Israelische Polizei erschießt Araber: Video widerspricht Beamten
Die Polizei ermittelt, ob die Beamten bei Schüssen auf einen jungen Mann in Nordisrael korrekt gehandelt haben. Denn Bilder einer Kamera belasten die Beamten.
TEL AVIV ap | Nach der Erschießung eines jungen Arabers durch die Polizei sind in Israel neue Unruhen ausgebrochen. Tausende gingen auf die Straßen, steckten Autoreifen in Brand und bewarfen die Sicherheitskräfte mit Steinen, nachdem der 22-Jährige am frühen Morgen im nordisraelischen Ort Kfar Kana getötet worden war.
In den vergangenen Wochen war es besonders in Ostjerusalem rund um den Tempelberg zu Straßenschlachten zwischen jugendlichen Palästinensern und der Polizei gekommen. Weiter verschärft hatte sich die Situation durch einen Streit über Zugang von Juden zu dem den Muslimen heiligen oberen Teil der Anhöhe. Beobachter befürchten eine dritte Intifada, also einen Palästinenseraufstand.
Inmitten dieser angespannten Lage besuchte die neue EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini am Samstag erstmals den Gazastreifen und forderte Palästinenser und Israelis zu einer Rückkehr zu Friedensverhandlungen auf.
Davon sind die beiden Seiten allerdings nach dem jüngsten Gazakrieg im Sommer und den Unruhen in Jerusalem weit entfernt. Nach dem Tod des 22-Jährigen am Samstag warf der arabische Abgeordnete Ahmed Tibi der Polizei „eine Tötung im Stile der Mafia“ vor.
Schüsse beim Rückzug
Nach Darstellung der Polizei soll der junge Mann versucht haben, mit einem Messer auf Beamte einzustechen. Doch tauchten Bilder einer Überwachungskamera auf, die Zweifel an der Version nähren könnten.
Die grobkörnigen Aufnahmen aus unbekannter Quelle zeigen, wie ein Mann wiederholt auf das Fenster eines Polizeiautos schlägt. Als Polizeibeamte aus dem Fahrzeug herauskommen, um ihn zu stellen, zieht er sich zurück, doch wird trotzdem auf ihn geschossen.
Die Polizei brachte den Verwundeten ins Krankenhaus, wo er starb. Polizeisprecherin Luba Samri sagte, die Polizei untersuche den Fall darauf, ob der Ablauf korrekt war.
Im Gazastreifen warnte die EU-Außenbeauftragte Mogherini vor neuer Gewalt, sollte der Wiederaufbau des Gazastreifens nicht rascher vorankommen und die israelisch-ägyptisch Blockade des Palästinensergebiets nicht aufgehoben werden. „Wir müssen dringend etwas tun“, sagte sie. „Wir haben keine Zeit zu verlieren.“
„Die Welt kann sich das nicht leisten“
Es dürfe keinesfalls einen weiteren Gazakrieg geben. „Nicht nur das Volk in Gaza kann sich einen vierten Krieg nicht leisten – die Welt kann sich das nicht leisten“, sagte Mogherini bei einer Pressekonferenz in einer von den Vereinten Nationen geführten Schule, die als Notunterkunft für 300 Familien dient.
Israel fürchtet, dass sich die Hamas bei offeneren Grenzen wieder mit Raketen bewaffnen könnte. Der ständige Beschuss Israels aus dem Gazastreifen war einer der Auslöser des Kriegs im Sommer gewesen. Zudem befürchtet die Regierung in Jerusalem, dass Baumaterial vom Wiederaufbau abgezweigt und zur Reparatur von Tunneln der Hamas missbraucht werden könnte.
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