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Kommentar WM-FinaleKampf und Können

Kommentar von Johannes Kopp

Das deutsche Team ist frei von Hybris, Joachim Löw ist lernfähig und Mario Götze kann auch bei der WM Tore schießen. So wird man Weltmeister.

Mario mit Pott und ungläubigem Blick. Bild: dpa

D ieses eine Tor von Mario Götze, das Deutschland zum Weltmeister machte, erzählt sehr viel über diese Mannschaft. Das Tor führte zusammen, was das deutsche Team bei dieser WM ausgezeichnet hat: Kampf und Können. Grundlage für diese entscheidende Szene war der Kraft- und Willensakt von Andre Schürrle. Unglaublich, wie er noch in der 113. Spielminute auf der linken Seite zu einem Sprint ansetzte und den Ball in den Strafraum flankte. Und ebenso unglaublich war, wie Götze diesen Ball mustergültig mit der Brust annahm und ihn technisch brillant volley ins Tor beförderte.

Bundestrainer Joachim Löw ist da in den letzten Wochen eine einmalige Synthese gelungen. Es sei noch einmal daran erinnert, dass vor der WM ein Mangel an Spielern attestiert wurde, die so „dazwischenhauen“ wie Sami Khedira. Und nach dem Ausfall von Marco Reus, dem zuletzt ideenreichsten Kreativspieler, traute man den DFB-Kickern auch spielerisch nicht mehr allzu viel zu.

Großer Pessimismus machte sich breit und die Chancen des Löw-Kaders wurden sehr auf einzelne Spieler verengt, obwohl man jahrelang über die Vielzahl der Hochbegabten schwärmte. Zumindest fiel dadurch erheblicher Erwartungsdruck von der Mannschaft ab – ein nicht zu unterschätzender Faktor für das Wiederaufblühen dieses Teams.

Nun hat mit Mario Götze ausgerechnet der Mann für den entscheidenden Treffer gesorgt, der Stoßstürmer Klose zuletzt den Vortritt lassen musste. Götze stand beispielhaft für die Rücknahme des Schönen und Klose für die Rückkehr des brachialeren Fußballs. Aber Löw hat nie in diesen Gegensätzen gedacht, sondern seinen Stil gerade in den K.o.-Spielen den Erfordernissen einer Weltmeisterschaft angepasst.

Repertoire erweitert

Ergebnisfußball hatte Priorität, seine über Jahre verfolgten Ideen waren jedoch weiterhin erkennbar. Überdeutlich war das im Halbfinale gegen Brasilien, als den Deutschen das Kombinationsspiel mit vertikaler Zuspitzung besonders gut gelang. Löw hat sein Repertoire erweitert. Seit 2004 bereits betreut er das deutsche Nationalteam. Erst als Assistenztrainer, dann seit 2006 als hauptverantwortlicher Coach.

Und er hat natürlich wie auch seine Spieler von Turnier zu Turnier Erfahrungen gesammelt. Es lohnt sich also, nicht nur Spieler, sondern auch Trainer lernen zu lassen. Ein weiteres Spiel um den dritten Platz, das hatten in den vergangen Tagen immer wieder alle Beteiligten gesagt, wolle man partout verhindern. Eine weitere Kontinuitätslinie ist für diesen WM-Titel von großer Bedeutung: Nachdem die deutsche Elf sich bei der EM 2000 blamierte, entwickelte der DFB Nachwuchskonzepte, von deren Folgen das Nationalteam Jahr für Jahr profitiert.

Diese deutsche Nationalmannschaft war auch im Finale schlagbar. Genauso wie das letzte deutsche Weltmeisterteam von 1990. Aber niemand käme heute auf die Idee – wie Franz Beckenbauer damals – zu behaupten, dass die DFB-Kicker nun auf Jahre hin unschlagbar sein werden. Das Team von Löw ist frei von Hybris. Ihr ist auch das 7:1 gegen Brasilien nicht zu Kopf gestiegen.

Der WM-Titel steht nicht am Ende einer Kausalkette. Aber mit den guten Leistungen der Vergangenheit – vor dem Finale war das deutsche Nationalteam seit 17 Spielen ungeschlagen – hatte sich die Wahrscheinlichkeit immens erhöht. Nur eines schien dagegen zu sprechen: Noch nie hat eine europäische Mannschaft in Südamerika eine Weltmeisterschaft gewonnen. Diesem mythischen, an Aberglauben grenzenden Argument hat die deutsche Nationalelf den Boden entzogen. Schon deshalb wird dieser vierte WM-Titel ein ganz besonderer bleiben.

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taz-Sportredakteur
Jahrgang 1971, bis Ende März 2014 frei journalistisch tätig. Seither fest mit dem Leibesübungen-Ressort verbunden.
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22 Kommentare

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  • Nun werden wir Deutsche für kurze Zeit durch die Fußballbrille angeschaut. Sonst ist es immer die Hitlerbrille. Irgendeine wird wohl stets benötigt.

  • Was ist eine Besonderheit unserer Nationalmannschaft, die im Zeitvergleich sie einzigartig macht?

     

    Viele Führungsspieler haben Migrationhintergrund, selbst der beste Stürmer aller Weltmeisterschaften - nach Toren gemessen – Miro Klose.

     

    Wissen davon diejenigen Politiker, die Migration- und Asylpolitik nicht verbessern wollen?

    • @Stefan Mustermann:

      Volle Zustimmung ! Diese Besonderheit wird da mal untern Tisch gekehrt, ist aber eine große Botschaft.

  • Ein gelungenes Résumé!

     

    Die deutsche Mannschaft konnte eindrucksvoll zeigen, was sie drauf hat und auch Mehmet Scholl konnte mal seine Inhalte locker rüberbringen.

    War es vor einigen Tagen noch Dr. Müller Wohlfarth, dem er öffentlich seine Liebe gestand, so konnte man gestern von ihm hören, dass er "diesen DFB-Präsidenten (Wolfgang Niersbach) liebt".

    Putin war leider nicht lang genug da - vielleicht sonst ..........; wer weiß?

    • @Rainer B.:

      Ich fand, dass sich die positiven und trotzdem sachkundigen Statements von Mehmet Scholl angenehm anhoben von dem polternden Ton, mit dem so mancher Moderator polternd kritisierend seine Sympathie für das Können des deutschen Teams zu verbergen suchte.

       

      Scholl versteht es eben, neutrale Bewertung (mit etwas Übung durchaus nachahmenswert) positiv auszudrücken. Seine durchaus kritische Bewertung vieler Schiedsrichter teilte ich ohne Abstriche.

      • @anyhow:

        Ok, aber die Schiedsrichterleistungen wurden durchaus von allen Moderatoren kritisch kommentiert, wo es nötig war.

  • (Fußball)Gott ist zwar tot, aber ein neuer "Götze" tuts ja auch. Götze auf der Bank hat sich sehr gut rentiert. Da ist der ganze Kapitalmarkt neidisch.

  • Ich bin nicht Weltmeister.

    Doch der deutschen Mannschaft sei es gegönnt.

    • @vic:

      Der Satz "Wir sind Weltmeister" stand auch nicht im Artikel. Hast du ihn vielleicht hinein halluziniert?

      • @Lenz:

        Kar, ich halluziniere um diese Zeit immer.

  • SIEG DEUTSCHLAND! Jetzt sind wir wieder WER! Wenn WIR jetzt auch noch richtige Drohnen KRIEGen. Keine KinderKackeAufklärungsDröhnchen. VollWertDrohen. Deutschland , Deutschland über alles.

    • D
      D.J.
      @RPH:

      Das Lustige ist ja, dass Sie gar nicht mitbekommen, wie unfassbar DEUTSCH Sie und Ihre Bloß-nicht-mit-den-anderen Freuen-Kollegen sind. Während Brasilien, die Türkei, Lesotho und selbst die Niederlande (überwiegend) sich mitfreuen, nörgelt der dauerschlechtgelaunte Teil der deutschen Linken rum.

    • @RPH:

      Ich glaube Sie haben das Thema verfehlt...

    • @RPH:

      War ja klar, dass sich auf der taz wieder die Kommentare derjenigen tummeln, die aus dem ganzen ein Politikum machen wollen. Nur mal so nebenbei: Es freuen sich in diesem Land Millionen von Menschen über diesen Titel, aber die sind natürlich alle dümmer als Du, blöde Nationalisten, usw.. Und stell dir vor: Es gibt in Nationalstaaten so etwas wie ein Gemeinschaftsgefühl, dass sich in Dingen wie dem Fussball kanalsiert und Menschen Freude bereitet.

  • Ach Gottchen, ja, wir Deutschen sind ja so furchtbar intolerant...! Vielleicht sollte man mal eher diese Vorurteil ablegen.

  • Kann man nehmen -

     

    sehr fein, daß Mario Götze,

    dieser Filigrantechniker -

    unnachahmlich das Ding reinmachte -

    weltmeisterlich -

     

    ansonsten hätt's auch 1:3 ausgehen können;/)

     

    fein auch, daß Doris Akrap so schön ihre

    Bestätigung findet -

    hatte doch gerade noch Ollie Kahn gegen

    Spieler wie Götze, Ösil et al

    abmeiernd-knarzend gestänkert;

     

    was ja nicht verwundert, wenn einer wie er

    als nunja weniger bewegungsbegabt,

    sich nur mittels Abquälen mit Medizinbällen -

    nach oben - geball(er)t hat -

    ein neidvoller Titan Ollie Kahn -

    weit weg von tänzerisch-filigran;-)

     

    and now for something completely different -

    • @Lowandorder:

      Sie haben Recht. Oliver Kahn war

      einfach porentief

      kraftvoll -

      eben ein Titan!

       

      Die Tänzer dieser WM waren

      nicht nur filigran

      nein - sie waren

      samt Torhüter Neuer

       

      EIN TEAM mit dem Willen zu siegen!

  • Wir/Deutschland sind/ist Weltmeister?

    .

    Schön! Ein Blick über die bunt gemischte Truppe zeigt, von gesunder Bräune bis zum leicht slavischen Akzent, wie weltoffen wir hier mit unserer Nationalität umgehen können!

    .

    Schade, das sich das nur (fast nur) "auf dem Platz" bei der WM so zeigt.

    .

    Im Alltag, selbst in der Liga... ist es mit dieser Toleranz nicht so weit her.

    .

    Macht schon nachdenklich, das die gleichen Leute, die gestern in der Fan-Zone Sami Khedira, Jérôme Boateng .... zu jubelten, ein paar Tage später wieder die alten Vorurteile leben.

    .

    Meint

    Sikasuu

    • @Sikasuu:

      Komisch, ich habe die letzten Wochen mit Menschen aller Farben Herkunft und Religion gefeiert, darunter auch mein Geburtstag.

      Im übrigen waren gestern auf dem Kuhdamm mehr "Menschen mit Migrationshintergrund" unterwegs als Sie es in Ihrem kleinen Dorf vielleicht für möglich halten.

       

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