Ermittlungen gegen Nazis in Freital: Mal zuständig, mal Zeichen setzen
Der Generalbundesanwalt geht in bestimmten Fällen gegen rechte Gewalttäter vor – in Freital, weil feste Strukturen angenommen werden.
Grundsätzlich zuständig ist die Bundesanwaltschaft, wenn es um terroristische Vereinigungen geht, wie jetzt bei der Gruppe Freital. Hier konnte Frank nur deshalb nicht von vornherein ermitteln, weil die sächsischen Staatsanwälte zunächst keine feste Vereinigung erkannten.
Auch die im Mai 2015 ausgehobene Gruppe Old School Society gilt als rechte terroristische Vereinigung. Gegen sie hat die Bundesanwaltschaft im Januar 2016 Anklage erhoben. Am 27. April soll am Oberlandesgericht München der Prozess beginnen.
Soweit es nicht um Vereinigungen geht, kann der Generalbundesanwalt die Ermittlung bei politisch motivierten Gewalttaten übernehmen, wenn er eine „besondere Bedeutung“ des Falles sieht. Peter Frank hat inzwischen klargemacht, nach welchen Kriterien er eingreifen will: zum einen, wenn es Tote oder Schwerverletzte gab, zum anderen bei pogromartigen Zuständen.
Nach dem GSG-9-Einsatz gegen unter Terrorverdacht stehende Rechtsextremisten im sächsischen Freital gehen die Ermittlungen weiter. „Der Ermittlungskomplex ist durchaus größer, und weitere Aktivitäten laufen derzeit“, sagte Sachsens Innenminister Markus Ulbig (CDU). Details nannte er nicht.
Die Haftbefehle sollten den fünf am Dienstag festgenommenen Verdächtigen bis Mittwoch eröffnet werden. Nach Angaben der Bundesanwaltschaft war ein Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs dafür am Dienstag aus Karlsruhe nach Dresden gereist. Er habe auch über den Vollzug der Untersuchungshaft zu entscheiden. Inwieweit das bereits geschehen ist, war zunächst nicht bekannt. (dpa)
Bei Anschlägen auf Asylheime waren diese „roten Linien“ bisher nicht überschritten worden. Frank übernahm aber das Verfahren nach der Messerattacke auf die damalige Kölner OB-Kandidatin Henriette Reker im Oktober 2015. Der Täter Frank S. habe ein „Klima der Angst“ bei allen Flüchtlingshelfern erzeugen wollen. Vorige Woche hat der Prozess vor dem OLG Düsseldorf begonnen.
Der Generalbundesanwalt will von solchen Signalen allerdings nur sparsamen Gebrauch machen. Erstens soll sich die Symbolik nicht abnutzen. Zweitens hat Frank nur begrenzt Personal zur Verfügung. Und schließlich kontrolliert der Bundesgerichtshof relativ streng, dass sich die Bundesanwaltschaft nicht zu sehr in die Zuständigkeiten der Länder einmischt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Utøya-Attentäter vor Gericht
Breivik beantragt Entlassung
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Böllerverbot für Mensch und Tier
Verbände gegen KrachZischBumm
Pistorius lässt Scholz den Vortritt
Der beschädigte Kandidat
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Scholz bezeichnet russischen Raketeneinsatz als „furchtbare Eskalation“