Kommentar Salvini und die Flüchtlinge: Alles bleibt, wie gehabt, inhuman
Salvini schafft es die humanitäre Aktion Italiens, ein paar Flüchtlinge einzufliegen, für seine Propaganda zu nutzen. Reinfallen sollte man darauf nicht.
S o kennt man Matteo Salvini gar nicht: Da kommen 147 Flüchtlinge auf einen Schlag ins Land, steigen in Rom einfach aus dem Flugzeug – und der italienische Innenminister findet das wunderbar. Er, der als Chef der stramm rechten, fremdenfeindlichen Lega die Abwehr von Migranten zur Staatsräson erhoben hat, er, der bei jeder Gelegenheit „Italiener zuerst!“ trompetet, zeigt sich diesmal völlig einverstanden mit der Evakuierung der Flüchtlinge aus Libyen. Selbst konnte er sie am Flughafen nicht in Empfang nehmen, doch er schickte einen seiner Staatssekretäre.
Flüchtlinge, die im Auftrag Salvinis auf italienischem Boden ganz offiziell willkommen geheißen werden: Das hat es seit seinem Regierungsantritt im Juni 2018 noch nie gegeben. Sollte sich da einer plötzlich vom Saulus zum Paulus gewandelt haben? Ist das der selbe Mann, der noch vor wenigen Wochen einem NGO-Schiff mit nicht einmal 50 Migranten an Bord das Einlaufen in einen italienischen Hafen verweigerte, weil diese 50 Menschen angeblich „die nationale Sicherheit gefährden“?
Die Antwort gibt er selbst. An der Politik der geschlossenen Häfen werde nicht gerüttelt, ließ er umgehend wissen, die sei halt vom „gesunden Menschenverstand“ diktiert.
Am Ende passt das ja auch bestens zusammen, ein bisschen „humanitärer Korridor“ auf der einen, ganz viel Migrantenabwehr auf der anderen Seite. So kann der Lega-Chef wunderbar argumentieren, er sei kein Unmensch, auch wenn er an der inhumanen Politik der Totalabschottung festhält. Auch wenn er die libyschen Lager, in denen Folter und Vergewaltigungen nicht nur vorkommen, sondern auf der Tagesordnung stehen, zum sicheren Aufenthaltsort für Migranten erklärt.
So schafft er es die humanitäre Aktion Italiens, ein paar dutzend Flüchtlinge einzufliegen, für seine Propaganda zu nutzen. Hat er doch hier die in seinen Augen „echten“ Flüchtlinge gerettet, während die „illegalen“, die sich per Boot selbst auf die Reise machen, weiter einem Schicksal überlassen bleiben, in dem eines nicht vorgesehen ist: die sichere Ankunft in Italien.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Müntefering und die K-Frage bei der SPD
Pistorius statt Scholz!
Kampf gegen die Klimakrise
Eine Hoffnung, die nicht glitzert
Haldenwang über Wechsel in die Politik
„Ich habe mir nichts vorzuwerfen“
Zweite Woche der UN-Klimakonferenz
Habeck wirbt für den weltweiten Ausbau des Emissionshandels
Altersgrenze für Führerschein
Testosteron und PS
Rentner beleidigt Habeck
Beleidigung hat Grenzen