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Klimabewegung im ParlamentIn die Politik aus Notwehr

Was motiviert Menschen aus der Klimabewegung, für Parlamente zu kandidieren? Für viele ist es das Paris-Abkommen.

Aktivist*innen protestieren im März 2019 im Bundestag für mehr Klimaschutz Foto: Christian Mang, Warming Stripe: showyourstripes.info

Erlangen, Düsseldorf, Rheinland-Pfalz, Berlin, Köln, Kempten und Nottuln. In diesen und weiteren Städten, Gemeinden und Bundesländern wird auf den kommenden Wahlzetteln eine neue Partei oder Wahlliste zu finden sein. Nicht alle tragen den Namen „Klimaliste“, doch sie alle verstehen sich als Teil einer Bewegung. Was treibt die Akteur*innen in diese Form der Politik? Wo liegt die erwartete Wirksamkeit, und welche Reaktionen bekommen sie jetzt schon zu spüren?

Das Paris-Abkommen als politische Maxime: „Wir haben eine starke Notwendigkeit der Klimakrise vor Augen.“ Dieser Dringlichkeit wird laut Maurice Conrad (Klimaliste Rheinland-Pfalz) aber aktuell von keinem politischen Akteur mit angemessenden Angeboten begegnet. Dies wollen Klimalisten und ähnliche Zusammenschlüsse mit derselben minimalen politischen Forderung ändern: Die Einhaltung der 1,5°-Grenze und die Berücksichtigung der Treibhausgasbudgets des Pariser Klimaabkommens muss als Maxime jedes politischen Handelns gelten.

Schon im Wahlkampf setzen wir das Thema Klima. Alle Teilnehmenden müssen sich damit auseinander- setzen – die müssen sich an dem Thema reiben, die müssen sich an uns reiben

Karim, Klimaliste Erlangen

Die verschiedenen Ver­tre­ter*in­nen, mit denen ich gesprochen habe, verstehen sich als Teil der globalen Klimagerechtigkeitsbewegung. Klimalisten und Parteien werden als Möglichkeit verstanden, die Perspektiven der Bewegung und ihre Weltanschauung auf die Wahlzettel, in den Wahlkampf und die Parlamente zu bringen.

„Schon im Wahlkampf setzen wir das Thema Klima. Alle Teilnehmenden des Wahlkampfes müssen sich damit auseinandersetzen – die müssen sich an dem Thema reiben, die müssen sich an uns reiben“, beschreibt Karim aus Erlangen die Wirkung der Klimalisten bereits im Vorfeld der bayrischen Kommunalwahlen 2020.

Nicht mehr handzahm

„Viele, die schon in der Politik sind, finden es ein wenig frech“, stellt Greta aus Mainz (Klimaliste Rheinland-Pfalz) in Bezug auf die Reaktionen anderer Parteien und Politiker*innen auf die Gründung der Klimaliste fest.

„Die Klimaaktivist*innen, die vorher bei Fridays for Future waren, sind auf einmal nicht mehr handzahm“, analysiert Maurice diese Reaktionen. Das Kokettieren und Vereinnahmen der Bewegung sei mit einer Klimaliste, die zur Wahl steht, so nicht mehr möglich.

Hierdurch entstehe eine neue Art von Druck auf die Parteien, der viele politische Strategien der letzten ­Monate verwerfe. Gleichzeitig verschaffe man den Menschen in bestehenden Parteistrukturen Rückendeckung, die sich für einen angemessenen Umgang mit der Notwendigkeit der Klimakrise einsetzen, berichtet Celine (Klimaliste Düsseldorf).

„Wir möchten Entscheidungsprozesse öffentlich machen, wenn sie beginnen“, beschreibt Denise (radikal:klima) aus Berlin einen der oft genannten Ansatzpunkte: die Öffentlichkeit politischer Entscheidungsprozesse. Es geht in den Gesprächen um Transparenz und um die Kontrolle der Akteur*innen in Parlamenten als eine entscheidende Motivation für die Menschen hinter den Klimalisten und Parteien.

Die Aufgabe der gewählten Ver­treter*innen sei es, „auf die historische Verantwortung hinzuweisen“, die Entscheidungen sichtbar zu machen, wo diese Verantwortung nicht beachtet wird, und sich hinter die Wissenschaft zu stellen.

Neben der politischen Abgrenzung zu bestehenden Parteien steht das Selbstverständnis der Klimalisten, keine parteilichen Strukturen aufbauen zu wollen. Die politische Ermächtigung, also die Aufstellung und Wahl der Listen-Kandidat*innen, soll möglichst nicht an die Strukturen geknüpft sein. „Jeder, der wollte, durfte bei uns mitmachen“, beschreibt Lukas von der Klimaliste Düsseldorf ihre Haltung auch gegenüber Mitgliedern demokratischer Parteien und Gruppierungen.

Kein Zuhause

In den Gesprächen zeichnete sich ein Bild der bestehenden Parteien ab: Sie seien immer ein eigener politischer Raum. Als solcher förderten sie Karrierezwänge auf der einen und Machterhaltungszwänge auf der anderen Seite und sie seien dadurch weitestgehend geschützt vor der Wirksamkeit des außerparlamentarischen Drucks und wissenschaftlicher Fakten.

Die Weltanschauung der Klimagerechtigkeitsbewegung ist keine, die in einer parteiähnlichen Struktur ein Zuhause finden könne, sondern ergibt sich aus der Realität der multiplen Krisen und bestehenden Ungerechtigkeiten. Lukas aus Düsseldorf nennt es in Bezug auf die Gefährdung des Planeten und menschlicher Lebensbedingungen treffend: „Politik aus Notwehr.“

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4 Kommentare

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  • Super Idee. Man wählt eine Ein-Themen Partei, die dann an der 5% Hürde scheitert und beschwert sich, dass die Grünen zu wenig Stimmen bekommen haben, um etwas zu verändern. Genau mein Humor.

    • @alex broe:

      Die Grünen verändern nicht wirklich mehr etwas. Schau dir z.B. Kretschmann in Baden-Württemberg an oder Al-Wazir in Hessen.

      • @Kurt Konspirativ:

        Warum wohl? Wenn man plötzlich an der Macht ist, dann wird man halt Realist. In der Oposition lässt sich halt gut träumen. Hätte mir jemand gesagt, dass Rot Grün mit Fischer, Özdemir und Roth zusammen mit Schröder und Co in den Krieg ziehen und Hartz 4 erfinden hätte ich ihn oder sie ausgelacht. Muss wohl einen Grund haben, dass linke Genossen wie Schily mit der Amtseinführung als Innenminister zu Hardlinern werden.

        Aber klar, ne 3% Partei oder mit Glück ne 6 % Partei wird das alles ändern! Ganz sicher!

      • @Kurt Konspirativ:

        Wenn man sich die beiden Länder rauspickt, wo sie mit der CDU regieren, dann ist von vorneherein klar, dass da nix Gescheites herauskommen kann ^^

        Zu den Klima-Parteien ist zu sagen: es ist gerade 10 Jahre her, dass eine große Gruppe junger engagierter Menschen unterschätzt hat, wieviel Verwaltungsaufwand und Formaliakenntnisse der Betrieb einer deutschen Partei erfordert, und sich und ihre Anliegen damit härtestens verheizt hat.

        Am zielführendsten wäre vermutlich, wenn die, die sich damit anfreunden können, bestehenden Parteien beitreten (das kann auch die Linke, in einigen Bundesländern sogar die SPD sein; bei CDU/CSU, FDP und AfD sehe ich da wenig Sinn) - und die, die das nicht wollen, außerparlamentarisch Druck machen, statt ihre Zeit mit dem Studium des PartG zu verschwenden.