Der sonntaz-Streit: Zeigefinger gen Osten
Bundespräsident Joachim Gauck reist nicht zu den Winterspielen nach Sotschi. Dürfen wir es uns mit Russland verscherzen?
Bundespräsident Gauck wird 2014 nicht nach Sotschi reisen. Vielleicht, weil er ohnehin nie zu den olympischen Winterspielen fahren wollte. Vielleicht aber auch, und das ist wahrscheinlicher, weil er gegen all die russischen Missstände aufbegehren möchte, die das olympische Ereignis ins Licht einer globalen Öffentlichkeit zerrt: ausgebeutete Wanderarbeiter, Korruption, Homophobie und Umweltzerstörung. Es bedarf keiner bundespräsidialen Begründung, um diesen Zusammenhang auszumachen.
Anders als Gauck begründete Viviane Reding, EU-Kommissarin für Justiz, Grundrechte und Bürgerschaft, ihre Absage. //twitter.com/VivianeRedingEU/status/410127509674803200:Auf Twitter schrieb sie: „Ich werde sicherlich nicht nach Sotschi reisen, solange Minderheiten weiter so von der russischen Regierung behandelt werden“.
Dem Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder wäre ein solcher Affront nie untergekommen. Der russische Präsident Wladimir Putin und der Anwalt aus Hannover sind Freunde. Sie können gut miteinander, sind ein eingespieltes Team. Und wenn in Deutschland Kritik am russischen Präsidenten aufkam, stellte sich Schröder schützend vor ihn. Putin sei ein lupenreiner Demokrat, sagte er. Basta.
![](https://taz.de/picture/132042/14/tazze_682392.png)
Die Antworten auf den sonntaz-Streit lesen Sie am 14./15. Dezember 2013 in der taz.am wochenende. Mit großen Reportagen, spannenden Geschichten und den entscheidenden kleinen Nebensachen. Mit dem, was aus der Woche bleibt und dem, was in der nächsten kommt. Am Kiosk, eKiosk oder gleich im praktischen Wochenendabo. Und für Fans und Freunde: facebook.com/sonntaz
Noch heute erntet er Hohn und Spott für diesen Satz. Dass ihm das egal ist, gilt als sicher. Dank seiner engen Beziehung Putin hat er heute ein gutes Auskommen. Er darf sich um die Ostseepipeline kümmern, die sie gemeinsam durchboxten.
Aber was, wenn hinter diesem mitunter obskuren Schauspiel nicht nur Eigennutz, sondern auch eine wahre Einsicht steckt? Vielleicht ist der gute Draht in den Kreml eine Notwendigkeit, weil man auf Putins autokratisches Russland angewiesen ist – im UN-Sicherheitsrat, in Sachen Energieversorgung und in der europäischen Außenpolitik.
Kann Deutschland, kann Europa unaufhörlich mit dem Zeigefinger auf Moskau deuten? Darf ein deutsches Staatsberhaupt dem ewigen Regenten Putin Benimmunterricht erteilen? Ist es konsequent, nur gen Osten von Freiheit zu schwadronieren – und die USA und ihren Umgang mit Whistleblowern zu schonen? Sollte tatsächlich die Moral- der Realpolitik den Garaus machen?
Wie sehen Sie das? Dürfen wir es uns mit Russland verscherzen?
Diskutieren Sie mit! Die sonntaz wählt unter den interessantesten Kommentaren einen oder zwei aus und veröffentlicht sie in der sonntaz vom 14. Dezember/15. Dezember. Der Kommentar sollte etwa 900 Zeichen umfassen und mit dem Namen, Alter, einem Foto und der E-Mail-Adresse der Autorin oder des Autors versehen sein. Oder schicken Sie uns bis Mittwoch, 11. Dezember, eine Mail an: streit@taz.de
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