Immobilienfusion: Warten auf den Megavermieter

Die Deutsche Wohnen will die GSW schlucken. Dem fusionierten Unternehmen würden 108.000 Wohnungen in Berlin gehören. Der Mieterverein warnt vor den Folgen.

Steht vor einer Übernahme: taz-Nachbar GSW Immobilien. Bild: dpa

Auf dem Berliner Wohnungsmarkt herrscht wohl bald ein neuer Krösus: Das Immobilienunternehmen Deutsche Wohnen hat am Dienstag ein Übernahmeangebot an die Eigner der GSW Immobilien abgegeben. Beide Aktiengesellschaften zusammen kämen auf 150.000 Wohneinheiten, davon allein 108.000 in Berlin. Nach der Deutschen Annington mit ihren 180.000 Einheiten wären sie Deutschlands zweitgrößtes Wohnungsunternehmen.

Derzeit gehören der GSW 60.000 Wohnungen in der Stadt, davon die meisten in Spandau (14.000), Reinickendorf (9.600) und Friedrichshain-Kreuzberg (8.000). Die Deutsche Wohnen kommt auf insgesamt 48.000 Wohnungen und ist mit 8.700 in Marzahn-Hellersdorf und 8.200 in Neukölln am stärksten vertreten (PDF, Seite 3). Der derzeitige Primus, die landeseigene Degewo mit ihren 72.000 Wohnungen, würde durch die Fusion zur Nummer zwei degradiert. Die Gesamtzahl der Mietwohnungen in Berlin taxiert der Wohnungsmarktbericht 2012 der Investitionsbank Berlin (IBB) auf 1,63 Millionen. Die fusionierten Gesellschaften besäßen davon 6,5 Prozent.

Für Mieter nichts Gutes

Nichts Gutes für die Mieter von GSW und Deutsche Wohnen erwartet der Geschäftsführer des Berliner Mietervereins, Reiner Wild, für den Fusionsfall. Die Deutsche Wohnen wehre sich aktuell gegen den Mietspiegel und wolle Mieterhöhungen durchsetzen, die über der darin vorgesehenen Kappungsgrenze liegen. Das widerspreche der Idee des Mietspiegels als einem von den gesellschaftlichen Gruppen ausgehandelten Instrument. „Ich habe Sorge, dass sich durch die Fusion solche Negativaspekte auf die GSW ausdehnen“, so Wild.

Ähnlich sieht das der wohnungspolitische Sprecher der bündnisgrünen Fraktion im Abgeordnetenhaus, Andreas Otto: „Diese Fusion birgt die Gefahr, dass die Verwaltung für Mieter noch anonymer wird und noch stärker unter Spardruck gerät.“ Berlin brauche Wohnungen für Menschen mit wenig Geld. „Diesem Ziel dient es nicht, wenn sich börsennotierte Immobilienunternehmen mit ihren hohen Rendite-Erwartungen eine solch starke Stellung in der Stadt verschaffen“, sagte Otto der taz.

Zur Finanzierung der Übernahme will die Deutsche Wohnen eine Kapitalerhöhung vornehmen und neue Anleihen ausgeben. Jeder GSW-Aktionär, der 20 GSW-Papiere abgibt, erhielte 51 Deutsche-Wohnen-Anleihen. Die daraus resultierende Prämie soll den GSW-Aktionären die Fusion schmackhaft machen. Das Eigenkapital der GSW taxiert die Deutsche Wohnen auf 1,75 Milliarden Euro. Mittelfristig ließen sich mit dem Zusammenschluss 25 Millionen Euro im Jahr sparen, rechnet das Unternehmen vor.

Schön steigende Mieten

In einer Präsentation erklärt die Deutsche Wohnen die Beweggründe für den anvisierten Zusammenschluss: Berlins Wirtschaftsleistung wächst, die Bevölkerung auch – das lässt die Durchschnittsmieten steigen. Einer anhaltend starken Nachfrage nach Wohnraum steht eine relativ niedrige Neubautätigkeit gegenüber. Das alles mache Berlin für Immobilienunternehmen zu einem der attraktivsten Wachstumsmärkte überhaupt.

Der GSW-Vorstand gab am Dienstag bekannt, er habe das Übernahmeangebot zur Kenntnis genommen und werde nach sorgfältiger Prüfung eine erste Einschätzung abgeben. Nach Einreichung der offiziellen Angebotsunterlagen der Deutsche Wohnen innerhalb von vier Wochen bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht würden Vorstand und Aufsichtsrat der GSW nach weiterer Prüfung eine ausführlich begründete Stellungnahme für die Aktionäre veröffentlichen (//www.gsw.de/index.php?cID=174&bID=7323&arHandle=Column+2-3&ccm_token=1377017439:2f7db39863d7fd3ab5f75ece26d3033d&btask=passthru&method=download&file=2064:PDF).

Sowohl Deutsche Wohnen als auch GSW haben kommunale Wurzeln. Die heutige Deutsche Wohnen AG ging 2007 aus einem Zusammenschluss mit der 1998 vom Land privatisierten GEHAG hervor. Für den Verkauf der GSW an Finanzinvestoren sorgten 2004 SPD und Linke.

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