piwik no script img

Das war die Woche in Berlin ISehschwäche auf rechtem Auge

Wegen Mordes an Luke Holland wurde Rolf Z. zu einer Haftstrafe von elf Jahren und sieben Monaten verurteilt. War Z. ein Rassist?

Anwalt Daimagüler und die Eltern Rita und Philip Holland sind überzeugt: Das war Rassismus Foto: dpa

Hitlerbüste, Bild der NS-Führungsriege, Karte des deutschen Reichs – all das fanden Behörden in der Wohnung von Rolf Z. Eines konnte ihm dennoch nicht nachgewiesen werden: ein rassistisches Tatmotiv. Das Berliner Landgericht verurteilte den 63-jährigen Z. wegen Mordes an dem Briten Luke Holland zu elf Jahren und sieben Monaten Haft. Im September vergangenen Jahres hatte Z. den 31-Jährigen in Neukölln mit einer Schrotflinte erschossen.

Während des Prozesses wurden materielle Beweisstücke um Hinweise auf die politische Einstellung des Täters ergänzt. Unmut über englisch- und spanischsprachige Gäste in der Kneipe Del Rex, vor der er Holland tötete, soll er geäußert haben. Er soll sich zudem darüber beschwert haben, dass es immer weniger „deutsche Kneipen“ geben würde.

Dass der Name Rolf Z. auch im Fall des im Jahr 2011 ebenfalls in Neukölln ermordeten Burak B. auftaucht, warf zusätzliche Fragen auf. Die „Initiative für die Aufklärung des Mordes an Burak B.“ beobachtete den Holland-Prozess penibel. Weil die Eltern des Getöteten Beweise genug sahen, blieben sie bei der Überzeugung: Ihr Sohn musste sterben, weil er kein Deutscher war.

Weil es einen Rechtsstaat gibt

Das Gericht jedoch befand anders. Weil Rolf Z. sein Schweigen nicht gebrochen habe, bleibe ungewiss, ob er aus rassistischen Motiven tötete. Weil es einen Rechtsstaat gebe, könne man nur auf der Basis von Tatsachen und keinesfalls von Spekulationen urteilen, betonte Richter Bernd Miczajka. Trotzdem beklagen die Prozessbeobachter von der Initiative auf ihrer Website ein „Nicht-Ernstnehmen, Entpolitisieren und Verharmlosen“ möglicher politischer Motive.

Dabei geht es ihnen nicht um den Rechtsstaat an sich, sondern darum, dass dieser spätestens seit Bekanntwerden der NSU-Morde unter dem Verdacht steht, eine Sehschwäche auf dem rechten Auge zu haben. Mehmet Daimagüler, Anwalt der Eltern von Holland und auch von Nebenklägern im NSU-­Prozess, schrieb deshalb auf Face­book: „Diese Verhandlung ist zu Ende. Der Kampf geht weiter.“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!