Big Deal auf dem Wohnungsmarkt: „Schlimmster Vermieter Deutschlands“

Der Immobilien-Riese Deutsche Annington hat den Ankauf von 30.000 Wohnungen für 1,4 Milliarden Euro abgeschlossen.

Der Hüpfer weiß es nicht besser, Unternehmen, die nach ihm benannt werden, meistens schon. Bild: dpa

BREMEN taz | Die deutsche Annington hat die Eingliederung der Vitus-Gruppe abgeschlossen. Ab Anfang des Jahres ist die Aktiengesellschaft damit neuer Vermieter von knapp 20.000 Wohnungen in Norddeutschland, 9.500 davon in Bremen, 9.250 in Kiel.

Für die Übernahme der insgesamt 30.000 Wohnungen legte das Unternehmen rund 1,4 Milliarden Euro auf den Tisch. Ebenso bestätigte die Deutsche Annington der taz den direkten Weiterverkauf von 9.600 nordrhein-westfälischen Vitus-Wohnungen – für 484 Millionen Euro.

Mit 184.000 eigenen und 27.000 verwalteten Wohnungen ist die Deutsche Annington der größte Vermieter in Deutschland, mit Schwerpunkt in Nordrhein-Westfalen. Laut Silke Gottschalk vom dortigen Mieterbund zeichnete sich der als „Heuschrecke“ berüchtigte Immobilien-Riese bisher durch kurzfristiges, auf Rendite bedachtes Wirtschaften aus. Strategie war demnach, Objekte zu halten, nicht zu investieren – und weiterzuverkaufen.

Mieterbündnisse sehen die jüngste Übernahme mit Sorge. Joachim Barloschky vom Bremer Aktionsbündnis „Menschrecht auf Wohnen“ leitete 21 Jahre lang das Quartiersmanagement in Bremen-Tenever und sagt: „Die Deutsche Annington ist der größte und schlimmste Vermieter in Deutschland – Profit wird mit rüdesten Methoden gegen die Mieter durchgedrückt.“

In einer internen Präsentation der Deutschen Annington - Titel: "Strategie zum Umgang mit Reparaturmeldungen" - hieß es im Februar 2013, dass man Mieterwünsche "ggf. kommunikativ verhindern" solle. Dazu sei auf den "Schriftweg" zu verweisen oder "Mieterhöhung bzw. Mieterbelastung" anzukündigen.

In anderen Dokumenten aus dem selben Jahr ist die Rede von einem "reputationsrelevanten Instandhaltungsstau" in Höhe von 161 Millionen Euro; zuvor hatten Medien über Mängel berichtet.

Eine weitere Vorstandsnotiz besagt, dass "Budgetrestriktionen" auch in Zukunft die Erfüllung von "Vermieterpflichten beeinträchtigen" würden - etwa die Beseitigung von Schimmel in Wohnungen.

Dabei scheinen die MieterInnen vom Regen in die Traufe zu kommen – bereits die gekaufte Vitus-Gruppe hatte einen schlechten Ruf, so Barloschky: „Vor Ort waren immer weniger Hausmeister anzutreffen, Sanierungsbedarf wurde oft ignoriert, Missstände nicht oder nur zögerlich behoben.“ Eine Studie der Uni Bremen hat ergeben, dass in der Hälfte der Vitus-Wohnungen Mängel herrschen. Ursprünglich waren die Wohnungen der Bremischen und der Beamten-Baugesellschaft kommunaler Besitz. Barloschky befürchtet nun eine Verschlimmerung der Lage.

Mängelberichte aus Nordrhein-Westfalen bestätigen die Vorbehalte: Beschwerden über die Annington häuften sich derart, dass der Mieterbund mit Initiativen 2012 das „Aktionsbündnis von Mietern und Nachbarn der Deutschen Annington“ ins Leben riefen. Mittlerweile agiert es bundesweit und bemängelt Mieterhöhungen ohne Gegenleistung, ignorierte Mängelanzeigen und die „Herunterwirtschaftung von Wohnvierteln zu sozialen Brennpunkten“. Ebenso wenig habe es „Ansprechpartner vor Ort“ gegeben, sagt Gottschalk. In Kürze richte der Deutsche Mieterbund sogar eine Stelle ausschließlich für Annington ein.

Beim Immobilien-Riesen indes gibt man sich geläutert: Es habe zwar „einen Branchentrend zur Zentralisierung“ gegeben, sagt Firmensprecherin Nina Henckel, aber „wir haben gelernt und sind heute stärker in der Region vertreten“. Eine von der Annington an die taz weitergeleitete Faktensammlung ist deutlicher. Hier heißt es, „dass in der Vergangenheit das Wohl des Mieters nicht immer im Zentrum des unternehmerischen Handelns stand“. Gottschalk hat Bedenken, dass sich das in Zukunft ändert: „Die Annington hat schon einmal langfristige Investitionen versprochen, bis heute ist noch nicht viel passiert.“

Für Bremen stellt die Aktiengesellschaft laut Henckel „konkrete Planung für Modernisierungen“ in Aussicht. Man wolle zukünftig „Mieter und Investoreninteressen überein bringen“, so die Sprecherin, „bei uns läuft nicht alles rund, aber wir bieten Wohnungen zu einem fairen Preis. Wir sind quasi das Ikea der Immobilienbranche.“

Henckel zufolge investierte die Deutsche Annington in diesem Jahr 330 Millionen Euro in Bestand: Man wolle damit die energetische Sanierung vorantreiben und dem demografischen Wandel Rechnung tragen, natürlich „im Rahmen der gesetzlich erlaubten Mietpreiserhöhung“.

Wie eine solche barrierefreie Sanierung der Deutschen Annington aussehen kann, zeigt ein aktueller WDR-Bericht: In Gelsenkirchen hat man mit bundesfinanzierten KFW-Krediten eine Wohnung mit einem barrierearmen Bad ausgestattet, diese liegt allerdings im zweiten Stock in einem Haus ohne Fahrstuhl.

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