Kommentar Sexismus im Politikbetrieb: Es geht um Macht
In Parlamenten werden Frauen gezielt kleingehalten. Männliche Abgeordnete, die Sexismus mitbekommen, müssen den Mund aufmachen.
Alles im Leben dreht sich um Sex, nur nicht der Sex, der dreht sich um Macht“: Dieser Satz von Oscar Wilde gilt auch für Sexismus. Und er wird durch die Studie der Interparlamentarischen Union (IOU) über sexuelle Belästigung, Missbrauch und Gewalt gegen Frauen in Europas 47 nationalen Parlamenten einmal mehr bestätigt.
Wie bereits die im Kontext der #MeToo-Debatte geführten Interviews mit weiblichen Abgeordneten des Bundestages und des Europaparlamentes zeigt auch die IPU-Studie, dass sexistisches Verhalten und sexuelle Gewalt von männlichen Abgeordneten eingesetzt wird, um Frauen im Politikbetrieb klein zu halten, ihren Aufstieg zu behindern und die eigenen Machtpositionen zu sichern.
Das ist ein klarer Verstoß gegen die für alle Staaten völkerrechtlich verbindliche Verpflichtung, „jegliche Form der Diskriminierung von Frauen zu beseitigen“ und ihre „volle, freie und sichere Beteiligung am politischen Prozess sicherzustellen“.
Um dieser Verpflichtung endlich nachzukommen, ist die Quotierung der KandidatInnenlisten für Parlamentswahlen, so wie die Grünen sie praktizieren, auch in allen anderen Parteien unerlässlich. Untersuchungen der IPU zeigen: In den Ländern, in denen der Frauenanteil im Parlament und in Folge auch in der Regierung am höchsten ist, ist das Problem von Sexismus im Politikbetrieb am geringsten. Das zeigt die Erfahrung in Schweden, Norwegen, Finnland, Dänemark und den Niederlanden.
Zweitens müssen endlich in allen Bereichen des Politikbetriebes vertrauliche Beschwerdeverfahren eingeführt werden – ohne Risiko von Nachteilen für die Klägerinnen sowie verlässliche Mechanismen für Ermittlungen und Sanktionen gegen die Täter.
Drittens sollten männliche Abgeordnete den Mund aufmachen, wenn sich Kollegen sexistisch gegenüber Frauen verhalten. Dass das bisher nicht oder doch sehr selten geschieht, zeigen die kürzlich mit Bundestagsabgeordneten aller politischen Parteien geführten Interviews.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Anschlag auf Magdeburger Weihnachtsmarkt
Vieles deutet auf radikal-islamfeindlichen Hintergrund hin
Keine Konsequenzen für Rechtsbruch
Vor dem Gesetz sind Vermieter gleicher
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen