Polizei beim Fusion Festival: Gefahrenabwehr ohne Gefahr?
Über das Sicherheitskonzept des Fusion Festivals ist ein Streit entbrannt. Polizei, Landrat und Veranstalter haben nun ihre Positionen dargelegt.
Das lehnen die VeranstalterInnen strikt ab. Sie sehen darin vielmehr einen „Blankoscheck für alle polizeilichen Maßnahmen“, wie sie am Mittwoch erklärten. Für sie ist nicht nur ihr Festival in Gefahr, sondern die Freiheit von Kunst und Kultur insgesamt. Eine am Sonntag gestartete Onlinepetition haben inzwischen über 100.000 Menschen unterschrieben.
Auf einer kurzfristig für Dienstag anberaumten Pressekonferenz in Neubrandenburg ruderten Polizeipräsident Nils Hoffmann-Ritterbusch und der verantwortliche Landrat Heiko Kärger (CDU) etwas zurück. Sie versuchten, eine Polizeipräsenz auf dem Fusion Festival als selbstverständliche Notwendigkeit darzustellen.
Hoffmann-Ritterbusch, der zuvor noch „schwere gewalttätige Auseinandersetzungen“ befürchtet hatte, schlug da mildere Töne an und betonte, die Fusion nicht verbieten zu wollen. Gleichzeitig hielt er an seiner Forderung fest, einen freien Zugang zum Festivalgelände zu bekommen. „Selbstverständlich“, so Hoffmann-Ritterbusch, könne auch die Polizei im Zweifel keine Anschläge oder Straftaten verhindern. „Aber wir wissen auch: Präsenz hemmt.“
Sind doch alle „hippiemäßig friedfertig“
Die Frage, ob er wirklich bis zu 1.100 Beamte auf der Fusion einsetzen wolle, beantwortete er nicht, eine Verhandlungslösung schloss er aber nicht völlig aus. Kärger monierte angebliche Sicherheitsmängel und warnte vor möglichen Epidemien und Katastrophen: „Notre-Dame hat Jahrhunderte nicht gebrannt (…), und dennoch ist jetzt etwas passiert.“
Am Mittwoch legte dann der Trägerverein Kulturkosmos mit einer Pressekonferenz im Berliner Maxim Gorki Theater nach; es war die erste Pressekonferenz des medienscheuen Kollektivs überhaupt. Der Betreiberverein hält die Forderungen der Polizei für überflüssig. Die Ordnungshüter haben auch bisher immer die Möglichkeit gehabt, auf das Gelände zu kommen, sagte Martin Eulenhaupt vom Kulturkosmos. Seit 2016 gebe es zudem ein Kriseninterventionsteam, das beim Fusion Festival 2018 „ein entspanntes Wochenende“ gehabt habe. Sowieso seien auf der Fusion alle „hippiemäßig friedfertig“, ergänzte Schauspielerin Meret Becker.
Henry Tesch hingegen war „stinksauer“. Der CDU-Bürgermeister des nahe vom Festivalgelände gelegenen Städtchens Mirow zeigte sich „entsetzt“ von der neuen Strategie des Polizeipräsidenten. Er rief Polizei und Landratsamt dazu auf, einen Kompromiss mit dem Veranstalter zu finden. Anwalt Janko Geßner betonte, es gebe keine Rechtsgrundlage für die Forderung der Polizei nach anlassloser Bestreifung und kündigte an, juristisch dagegen vorzugehen.
VeranstalterInnen bleiben zuversichtlich
Der neue Polizeipräsident wolle Gefahrenabwehr betreiben, ohne dass es eine konkrete Gefahr gebe, so Eulenhaupt. Er vermutet, dass so ein Präzedenzfall geschaffen werden soll, um die Novellierung des Sicherheits- und Ordnungsgesetzes (SOG) in Mecklenburg-Vorpommern durchzusetzen. Auch deshalb, glaubt Eulenhaupt, gehe es nicht nur um die Fusion, sondern um die Bürger- und Freiheitsrechte.
Insgesamt zeigten sich die VeranstalterInnen jedoch zuversichtlich, dass das Festival mit 70.000 Gästen stattfindet. Aber sollte die Polizei von ihrer Forderung nach einer Wache und anlassloser Bestreifung nicht abrücken, gebe es im kommenden Jahr „kein Fusion Festival mehr, so wie wir es kennen“. Am Montag findet die nächste Besprechung mit dem Landratsamt statt; am 16. Mai ist Stichtag für die Vorlage eines geänderten Konzeptes. Danach entscheiden die Ämter darüber, ob und in welcher Form das Fusion Festival im Sommer 2019 über die Bühne geht.
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