was von der verloren wirkenden Rührung des beuysschen Versuches „Dem toten Hasen die Bilder zu erklären“, wenn man Ihnen wohlmeinend beikommen wollte.

         

        Bleimse ma, in Ihrer gentriefizierten Welt der geistig „Schwarzen Wände“.- Kunst lebt in einer Innenwelt, für die Sie offenbar über keinerlei Erschließungskraft verfügen.

        Das Beispiel mit den Taliban macht Ihren ganzen ärmlichen Verständnishorizont nun doch zu evident.-Sie werden hier zu solchen Themen eigentlich nicht gebraucht.

        Echt gehaltvolle Gegner, selbst Feinde, sind immer willkommen! Aber bitte keine unsinnig entgleisenden, schablonisierenden Salbaderhansel.

  • Schade, dass sich Kunst vor natürlicher Ablaufzeit selbst auslöschen muss. Um nicht den Zasterhaien und ihren ekeligen Politikpudeln Mehrnutzen einzufahren.

    Die Stadt gehört denen, die sie sich unter den Nagel reissen. Ein Prinzip, das og. Hai-Pudel-Allianz global wie geschmiert drauf hat (in Berlin eher noch zarter). Da fehlts an einer 99%-Vor-OrtlerInnen-Gegenwelle. Um die 1%-Diktatur dieser Zaster(lakaien)allianz zu beenden. Wo sind die revoltierenden Enkel und Urenkel Heinrich Zilles...?

    • @Ardaga:

      Als ob ein paar hundert Quadratmeter Wandmalerei nie ein Fänger für die Tourismus-"Zasterhaie" gewesen wäre. Der wirtschaftliche Mehrnutzen bestand schon immer. Auch für die Immobilienbranche.

       

      Zilles Zeichnungen wirken übrigens noch heute und wurden nicht verbrannt, weder von ihm noch 33. Sie werden auch kaum erleben, dass die Urenkel Zilles dies übernehmen.

       

      Appellieren sie dann doch lieber an die anderen "Vor-OrtlerInnen", den Künstler im Kreuzberger Kiez, sich und mit ihre Kunst zu verziehen. Dann wäre ein Gentrifizierungsfaktor wenig im Kiez vorhanden. Das ist imho zwar irgendwie total bescheuert, aber die logische Konsequenz, wenn man Blus Aktion bejubelt oder Gentrifizierung schwarz/weiß für den Teufel hält.

      • @Arcy Shtoink:

        Wow! Na, jetzt hab ich doch endlich das Wissen (und den Appell) abbekommen, das (die) mir so offenbar fehlte(n). Dank dem neuen Kommunenwüterich. Der für alle, obschon ungebeten und -passend, sein inflationäres Ego hüftschussparat hat.

        Hoffe, es rumpelt ihm das Stilzchen in Bälde in beruhigtere und eigengrössebewusstere Gewässer.

        • @Ardaga:

          Sind sie etwa auch einer der Künstler der auf der ganzen Gentrifizierungswelle im Kiez mitschwingt und davon profitiert?

      • @Arcy Shtoink:

        Zille war Kollaborateur.

        • @Dudel Karl:

          Heinrich Zille starb 1929.

           

          Für so eine Aussage muss man vermutlich bösartig oder sehr doof sein.

          • @Huck :

            Ja - KPK -

             

            das würd mich auch interessieren -

            schlecht gestrühfückt -

            Fraosch verschluckt -

            oder müssen wir uns sonst

            Sorgen machen?

            • @Lowandorder:

              mien Mouder war

              in den 20ties Fürsorgerin

              im Roten Wedding -

              "Genauso war es!"

               

              Un nu - kümmst du;)

  • Gereon Asmuth , Autor des Artikels, Ressortleiter taz-Regie

    NACHTRAG: Der Streetart-Künstler Blu hat mittlerweile in seinem Blog bestätigt, dass die Übermalung seiner Wandbilder an der Cuvrystraße von ihm selbst mitinitiiert wurde. http://blublu.org/sito/blog/?p=2524&utm_source=feedburner&utm_medium=feed&utm_campaign=Feed%3A+Blu+%28Blu%29&utm_content=FaceBook

    • @Gereon Asmuth:

      Gratulation und Respekt für den Schaffenden Künstler und nun auch zusätzlich Mitinitiierenden: Blu.

       

      Eine überzeugende Weise des "Erweiterten Kunsbegriffs" ;-)

  • Fein gemacht!

     

    "Kunst ist weder passiv noch reaktiv, Kunst greift an"

     

    Künstler sind nicht Kunstliebhaber sondern Künstler.-Cool!

    • @H-G.-S:

      "Schwarz" ist kein Angriff, Schwarz ist nur eine Farbe. Was de Malereien vormals angegriffen wird nun nicht mehr angegriffen. In diesem Falle hat er nur als der Eigentümer der Malereien gehandelt, nicht als Künstler. Vielleicht ist es ja auch nur Marketing. Das er in die Medien kommt ist ja der einzige Mehrwert der Aktion.

      • @Arcy Shtoink:

        Wer nur "Schwarz" sehen und erleben kann, hat keine Ahnung von Bewegung und Bewegtheit.-Es lebe die Kunst!

      • @Arcy Shtoink:

        Ansichten zur Kunst, wie Sie sie äußern, wurden, wenn nicht mit Dada, so doch spätestens mit dem Wiener Aktionismus obsolet.

      • @Arcy Shtoink:

        gut - ich will mal nicht so sein -

        a-gähn

         

        Wem nur der Hammer/Mottek -

        wird die Welt fugenbreit genagelt -

        kurz - benagelt;•)

  • Der Artikel unterschlägt die Bedeutung der Künstler und Kulturschaffenden , die selber ein Teil und Motor von Gentrifizierungsprozessen sind. Kunst und Kultur zieht Touristen an und hebt die Qualität als Wohnumfeld. Selbige profitieren davon.

     

    "Jahrelang waren dort die zwei gigantischen Wandbilder des Graffiti-Künstlers Blu zu sehen, die es in nahezu alle Berlin-Reiseführer und Postkartenständer geschafft haben. " heißt es dementsprechend im Artikel.

     

    " Er wolle verhindern, dass jemand einen Vorteil aus seinem Werk ziehe. " ist daher unglaubhaft. Dort wurde schon seit Jahren Vorteile aus dem Werk gezogen. Korrekter wäre gewesen " Er wolle verhindern, dass jemand [dessen Nase ihm nicht passt] einen Vorteil aus seinem Werk ziehe."

  • So,

    die Aktion finde ich gut, aber es macht mich echt sowas von wütend, dass schon wieder, und immer wieder unsere ganze Stadt verscherbelt wird, an Investoren die Luxuswohnungen bauen von denen wirklich NIEMAND der Bürger etwas hat. Es gibt immerhin eine Kita auf dem Gelände, aber welche Kinder und Eltern werden davon profitieren? Nur die, die sich dort eine Wohnung leisten können vermutlich. Wie kann Politik nur so kurzsichtig sein?! Es würde sicherlich Lösungen geben, die wirtschaftlich (zumindest auf längere Sicht) sind und trotzdem auch den Bewohnern dieser Stadt zugute kommen! Und ich weiß jetzt schon: in dieser Lage wird es beim Bau Proteste geben, Sabotage etc. Der Bau wird sich verzögern, vielleicht muss er sogar von der Polizei überwacht werden und das zahlt wer? WIR!

    Mich kotzt diese Partymaus-Wowereit-Politik so unendlich an!!

    Diese Stadt schmarotzt von uns, rühmt sich mit ihren Künstlern und Musikern, mit ihrem Multikulti, mit ihrer Streetart und was gibt sie uns zurück? Chronische Unterbezahlung ohne Aussicht auf Verbesserung und 12 Euro kalt den Quadratmeter.

    Klaus Wowereit wir danken dir! Die Touristen freuen sich schon auf eine Stadt in der sich Luxusobjekt an Büroturm am Spreeufer reiht. So sieht eine lenbendige Stadt aus.