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Debatte Equal Pay Day79 Tage mehr arbeiten

Simone Schmollack
Kommentar von Simone Schmollack

Ohne Gesetz gibt es für Frauen nicht gleiches Geld für gleiche Arbeit. Sagen LobbyistInnen. Aber das Kanzleramt blockiert die Initiativen.

Ruhig mal nach oben gucken. Transparenz bei den Gehältern führt nicht zu Neid, sondern zur Selbstermächtigung Foto: imago/Westend61

G efühlt seit einigen Wochen gibt es nahezu täglich eine Meldung, eine neue Studie, ein Statement zum Gender Pay Gap, der Lohnlücke zwischen Frauen und Männern von derzeit rund 21 Prozent. Das Frauenministerium äußert sich, Wirtschaftsinstitute, Frauen-, Berufs-, Familienverbände, Parteien.

Das hat natürlich mit dem Equal Pay Day zu tun, der an diesem Samstag auf die Lohnungerechtigkeit zwischen den Geschlechtern aufmerksam macht. 79 Tage müssen Frauen statistisch betrachtet über das Jahr hinaus länger arbeiten, um dasselbe Geld verdient zu haben wie Männer. Früher waren es noch mehr.

Vernachlässigt man Faktoren wie Teilzeitjobs, Kinder- und Pflegeauszeiten, die vor allem von Frauen übernehmen, sowie den geringeren Anteil von Frauen in Führungspositionen, bleibt immer noch eine Schlechterbezahlung von 7 Prozent.

Geht nicht. Findet die Opposition und findet die SPD. Die drei Parteien fordern mindestens so lange, wie es den Equal Pay Day gibt, ein Gesetz, das Frauen und Männern den gleichen Lohn zusichert. Genau das haben Union und SPD im Koalitionsvertrag vereinbart: „Gleicher Lohn für gleiche oder gleichwertige Arbeit“.

Der Entwurf liegt im Kanzleramt

Einen solchen Gesetzentwurf hat das SPD-geführte Frauenministerium erarbeitet. Aber was ist damit? Es stünde der Koalition gut zu Gesicht, ein weiteres gleichstellungspolitisches Vorhaben voranzutreiben – nach Frauenquote und Mindestlohn.

taz.am wochenende

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Die Bevölkerung würde das begrüßen. Mit dem sperrigen Begriff des Equal Pay Day kann die Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger jedenfalls etwas anfangen, weiß der Soziologe Carsten Wippermann. Die Menschen wollen die Gerechtigkeit in der Lohntüte, sagt er.

Doch der Gesetzentwurf für ein sogenanntes Entgeltgleichheitsgesetz schmort derzeit im Kanzleramt. Und das vermutlich noch eine ganze Weile. Denn die Union ist nicht erpicht darauf, noch ein von der SPD vorangetriebenes Gesetz zu verabschieden. Ohnehin halten es CDU und CSU eher mit der Wirtschaft. Die wehrt sich massiv gegen eine Regulierung der Gehälter. Die sei sowieso unnötig, weil die Lohnlücke nur 2 Prozent betrage. Zumindest, wenn sie der Deutsche Industrie- und Handelskammertag berechnet. Die SPD weiß, wie schwer es dieses Gesetz haben wird. Da wirkt es ein wenig wie Selbstbetrug, wenn SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann während der Frauentagsfeier seiner Partei im Bundestag verkündet: „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit – ich glaube, das kriegen wir hin.“

Um dieses Gesetz werden Union und SPD heftig ringen. Es wird um weitreichende Kompromisse gehen und um die Frage, wie stark man der Wirtschaft entgegenkommen muss. „Ich warne davor, dass dabei Murks rauskommt“, sagt die Juristin, SPD-Frau und Lobbyistin für Gehältergerechtigkeit Heide Pfarr. Sie fürchtet, dass der „Murks“, wenn er erst einmal Gesetz ist, für die nächsten zehn Jahre eine Lohngerechtigkeit unmöglich mache. „Dann lieber gar kein Gesetz“, fordert sie.

Was verdienen die Kollegen?

Was aber dann? Transparenz bei den Gehältern. Fordert Henrike von Platen, die Chefin von Business and Professional Women. Dem Netzwerk für Unternehmerinnen und berufstätige Frauen ist der Equal Pay Day zu verdanken. Die meisten Firmen glauben, sagt die Unternehmensberaterin von Platen, dass es bei ihnen lohngerecht zugehe. Aber das stimme häufig nicht, weil kaum jemand von seinen Kollegen weiß, was die verdienen. Offenheit beim Einkommen sei eines der letzten Tabus.

Ich warne vor Murks. Dann lieber kein Gesetz.

Heide Pfarr, Juristin

Das ist in Skandinavien anders. In Norwegen beispielsweise kann jede und jeder erfahren, wie viel Steuern die Nachbarn, der Chef und die Verkäuferin vom Laden an der Ecke zahlen. Das finden die Leute gut. Diese Transparenz führt mittlerweile aber zu einem anderen Effekt. Nein, nicht zu Neid, sondern zur Selbstermächtigung: Ich verdiene mehr als du, also bin ich besser als du.

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Simone Schmollack
Ressortleiterin Meinung
Ressortleiterin Meinung. Zuvor Ressortleiterin taz.de / Regie, Gender-Redakteurin der taz und stellvertretende Ressortleiterin taz-Inland. Dazwischen Chefredakteurin der Wochenzeitung "Der Freitag". Amtierende Vize-DDR-Meisterin im Rennrodeln der Sportjournalist:innen. Autorin zahlreicher Bücher, zuletzt: "Und er wird es immer wieder tun" über Partnerschaftsgewalt.
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7 Kommentare

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  • dies ist der artikel, den ich mir in der taz dazu gewünscht hätte ...

    https://www.heise.de/tp/features/Ten-Years-Gender-Pay-Gap-Mistake-Ein-Irrtum-wird-zehn-Jahre-alt-3652060.html

  • Frauen in Ehe- und Armutsrente!

     

    Frauen in Westdeutschland erreichen durchschnittlich nur 30 GRV-Erwerbsjahre [in der gesetzliche Rentenversicherung].

    Um eine eigenständige Altersrente auf dem geringen Niveau der gesetzlichen Grundsicherung [analog Sozialhilfe] zu erhalten, müssen Erwerbstätige [Frauen und Männer] 35 Erwerbsjahre arbeiten, und dabei einen "durchschnittlichen" mtl. Brutto-Lohn von 2.500 Euro erreichen.

    Dieser "Durchschnittslohn" über 35 Vollzeitarbeitsjahren, entspricht einem durchschnittlichen Brutto-Stundenlohn von: 15 Euro.

     

    Selbst bei einem gesetzlichen Mindesstlohn von 10 Euro-Std. brutto, müssten Frauen dafür mehr als 50 Jahre in Vollzeit arbeiten, ohne Fehlzeiten, um eine Alters- und Armutsrente auf dem geringen Niveau der Grundsicherung [analog der Sozialhilfe ohne Erwerbsarbeit] zu erhalten!

     

    Frauen befinden sich zwangsläufig, auch häufig noch heute, in einer Ehe-Prostitution, vor allem in Westdeutschland, um der Alters-Armut, trotz lebenslanger Erwerbsarbeit, zu entgehen!

     

    Für die große Mehrheit der erwerbstätigen Frauen und Mütter in Westdeutschland hat es keine Emanzipation in Folge der sog. 1968er Groß- und Klein-Bürgerbewegung gegeben!

  • 3G
    33523 (Profil gelöscht)

    Frau Schmollack eins muss man Ihnen lassen, sie verschweigen nicht das die Lohnungleichheit vor allem mit der Berufswahl und nicht mit dem Geschlecht zu tun hat. Diesen Willen die Realität korrekt abzubilden findet man in vielen anderen Artikeln zu diesem Thema leider nicht. Sie erwähnen sogar die Statistik mit den 2%, die weitere Faktoren mit einbezieht.

     

    Doch bei vielen Feministinnin dieser Zeit wird es mir mulmig. Es heißt immer es ginge um Gleichheit aber gefordert wird nur eine Quote für Frauen in Führungspositionen, keine für Kindergärtner, Müllfrauen und Gender-"Wissenschaftler".

    Dieser Feministmus hat mit gleichen Rechten doch nichts mehr zu tun. Es geht um gezielte Übervorteilung eines Geschlechts und dazu werden Nachteile für das anderen Geschlecht gerne in Kauf genommen. Das die Protagonisten dieses Feminismus sich in ihrer Methodologie noch von den Lobbyisten der Wirtschaft unterscheiden glaube ich kaum. Mittlerweile heiligt scheinbar auch hier der Zweck jedes Mittel.

  • Demnach arbeiten Frauen im Erwerbszeitraum von 45 Jahren: 3555 Tage umsonst, bzw. 28.440 Stunden ohne Bezahlung!

    Für Frauen in Westdeutschland, bei durchschnittlich 30 GRV-Erwerbsjahren, liegt der unbezahlte Anteil bei 2370 Tagen, bzw. 18.960 Stunden - ohne Bezahlung.

    Für die Berechnung müssen Sie den Brutto-Stundenlohn ihres Kollegen für vergleichbare Arbeit ansetzen. So auch für Ihre rückwertige Berechnung. Sie können sich auch bei den Gewerkschaften über das vergangene und aktuelle Lohngefüge informieren. Ermitteln Sie für ihre persönliche Berechnung die tatsächlichen Erwerbsjahre, als Grundlage für die Berechnung. Prüfen Sie ihren Einkommens- und Sozialverlust, einschließlich die Einsparungen an Leistungen aus dem Beschäftigungsverhältnis, u.a. Urlaubsgeld, Weihnachtsgeld, Prämien [alle eingesparten Gemeinkostenanteile des Unternehmens - an ihrer Arbeitskraft] etc.

     

    Info.-Empfehlung:

    Betr.: Monatseinkommen (Brutto)

    Lohndifferenz - "mit und "ohne" Tarifvertrag!

    labournet.de/diskussion/arbeit/realpolitik/kombilohn/niedrtarif.pdf

     

    Frauen und Frauen - und Männer - sind nur gemeinsam stark!

  • Das Problem der ungerechten Lohnverteilung (die 21%) hat leider weniger mit ungleicher Bezahlung in gleichem Beruf/ gleiche Position zu tun.

     

    Und genau damit Argumentiert die Handelskammer eben.

    Eine Automechanikerin verdient eben zu 98-99% das gleiche wie ein Automechaniker.

     

    die frage ist jedoch wieso viele "Frauenberufe" oft durch geringe/minimale Aufstiegschancen und geringeren Lohn gekennzeichnet wenn man diese mit typischen "Männerberufen" vergleicht, trotz vergleichbarer Ausbildungslänge.

     

    Dies ist neben "Ehegattensplitting", nachweisliche Nachteile für Frauen bei Beförderungschancen einer der Gründe für die große Kluft.

     

    Ich würde das Problem ganz anders lösen.

     

    1: Verbesserung der Situation im Niedriglohnsektor. Etwa 70% der Beschäftigten die Mindestlohn bekommen sind Frauen. Verbessert man die Bedingungen hier um diese etwas näher an den mittleren Lohnsektor anzunähern so verbessert sich auch die % Gesammtlage der Frauen da dies sie mehr betrifft.

     

    In Hamburg kann keiner für den Mindestlohn Arbeiten und Leben, auch nicht in Frankfurt, dafür sind die Mieten zu hoch, regionale Unterschiede sollten gemacht werden.

     

    Grundsätzlich finde ich es vollkommen verwerflich das jemand der sein ganzes Leben lang arbeitet am Ende das gleiche kriegt wie jemand der noch nie gearbeitet hat.

     

    Der Mindestlohn sollte eine gewisse Altersabsicherung ermöglichen.

     

    2: Der Mindestlohn in seiner jetzigen Form ist unzureichend. Wie wäre es mit einer Staffelung? Mindestlohn für Personen in Ausbildungsberufen.

     

    Das Land braucht dringend mehr Alten und Krankenpfleger bereits Mittelfristig von Langfristig ganz zu schweigen. Eine gerechtere Bezahlung könnte zumindest eine Verbesserung des Anreizes zur Folge haben.

  • alles was ich dazu höre ist Frauen, Chefetage - blablabla.

     

    Was ist den mit den anderen typischen Männerberufen? Straßenbauer, Maurer, Elektriker, Trokenbauer, Fäkalien Abpumper, Fliesenleger oder ähnliche?

    • 8G
      85198 (Profil gelöscht)
      @Klappstuhl:

      Das Patriarchat macht den (männlichen) Körper zum Produktionsmittel (bis er kaputt ist). Wie viele Frauen arbeiten auf Montage?- Es sind traditionell Männer, von denen selbstverständlich verlangt wird, dass sie auf ihre Teilhabe an Familie oder andere soziale Kontakte auf ein Minimum beschränken und ihre Gesundheit zur Disposition stellen.

      So gibt es zwar ein Menschenrecht zum Schutz der Mutterschaft, aber kein Pendant für Väter. Wehrpflicht ist männlich - Männer sind entbehrlich(er) bei der Reproduktion der Nation.

       

      Für im Jahr 2015 geborene Mädchen betrug die Lebenserwartung im Schnitt 5 Jahre und 1 Monat länger als für Jungen, das sind 6,5% mehr Lebenszeit. Bei einem Renteneintrittsalter von 65 Jahren sind das 40% mehr Rente für Frauen - bei gleicher Beitragshöhe. Wird bis 67 gearbeitet, erhöht sich dies sogar auf 47%. Durch biologische Faktoren läßt sich diese Renten- und Lebenslücke nicht erklären.

       

      Polemisch gesagt: Ich hätte lieber 6,5% mehr Lebenszeit als 7% mehr Lohn.

      Was nicht heißen soll, es sei in Ordnung, wenn Frauen weniger "verdienen" als ihre Kollegen oder in sogenannten Frauenberufen mit geringeren Löhnen abgespeist werden.

       

      Es wäre gut, wenn mehr Männer das Patriarchat auch als ihr Problem begreifen würden - und sie für eine verschiedene Sichtweise auf patriarchale Machtstrukturen (die von Männern UND Frauen reproduziert werden!) nicht gleich zum Sexisten gestempelt werden.