BP gegen die USA: Der Mammutprozess
Duell der Giganten: Der Ölkonzern BP soll der US-Regierung Milliarden für entstandene Umweltschäden durch die Ölkatastrophe 2010 zahlen.
WASHINGTON taz | Die US-Regierung und die betroffenen Golfstaaten forderten von BP eine Entschädigungssumme von 16 Milliarden Dollar, berichtete das Wall Street Journal am Sonntagabend. Der Ölriese hingegen ist nach bisherigen Informationen bereit, wegen Verstößen gegen das US-Gesetz zur Wasserreinhaltung bis zu rund fünf Milliarden Dollar zu zahlen. Der Konzern äußerte sich in den vergangenen Tagen offen vergrätzt über die „exzessiven Forderungen“ aus Washington, die völlig überzogen seien.
Vor allem zwei Streitpunkte stehen einer Einigung im Weg: Die Frage, ob BP die Ölkatastrophe im Golf von Mexiko durch „grobe Fahrlässigkeit“ verursacht hat. Und die Menge des ausgelaufenen Öls.
Wenn das Gericht unter dem vorsitzenden Richter Carl Barbier dem Konzern nachweisen kann, dass bei den Bohrarbeiten auf der Plattform „Deepwater Horizon“ grob fahrlässig gehandelt wurde, muss BP nach dem US-Gesetz zur Wasserreinhaltung (Clean Water Act) bis zu 4.300 Dollar pro ausgelaufenes Barrel Rohöl zahlen.
Andernfalls läge die Strafe bei einem Satz unterhalb der 2000-Dollar-Marke. BP wehrt sich massiv gegen diese Anklage. Nach Meinung des Konzerns haben Fehler seiner Mitarbeiter sowie der des Plattformbetreibers Transocean und der Versorgerfirma Halliburton zu dem Desaster geführt.
4,9 oder 3,1 Millionen Barrel?
Nach Berechnungen der Kläger liefen nach der Explosion der Plattform im April 2010 rund 4,9 Millionen Barrel Rohöl aus der sprudelnden Macondo-Quelle ins Meer. BP hingegen wehrt dies als „aufgeblasene Angaben“ ab. "Wir glauben, dass diese Schätzung um mindestens 20 Prozent übertrieben ist", sagte der Chef des BP-Anwälteteams Rupert Bondy. Er geht von höchstens 3,1 Millionen Barrel aus.
BP hat sich bisher auf die Zahlung von insgesamt rund 38 Milliarden Dollar - Strafen, Einigungssummen und Aufräumkosten – für die größte Ölkatastrophe in der US-Geschichte verpflichtet. Elf Menschen kamen dabei ums Leben. Zahlreiche weitere trugen dauerhafte gesundheitliche Schäden davon.
Der Ölriese hat sich bereits mit den meisten Betroffenen sowie mit den Strafverfolgungsbehörden in den USA geeinigt. Nun stehen die Zahlungen für fünf Bundesstaaten sowie die US-Regierung an - unter anderem auch für Tourismusausfälle. Auch der Konzern hat durch das Öldesaster schwer gelitten, dessen Gesamtkosten er auf 42 Milliarden Dollar schätzt. Phasenweise rutschte BP durch die Belastungen in die Verlustzone.
„Ein Verfahren wie dieses hat es noch niemals gegeben“, so der Umweltjurist David Uhlmann am Sonntag in der Washington Post. „Die Richter mussten niemals vorher über einen Umweltfall urteilen, der ein solches Maß an menschlicher Tragödie, wirtschaftlicher Verluste und ökologischen Desasters gleichzeitig beinhaltete.“
Die größte Ölkatastrophe in der Geschichte der USA zieht eines der größten Gerichtsspektakel der Welt nach sich. Eine ganze Armada von Richtern und Anwälten wird daran – teils im Saal, teils über Videokonferenzen teilnehmen.
Die Kläger haben eine Plattform von 300 Juristen aufgestellt - BP fährt mit einer ähnlichen Zahl auf. Allein die Eröffnungsstatements der elf beteiligten Parteien werden 400 Minuten dauern. Die Liste der Beweisstücke umfasst fast 1000 Seiten.
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