piwik no script img

Kommentar Abschiebepolitik in BaWüSie könnten ja auch freiwillig gehen

Die Grünen machen in Baden-Württemberg Abschiebepolitik, wie sie auch von CDU-Hardlinern kommen könnte.

Als Gepäck nur, was in eine Tasche passt: Eine landesweite Sammelabschiebung in Baden-Württemberg im Dezember 2014 Bild: dpa

Unmenschliche Abschiebepraktiken sind verboten. Außer an Tagen mit „G“ oder „H“ am Ende oder wenn es eben sein muss. So ungefähr haben die Grünen in Baden-Württemberg jetzt ihre neue Abschiebepolitik formuliert.

Wer sich unter dem Begriff „Sammelabschiebung“ nichts vorstellen kann: Morgens um vier Uhr klingeln Ausländerbehörde und Polizei an der Wohnungstür – ohne Vorwarnung. Ein, zwei Stunden haben die Betroffenen Zeit, ihre Sachen zu packen, jeder darf eine Tasche mitnehmen. Sind nicht alle da, werden Familien eben auseinandergerissen.

Im Abschiebe-Charterflugzeug sitzen sie neben Bundespolizisten. Am Nachmittag stehen die Menschen dann in Prishtina oder Skopje; in einem Land, das die Erwachsenen in den neunziger Jahren verlassen haben und das ihren in Deutschland geborenen Kindern vollkommen fremd ist. So wird grüne Aufenthaltsbeendigung auch künftig aussehen.

Kritikern hält man entgegen: Die Familien hatten ja genug Zeit, freiwillig zu gehen. Dafür hat man ihnen sogar Hilfe angeboten.

Doch für diese Roma gibt es auf dem Balkan keine Lebensperspektive. Nach vielen Jahren als Geduldete haben sie ihren Lebensmittelpunkt in Deutschland gefunden.

Die Fälle, in denen Baden-Württemberg von Abschiebungen absehen will, waren alle ohnehin schon gängige Praxis: Wer zu krank zum Fliegen ist, bei wem lebenswichtige Operationen anstehen, wer unmittelbar entbinden wird oder nahe Angehörige beerdigen muss, darf vorerst bleiben. Neue Ermessensspielräume für die Ausländerbehörden gibt es nicht.

Kaum eine Partei reklamiert die Achtung der Flüchtlingsrechte so für sich wie die Grünen. In Stuttgart könnten sie es anders halten als die Hardliner der Union. Doch sie haben sich anders entschieden.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

7 Kommentare

 / 
  • Was an dieser Abschiebung unmenschlich ist, erschließt sich nicht - außer dass Abschiebungen für etliche Menschen per se böse sind, und diese Leute finden dann die Grünen böse.

    Ist nun mal so, dass nicht jeder hier bleibt und wir Platz und Ressourcen brauchen für Menschen, die wirklich

    verfolgt sind.

  • Marc Uwe Kling zu den Oliv-Grünen: "Die Grünen, sie gehen den Weg aller Bananen, gestern grün und heute gelb, und übermorgen Schwarz, ein Zug fährt in den Kosovo, am Steuer Peter Hartz."

    Ekelhaft.

  • Wieso soll das falsch sein: das Argument ist doch korrekt, dass die Abgeschobenen nicht von heute auf morgen mit der Ausreispflicht konfroniert werden, sondern davor ein langes Verfahren stand, in dem sie kein Aufenthaltsrecht bekommen haben. Wenn man will, dass solche gerichtl. Entscheidungen nicht umgesetzt werden - und freiwillig wurden sie ja nicht befolgt - kann den Rechtsstaat auch gleich beeerdigen.

  • Echt, die ganze Partei, Kretschmann, Roth und die Pflanzenflüsterer Hofreiter und Özdemir, all diese grotesk wirkenden Gestalten der sogenannten Führungsspitze, ohne wirklichen echten Veränderungswillen, ist nur noch erbärmlich und ein unfähiger überbezahlter Haufen, den niemand wirklich braucht, schade, und tschüss! Nehmt doch einfach den Weg der FDP, da könnt ihr euch nicht verlaufen und seit in bester Gesellschaft.

    "Wer hat uns verraten? Die Sozialdemokraten! Wer war dabei? Die grüne Partei!"

  • Das mit dem Lebensmittelpunkt ist doch ein unsinniges Argument. Viele Menschen brechen ihren Lebensmittelpunkt ab und müssen irgendwo ganz neu anfangen. Mit Freunden und Bekannten kann man heute ja easy Kontakt halten. Und wenn diese Menschen die Chance genutzt haben, dann sind sie qualifiziert und können auch dort sehr schnell ein erfolgreiches Leben beginnen. Wenn man aber die Chance nicht genutzt hat, ist man halt nur einer von vielen dort, nichts besseres und nichts schlechteres.

    • @Kleopatros:

      "Und wenn diese Menschen die Chance genutzt haben, dann sind sie qualifiziert und können auch dort sehr schnell ein erfolgreiches Leben beginnen." -

       

      Jo, das ist halt das, was man sich so einreden kann für sein gutes Gewissen.

  • Fliegt der grüne Abschiebejet wenigstens mit Bio-Kerosin?