Nach Selbstjustiz in Arnsdorf: Sachsen dankt seiner Bürgerwehr
Für die Festnahme eines Irakers durch eine Bürgerwehr gibt es Beifall von den Rechten. Auch ein Polizeipräsident verteilt nun Lorbeeren.
Gegenüber der rechtspopulistischen „Jungen Freiheit“ verteidigte Oelsner das Eingreifen der Männer, die einen 21 Jahre alten Iraker in einem Supermarkt überwältigt hatten und den psychisch kranken Asylbewerber an einen Baum gebunden hatten. „Wir haben lediglich Zivilcourage gezeigt, aber offenbar ist das jetzt strafbar“, sagt der CDU-Politiker.
Laut Zeugenaussagen habe der Iraker, der in einer örtlichen Fachklinik in Behandlung ist, die Mitarbeiter mit einer Flasche bedroht. Der Polizeimitteilung zufolge wurde jedoch niemand verletzt. Personalien der Bürgerwehr haben die Beamten nicht aufgenommen, als sie am Tatort eintrafen. Im Gegenteil. Sachsens Polizei verleiht den Flüchtlingsjägern nun sogar Loorbeeren für ihre Selbstjustiz.
Nach den Worten des zuständigen Görlitzer Polizeipräsident sei die Initiative der Truppe quasi als erforderliche Ergänzung der Polizeiarbeit zu sehen. „Durch die Erregtheit des Asylbewerbers war das Festhalten sinnvoll, ich tu mich schwer zu sagen, notwendig“, sagte Conny Stiehl am Donnnerstag der dpa.
Laut Polizeibericht haben sich die alarmierten Polizeibeamten zunächst in dem Markt über den Sachverhalt informiert. „Dabei hat das im späteren Video Gezeigte keine Rolle gespielt. Also mussten wir davon ausgehen, dass das Handeln derjenigen, die uns geholfen haben, korrekt war“, sagte Stiehl.
Dass Sachsens Ordnungshüter den Bürgerwehren eher wohlgesonnen gegenüberstehen, zeichnete sich bereits am Tag des Zwischenfalls am 21. Mai ab. Nach Angaben des beteiligten CDU-Manns Detfel Oelsner haben die eintreffenden Beamten den 21-Jährigen Iraker sogleich Handschellen angelegt und fanden lobende Worte für das Engagement der Bürgerwehr: „Der Polizist vor Ort hatte sich noch bedankt und gemeint, wir hätten gute Vorarbeit geleistet.“
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