Bundesrat zu sicheren Herkunftsländern: Blutige Nase für die Regierung

Auf Antrag Thüringens stimmt der Bundesrat am Freitag nicht wie geplant über „sichere Herkunftsstaaten“ ab. Wie es weitergeht, ist unklar.

Blick in den Plenarsaal des Bundesrats

Keine Einwände: Zu Beginn der Bundesrats-Sitzung wurde die Abstimmung von der Tagesordnung gestrichen Foto: dpa

BERLIN taz | Die Bundesländer haben am Freitag das Gesetz über die sicheren Herkunftsstaaten im Bundesrat von der Tagesordnung genommen. Das rot-rot-grün regierte Thüringen stellte zu Sitzungsbeginn den Antrag, das Thema zu streichen. Aus den anderen 15 Bundesländern gab es keine Einwände dagegen. Der Deutschen Presse-Agentur hatte Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow zuvor gesagt: „Wir möchten das Angebot unterbreiten, über Asylverfahrensfragen und Statusrechte, die mit diesen Fragen verbunden sind, noch einmal gründlich in Gespräche einzutreten.“

Das vom Bundestag am 18. Januar verabschiedete Gesetz sah vor, Georgien, sowie die Maghrebstaaten Algerien, Tunesien und Marokko als sichere Herkunftsstaaten einzustufen. Das hätte Asylverfahren beschleunigt, weil dadurch von vornherein angenommen würde, dass in den betreffenden Staaten weder politische Verfolgungen noch Folter stattfinden. Asylanträge von Menschen aus diesen Ländern würden zügiger bearbeitet und in der Regel als unbegründet abgelehnt.

Die grün mitregierten Länder, mit Ausnahme Baden-Württembergs, hatten angekündigt sich zu enthalten. Die Länder, in denen die Linke mitregiert, hätten ebenfalls nicht mit „ja“ gestimmt. Insofern hätte die nötige Mehrheit von 35 Stimmen gefehlt, um das Gesetz zu verabschieden. Ein ähnliches Gesetz war bereits 2017 im Bundesrat gescheitert.

Die Länder hatten in der Nacht zuvor noch darum gefeilscht, wer den Antrag auf Streichung stellt. Schließlich ergriff Thüringen die Initiative. Der Thüringer Staatssekretär Malte Krückels sagte der taz, wenn das Gesetz wiederum abgelehnt worden wäre, wäre es voraussichtlich im Vermittlungsausschuss gelandet. „Doch worüber hätte man dort verhandeln sollen. Man könnte Marokko ja nicht als halbes sicheres Herkunftsland anerkennen.“

Thema solle auf EU-Ebene behandelt werden

Das bedeutet: Über das Gesetz selbst sind die Meinungen ausgetauscht. Auch in anderen Bundesländern gibt es wenig Neigung, erneut allein über sichere Herkunftsstaaten zu debattieren. Aus Baden-Württemberg heißt es, das Thema der sicheren Herkunftsstaaten müsse eigentlich auf der europäischen Ebene behandelt werden. Sinnvoller sei es, über Asylverfahren zu reden.

Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow hatte im November Bereitschaft signalisiert, einem Gesetz über sichere Herkunftsstaaten zuzustimmen, wenn im Gegenzug hier lebende Geflüchtete besser integriert werden. Er forderte eine Altfallregelung und einen Spurwechsel, der abgelehnten Asylbewerbern in Job oder Ausbildung erlaubt, in Deutschland zu bleiben.

Wie es nun weitergeht ist unklar. Theoretisch könnte die Bundesregierung das Thema sichere Herkunftsstaaten erneut auf die Tagesordnung setzen. Und sich vermutlich wieder eine blutige Nase holen.

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