G20-Gipfel in Buenos Aires: Friedlicher Protest
Buenos Aires ist während des G20-Gipfels zur Festung ausgebaut. Tausende DemonstrantInnen sind trotzdem durchs Zentrum der Stadt gezogen.
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„Bienvenido al infierno“ hatte auf dem Sperrgitter vor dem Kongress gestanden. Über Nacht hatten Unbekannte den Begrüßungsspruch gesprüht und damit an die „Welcome to Hell“-Demo gegen den Hamburger G20 erinnert. Regierung und Medien hatten für Buenos Aires ein ähnliches Szenario beschworen. Es fand nicht statt und die einzigen Schwaden, die über den Platz vor den Kongress waberten, kamen von den brutzelnden Chorizos auf den aufgebauten Grills und nicht aus abgefeuerten Tränengasgranaten. Dennoch war die Anspannung bei den OrganisatorInnen groß. „Bis hierher ging alles gut,“ so Marta Music bei der Ankunft vor dem Kongress. „Doch jetzt müssen wir aufpassen, erfahrungsgemäß kommt die Repression am Ende.“
Gegen 15 Uhr Ortszeit hatte sich der Zug an der Ecke der Avenidas 9 de Julio und San Juan in Bewegung gesetzt. Zuvor war bekannt geworden, dass die Polizei in einem Fahrzeug an der Demo-Strecke versteckte Molotowcocktails gefunden hatte. Doch das einzige, was an diesem Tag brannte, war ein kleines Zelt, aufgemacht als McDonald-Bude in den Farben der US-Flagge. Es wurde gejohlt und geklatscht. Die Fotografen eilten herbei.
„Die Mittelklasse ist zu Hause geblieben. Der Protestfunke ist nicht übergesprungen“, so Roberto Sastre, der sich am Straßenrand auf einen Sockel gestellt hatte, um die vorbeiziehenden Blöcke der sozialen Basisorganisationen, alternativen Gewerkschaften, Menschenrechtsorganisationen und kleinen Linksparteien. Antiimperialist und Demo-erfahren sei er. Wenn diese Organisationen ihre Anhängerschaften mobilisieren, dann kämen 50.000 zusammen. „Mehr geht nicht.“ Die großen Oppositionsparteien und Gewerkschaften hätten keinen Finger gerührt.
Gezielte Angstkampagnen
Am besten sollten alle in Urlaub fahren, hatte Sicherheitsministerin Patricia Bullrich verkündet. Auch deshalb wurden die öffentlichen Angestellten schon am Donnerstagmittag nach Hause geschickt und der Freitag in der Stadt zum Feiertag erklärt. Zugleich wurden massiv anonyme Audios über WhatsApp verbreitet. In einem davon berichtet eine Frauenstimme von dem glaubwürdigen Freund ihrer Freundin, der ihr versichert habe, dass Terroristen Anschläge verüben werden, man Orte wie Kinos oder McDonalds unbedingt meiden und am besten gar nicht auf die Straße gehe sollte.
„All das ist Teil einer gezielten Angstkampagne der Regierung, um die Abriegelung der halben Stadt zu rechtfertigen,“ so Beverly Keene von den OrganisatorInnen. „Mit dem G20 als Rechtfertigung hat die Regierung 15 Millionen Gummigeschosse und zwei Millionen scharfe Munitionspatronen eingekauft. Die sind nicht für die zwei Gipfeltage, sondern für das kommende Jahr bestimmt, denn die sozialen Konflikte werden zunehmen,“ so ihre Befürchtung.
Internationale Vernetzung fehlt
Auf mehr internationale DemonstrantInnen hatte Halstuchverkäufer Marco gesetzt, aber vor alle aus geschäftlichem Interesse. Er zeigt auf weiße Halstücher mit dem Aufdruck ‚Fuera de Argentina‘ und G20 in einem runden Verbotssymbol. „Als Souvenir für die Ausländer, aber schau' Dir die Leute an. Alle von hier, und die haben kein Geld.“ Tatsächlich sind kaum ausländische DemonstrantInnen zu sehen. Selbst aus Brasilien, wo man auf den Anti-Bolsonaro-Effekt gesetzt hatte, waren nur wenige gekommen. Noch am stärksten vertreten waren Angehörige der in Buenos Aires lebenden peruanischen und bolivianischen Communities.
Bilder der Woche
Eine kleine Gruppe von etwa 30 Vermummten hatte sich ebenfalls in den Zug eingereiht. Immer wieder sprintete jemand heraus und sprühte ein Graffito mit dem Slogan der Demonstration. „Fuera G20 – Fuera Trump – Fuera FMI“ blieb an Häuserwänden und Schaufenstern zurück. Aber es war eine Minderheit, die von den anderen Gruppen skeptisch beäugt wurde. Die hatten Sicherheitszonen um sich gebildet, um zu verhindern, dass Provokateure bei ihnen einsickern.
Die Polizei meldete die vorübergehende Festnahme von 17 Personen. In deren Rucksäcken seien unter anderem Zwillen und Schraubenmuttern gefunden worden. Der Abmarsch ging dennoch ruhig vonstatten. „Wir bleiben heute sogar an der roten Ampel stehen,“ witzelte einer auf dem Heimweg.
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