Kritik an Frauenquote: „Kein großer Wurf“, das „Quötchen“
Kaum ist die Quote durch, orakeln schon erse Abgeordnete, wann sie wieder abgeschafft wird. Und Linken und Grünen geht das Gesetz nicht weit genug.
BERLIN taz | Ein historischer Tag sei er, der 6. März. Darin sind sich alle RednerInnen im Bundestag einig. Von einem Kulturwandel spricht Frauenministerin Manuela Schwesig, vom „größten Beitrag zur Gleichberechtigung seit Einführung des Frauenwahlrechtes“ Justizminister Heiko Maas (beide SPD). An diesem Freitagmorgen beschließt das Parlament die lang verhandelte Frauenquote für Führungspositionen.
Damit gilt ab 2016 für die rund 100 größten börsennotierten und mitbestimmungspflichtigen Unternehmen eine 30-Prozent-Quote für die Aufsichtsräte – unabhängig davon, ob diese von der Arbeitnehmer- oder von der Arbeitgeberseite kommen. Außerdem sollen sich etwa 3.500 weitere börsennotierte oder mitbestimmte Unternehmen Flexi-Quoten für die Vorstände und die Führungsebenen drunter geben. Darüber, wie sie ihre selbstgesteckten Ziele erfüllen, müssen sie regelmäßig berichten. Für den öffentlichen Dienst gelten ähnliche Regelungen.
Im Laufe der zwei Stunden Debatte gibt es viel Lob und Applaus für dieses Ergebnis. Aber auch Kritik von der Opposition. Von einem „Quötchen“ spricht Caren Lay, Vizefraktionschefin der Linkspartei im Bundestag. Die Linke plädiert für eine 50-Prozent-Quote.
Als „keinen großen Wurf“ empfindet Ulle Schauws, frauenpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, das Gesetz. Ihre Partei fordert 40 Prozent Frauen in Führungspositionen. Und Nadine Schön, Unions-Fraktionsvize im Bundestag, orakelt: „Ich freue mich auf den Tag, an dem die Quote wieder abgeschafft“ werde, weil sie überflüssig sei.
„Quote schränkt die Freiheit ein“
Als Schwesig ans Rednerpult tritt, kann sie ihre Freude über den Erfolg nicht verbergen. Für die Quote ist vor allem ihr Haus zuständig. Sie sagt: „Wenn ich ein Mann wäre, hätte ich jetzt gesagt, ich hätte es allein geschafft.“ Lachen. Die Regierungsbänke sind gut besetzt, ansonsten ist der Plenarsaal auffallend leer.
Auf der Besuchertribüne Frauen und ein paar Männer, die seit Jahren für mehr Frauen in Topjobs kämpfen: Monika Schulz-Strelow von der Lobbyorganisation Frauen in die Aufsichtsräte, Ramona Pisal, Präsidentin des Juristinnenbundes, Irmingard Schewe-Gerigk, Ex-Bundestagsabgeordnete der Grünen. Auch ihnen gelte ihr Dank, sagt Schwesig.
Ursula von der Leyen (CDU) findet in Schwesigs Rede keine Erwähnung. Die heutige Verteidigungsministerin ist eine von Schwesigs Amtsvorgängerinnen, sie hat maßgeblich mit dafür gesorgt, dass der Bundestag heute die Quote beschließt. Von der Leyen sitzt neben Schwesig und verzieht keine Miene.
Anders als noch vor Jahren bei „Gedöns“-Themen treten auch Männer ans Mikro: Marcus Weinberg von der CDU und Sönke Rix von der SPD. Sie sind die familienpolitischen Sprecher ihrer Fraktionen. Auch die Linke hat auf diesem Posten einen Mann: Jörn Wunderlich.
Doch die „Familien“-Männer sind nicht per se Quotenbefürworter. So ist für den CDU-Mann Weinberg das gleichstellungspolitische Instrument „nur ein Hilfsmittel“, das die Freiheit einschränke. Rix von der SPD hält dagegen: Ob das Gesetz bald überflüssig werde, weil Frauen überall gleichberechtigt sind, bezweifle er. „Das werden wir wohl nicht mehr erleben“, sagt er: „Wir werden es eher verschärfen.“
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