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Aufregung um „Winnetou“-BuchMan muss loslassen können

Anne Diekhoff
Kommentar von Anne Diekhoff

Die Welt von Karl May gehört für viele zu lieb gewonnenen Kindheitserinnerungen. Das rechtfertigt aber nicht, gegenüber Unrecht und Rassismus blind zu sein.

Winnetou und Old Shatterhand im Jahr 1963 – die Helden der Kindheit, heute nicht mehr zeitgemäß Foto: Courtesy Everett Collection/imago

G roße Aufregung: Es geht Winnetou an den Kragen. Der Ravensburger Verlag entschied sich nach Rassismuskritik dafür, das Buch zum aktuellen Kinderfilm „Der junge Häuptling Winnetou“ vom Markt zu nehmen. Natürlich folgte reflexartig der Cancel-Kultur-Aufschrei. Die sich wiederholende Spirale ist nervig, aber wohl vorerst nicht zu umgehen – die Gesellschaft arbeitet an ihrer Veränderung, und das verlangt schmerzhafte Umdenkprozesse vor allem bei denen, die das nicht für nötig halten.

Wer mit Karl Mays Winnetou-Universum aufgewachsen ist, hat vermutlich viel Kindheitszeit damit verbracht, sich in diese Welt hineinzuträumen, in einen „Wilden Westen“, wo nach aufregenden Abenteuern das vermeintlich Gute siegt. So jemanden kann es auch als Erwachsenen hart treffen, wenn im Nachhinein all das für schlecht erklärt wird. Das ist verständlich: Kindheitsträume sind etwas sehr Persönliches. Und man kann Kindern von damals nicht vorwerfen, stereotype Darstellungen indigener Menschen nicht erkannt zu haben. Das nötige Wissen war nicht überall. Heute aber ist das der Fall.

Und viele der alten Fans, wie sicher auch Sigmar Gabriel, der seine Winnetou-Loyalität per Tweet in die Welt posaunte, wissen eigentlich, dass die Gesellschaft sich weiterentwickelt hat. Sie können es ignorieren, doch dann müssen sie in Kauf nehmen, dass ihr Verhalten von anderen als ignorant aufgefasst wird. Es geht ja auch anders – man kann die Helden der Kindheit mit neuem, informiertem Blick betrachten und akzeptieren, dass die alte Sichtweise sich nicht halten lässt. Man kann anerkennen, dass Old Shatterhand als Kolonialist nach Amerika kommt und zunächst als Vermesser für die Eisenbahn an der Landnahme und also Enteignung der indigenen Bevölkerung beteiligt ist.

Niemand muss sich seine persönlichen Kindheitserinnerungen kaputtmachen lassen. Aber dass die Winnetou-Verherrlichung einfach so weitergehen soll, als hätte die Kritik daran nichts mit dem Kampf um eine gerechtere Welt zu tun, ist rücksichtslos. Man muss auch loslassen können.

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Anne Diekhoff
Nordeuropa-Korrespondentin
Seit 2022 bei der taz. Zuerst Themenchefin in Berlin, derzeit Korrespondentin mit Sitz ziemlich weit oben in Schweden. Frühere Redaktionen: Neue Osnabrücker Zeitung, Funke Zentralredaktion und watson. Früherer Job im Norden: Sommer 1993, Trolle verkaufen am Fjord. Skandinavistin M.A.
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77 Kommentare

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  • Moderation , Moderator

    Vielen Dank für eure Beiträge, wir haben die Kommentarfunktion geschlossen.

  • hoffentlich findet niemand aus der Szene die Comics von Umpah-Pah, Blueberry und LuckyLuke (wobei letzterer ja schon das Rauchen aufgeben "musste")

  • Und ich war immer so naiv und dachte es ginge da um eine unverückbare Freundschaft.



    Und jetzt erkenne ich, dass es um Machtgefälle, Landnahme und Stereotye geht. Da ist schon hart.

  • Man muss in dieser Debatte schon etwas unterscheiden. Der Film "Der junge Winnetou" ist, soweit man das nach Rezensionen und Trailern beurteilen kann, ziemlich schlecht, eben weil er die Geschichte einfach ungebrochen weiterschreibt, so als wäre zwischen den älteren Winnetoufilmen und heute nichts passiert. Man hätte die heutigen Antirassimus- und Postkolonialismusthemen natürlich irgendwie subtil einfließen lassen und thematisieren können bzw. sollen/müssen, weil der Film so ganz langweilig und altbacken ist. Heute einen Indianerfilm drehen, in dem alle Indianerdarsteller geschminkte Kauksier sind, ist sicher auch völlig daneben bzw. unsensibel. Ein Film muss immer den Zeitgeist mitnehmen, in dem er gemacht wurde, und das ist heute eben dieser.



    Andererseits wäre es sicherlich ebenso langweilig geworden, wenn der Film sich die belehrend-paternalistische Prüderie der überzeugten Vertreter dieser Weltanschauung zu Eigen gemacht hätte. Man muss das eine wie das andere brechen, um etwas Interessantes und Weiterführendes zu schaffen. Das fehlt diesem Film und die Begleitbücher sind wohl nicht besser. Von daher ist die Rücknahme jetzt kein Beinbruch.

  • "Niemand muss sich seine persönlichen Kindheitserinnerungen kaputtmachen lassen."

    Erzählen Sie das mal Frau Jarasch in der Causa "Berufswunsch Indianerhäuptling", die so heftig "geshitstormt" wurde, das sie sich für ihren Kindheitstraum öffentlich entschuldigen musste.

  • 1G
    17900 (Profil gelöscht)

    Man muss sich auch mal fragen, welche Altersklasse hier so eine absurde Diskussion anfeuert.

  • Ich gestehe, ich habe über 70 Karl May Bände gelesen, die Winnetou-Bände sicherheitshalber gleich 3x. Die langwierigen Naturschilderungen überblättert, bis es wieder zur Sache ging. Das war in den 70ger Jahren, von denen viele heute sich nicht mehr vorstellen können, dass man die unbeschadet überleben konnte. Ging aber. Und es war mir damals auch sonnenklar, dass Karl May nicht pc ist. Auch Lederstrumpf oder Tecumseh nicht. War aber wegen der Suspense wumpe.



    Inzwischen ist das alles derart aus der Zeit gefallen, dass kein Kind das aus dem Krabbelalter raus ist, damit noch hinter dem Ofen hervorgelockt werden könnte. Und das ist auch gut so. Warum sollte man auch diskriminierende Narrative tradierten? Natürlich gehen mit die Wokis trotzdem auf'n Keks aber aus anderen Gründen.

  • OH, MON DIEU, - SIE REITEN WIEDER ?!?



    De französisch Rotarsch un de säxsche Weißbrotpranke? De Heiptling un sei händchehaltend Brüderle? - Un hinnerdrein de ganz Bagage vom Hobbyiste-Spielplotz - met Kriegstamtam, Feder inne wedelnde Skalps-Frisur un Zensorscheer inne Griffel? Un wieder darf kaaner lache?



    Uns bleibt aber auch wirklich nichts erspart - GNADE !

  • Ich habe nur ein Karl May Buch gelesen: Durchs Wilde Kurdistan.



    Danach hatte ich genug vom überbordend geschilderten Heldentum und den immer den Feind durch scheinbar geschlossene Augen beobachtenden Helden, die sich schlafend oder tot stellten. So viel Blödsinn konnte ich schon mit 8 Jahren nicht verkraften. Ich wusste, dass das noch nicht mal bei meiner Mutter klappte. - Ansonsten hatte ich damals wenig Meinung von all dem, fand nur immer doof, dass die schöner angezogenen "Indianer" in den Westernfilmen nachher tot waren und die hässlichen "Cowboys" überlebten. Waren bei mir damals eher ästhetische Gründe, später konnte ich anders darüber nachdenken und wundere mich, dass es erst jetzt so richtig los geht. Danke Ravensburger, übrigens, für den Mut und die gut formulierte Begründung.

  • Tja, Pech. Es IST aber eben Cancel Culture. Sogar doppelt. Nicht nur macht man sich über einen harmlosen Kinderfilm her, der nebenbei bemerkt das Interesse vieler Kinder an indianischer (ich weiß) Kultur weckt.

    Man cancelt auch gleich den echten Rassismus weg: die USA haben die First Nations fast völlig ausgerottet und noch heute vegetieren viele in Reservaten. Das ist den angeblichen Verfechtern des Kampfs gegen Rassismus aber wohl zu heikel. Also müssen solche Schwachsinnsaktionen her.



    DAS ist Rassismus, wenn man sich an solchen idiotischen Dingen abarbeitet und den echten Rassismus laufen lässt. Kinder dürfen nicht als Indianer verkleidet gehen, aber der zu Tode verbrannte Asylant in Polizeigewahrsam bleibt ungesühnt.

    Danke Cancel (Un)culture

  • So mal ganz nebenbei: Es geht doch gar nicht um um ein Werk aus dem reichen Schaffen Karl Mays ,sondern um ein Buch das mehr als 100 Jahre nach seinem Tod geschrieben wurde. Und das "Buch zum Film" ist.Wird der jetzt eigentlich auch abgesetzt ,wird es in der nächsten Zeit Kinobesetzungen,etc. geben oder sich Leute an die Leinwand kleben?

  • [...] Beitrag entfernt. Bitte beachten Sie die Netiquette. Vielen Dank! Die Moderation

  • "...dass Old Shatterhand als Kolonialist nach Amerika kommt und zunächst als Vermesser für die Eisenbahn an der Landnahme und also Enteignung der indigenen Bevölkerung beteiligt ist" würden wir ihm nie verzeihen - wenn er keine Romanfigur wäre. Das ist doch eine vollkommen absurde Debatte.

    • @Jochen Laun:

      Da fehlt eigentlich jedes Verständnis von Geschichte als "andere Zeit", finde ich auch absurd. Dazu kommt, dass Old Shatterhand ja offensichtlich die Rolle des "White Ally" spielt, der zur Gruppe der Herrschenden gehört und im Prinzip auch für deren Taten mitverantwortlich ist und an ihren Provilegien teilhat, sich aber trotzdem auf die richtige Seite schlägt. Gerade so eine Gestalt müsste für Weiße Antirassisten doch eigentlich Identifikationsmöglichkeiten bieten. Es sei denn, die heutigen "Allies" möchten an ihre eigenen Leichen im Keller auch gar nicht ran, sondern identifizieren sich ausschließlich mit den Guten, ohne ihre Vergangenheit zu reflektieren. Geschichtsblind halt.

    • @Jochen Laun:

      ...Während die Kolonialmächte, die genau das heute noch machen gefeiert werden für ihren "Schutz vor Terrorismus" und für ihr "Engagement in Afrika"

  • „Die sich wiederholende Spirale ist nervig”: total richtig, es ist extrem nervig immer wieder denselben cancel Schwachsinn mitmachen zu müssen, erst recht wenn die Kritik von nicht mal selbst betroffenen kommt.

  • Die Jugendlichen und Kinder von heute können sich schon mal darauf vorbereiten, ihren Kindern später nichts mehr von ihrer eigenen Kindheit zu erzählen - das ist bestimmt dann alles überholt und man hat inzwischen massig Fehler in Filmen, Serien, Büchern, Liedern, Spielen und Ritualen entdeckt.



    Man muss nicht an dem Winnetoubuch hängen. Viele können bestimmt gut ohne weiterleben.

    Was einem aber Angst machen sollte, ist die mögliche Entwicklung, das alles, was sich nur ein kleines bisschen vom Mainstream, vom "Erlaubten" und Etablierten entfernt, möglicherweise in Zukunft und den lauten Protest einer kleinen Minderheit in vorauseilendem Gehorsam gecancellt werden könnte. Vor allem also Kunst - Literatur, Filme, Serien, Musik, Bilder, Skulpturen usw. - möglicherweise aber auch Sachbücher, Dokus, wissenschaftliche Forschungen, die Einzelne beleidigen.



    Möchten diejenigen, die sich jetzt empören, im Alter auch ganz still sein, weil sich die Welt und die Kultur verändert hat und das, was heute noch akzeptiert ist, was sie kennen (auch Lieder, Sprüche, Lieblingsessen etc.) vielleicht inzwischen jemanden beleidigt, veraltet ist und nicht mehr offen verwendet werden darf? Wie sieht das mit 70 bis 90 aus, wenn einem Veränderungen schwer fallen und man nicht mehr jedes moderne Konzept verstehen kann? Hat man dann einfach gelernt zu schweigen?

    Was, wenn man irgendwann mit erlaubten Begriffen nicht mehr mitkommt und dann als Rassist, Sexist oder sonstwas gebrandmarkt wirkt, weil man selbst an so einer Entwicklung mitgearbeitet hat?

  • Karl May hat mich durch seine Romane nachhaltig zur Antirassistin und fast perfekten Pazifistin gemacht.



    Mir scheint, die Kommentatorin hat keinen seiner Romane gelesen, sondern nur Wikipedia oder Ähnliches bemüht.



    Ich allerdings habe ab dem Alter von 15 auch nichts mehr von ihm gelesen, daher habe ich keine Ahnung, wie seine Romane jetzt, knappe 50 Jahre später, wirken könnten.



    Trotzdem sehe ich ihn als einen Autor von sehr positiven Werten, wenn auch Hochstapler.

  • Man muss loslassen können - das ist sicher eine wichtige menschliche Eigenschaft in einer dynamischen Welt.

    Am schönsten ist es, wenn alle anderen loslassen müssen und man selber sich ohne alle Zweifel auf dem aufsteigenden Weg zur DER richtigen und besseren Welt befindet.

    Viele Menschen heute sind vermessen und verblendet. Was hat Karl May mit Rassismus zu tun? Es scheint sich mir eher um normale demokratische Vorgänge zu handeln, dass alle möglichen Gruppen sich gegenseitig ankotzen, über einander entsetzt sind, alle im Besitz der Wahrheit für alle Menschen sind - und das ganze sortieren wir nach den demokratische Regeln aus. Die sind nicht schön, keiner hat am Ende so richtig Recht für seine tiefsten Wahrheiten bekommen - aber so ist das nunmal in der Demokratie.

    Sorry für die klare Sprache. Aber ich trage es gerne, dass auch Leute mich ganz schlimm finden. Das gehört auch zur Welt und zum Menschsein.

  • Ich bin mit Pierre Brice aufgewachsen. Wenn die Filme liefen saß die ganze Familie vor dem Fernseher. Niemand hat sich darüber aufgeregt, weil allen klar war: das sind Geschichten.



    Und ich wusste durchaus, daß die Geschichte des Wilden Westens eine ganz andere war. Es gab und gibt genügend Sachbücher dazu. Zu meiner Zeit sehr beliebt: Was ist Was?



    Man traute uns Kindern durchaus zu, zu verstehen, daß das alles Fantasie ist. Man war auch der Überzeugung, dass Kinder durch Bücher lernen und selbstbewusster werden. Mit der Hispanola auf die Schatzinsel. Mit Lederstrumpf durch den Wilden Westen. Mit Ahab gegen den weißen Wal. Und Winnetou stand für Tapferkeit, Treue und Mut. Und ich möchte alle Abenteuer die ich durch diese Bücher erfahren habe nicht missen. Wann nimmt man sich eigentlich 'Der letzte Mohikaner' vor? Oder Moby Dick wegen des Tierschutzes. Ahab ist ja nun auch nicht 'von schlechten Eltern'. Könnte Kinder auch verstören.😋



    Und nicht vergessen: 'Wer die Nachtigall stört' oder 'Onkel Toms Hütte'. Rassismus und Sklaverei. Durch diese Bücher habe ich gelernt, was im Süden der USA in den 50/60ern so abgeht bzw. was Sklaverei eigentlich bedeutet.



    Was im Augenblick abläuft ist bedenklich.

  • Verglichen mit dem Nivaeu, auf dem K.M.bisher rezipiert wurde, ist dieser Text leider nicht ernst zu nehmen.

  • Zur Erinnerung, in der aktuellen Diskussion geht es um das im Ravensburger-Verlag veröffentliche Begleitbuch zum Film Der junge Häuptling Winnetou, nicht um Karl May.

  • Bei Karl May fällt mir immer das Zitat von Rafik Schami ein:

    „Bei Allah, dieser Karl Ben May hat den Orient im Hirn und Herzen mehr verstanden als ein Heer heutiger Journalisten, Orientalisten und ähnliche Idiotisten.“

    Nicht alle, über die er geschrieben hat, scheinen ihn also gleich zu bewerten.

  • Auch mit 10 wollte ich mehr über die echten Indianer wissen und fand zusätzlich andere Bücher mit historischen Daten. Ich brauche keine Bevormundung von meinungsstarken Journalisten.

  • Was macht es eigentlich besser, wenn Indianer als Indigene oder Natives oder Ureinwohner bezeichnet werden? Mal ganz offen und ehrlich, ändert sich dadurch unsere Sichtweise?

    Wer hat was davon, wenn keine Geschichten, keine Sagen und Märchen mehr erzählt werden dürfen?

    Karl May war übrigens in der DDR bis Ende der 80er Jahre verboten, war für über 30 Jahre "Schund- und Schand-Literatur". Hat seiner Popularität nicht geschadet, im Gegenteil. Und man darf davon ausgehen, dass die SED gut im canceln war ...

  • Die Autorin schreibt: "Es geht ja auch anders – man kann die Helden der Kindheit mit neuem, informiertem Blick betrachten und akzeptieren, dass die alte Sichtweise sich nicht halten lässt. Man kann anerkennen, dass Old Shatterhand als Kolonialist nach Amerika kommt und zunächst als Vermesser für die Eisenbahn an der Landnahme und also Enteignung der indigenen Bevölkerung beteiligt ist."

    Nun, wenn die Autorin Winnetou I gelesen hätte, dann wüsste sie, dass genau dies bei der Schilderung der ersten Begegnung zwischen Winnetou und Old Shatterhand seitenlang thematisiert wird. Nur mal ein Zitat daraus: Intschu-Tschuna, Winnetous Vater, sagt über Old Shatterhand: "... Da hat man endlich einmal ein junges Bleichgesicht gesehen mit einem tapferen Herzen, offenem Gesicht und ehrlichen Augen, und kaum hat man gefragt, was es hier tut, so ist es gekommen, um uns gegen Bezahlung unser Land zu stehlen. Die Gesichter der Weißen mögen gut sein oder bös, im Innern ist doch einer wie der andere!“



    Und unmittelbar danach heißt es im Buch aus der Perspektive des Ich-Erzählers des Buchs, Old Shatterhand : "Wenn ich ehrlich sein will, so muss ich sagen, dass ich keine Worte zu meiner Verteidigung hätte finden können; ich fühlte mich innerlich beschämt. Der Häuptling hatte recht; es war so, wie er sagte. Konnte ich etwa stolz auf meinen Beruf sein, ich streng moralischer, christlicher Landesvermesser?"

  • Man kann die Vergangenheit nicht ändern. Also soll man nicht so viel Aufhebens machen, von damals sehr erfolgreichen Autoren wie Karl May oder auch Mark Twain, die ja den Rassismus durchaus kritisch betrachtet haben.

  • Bei jeden selbständig denkenden Menschen müssen die Alarmglocken schrillen, wenn das Essen, die Lektüre, der Haarschnitt, das Fortbewegungsmittel usw. von angeblich progressiven Gruppen vorgeschrieben werden sollen. Am Ende geht es um die Freiheit des Denkens und des Handelns und hiermit scheint der Artikel ein Problem zu haben.

  • So viel ich weiß geht es um Kinderbücher, wie jemand auch vom Verlag sagte Märchenbücher für Kinder.



    Schon am Film wurde von einigen laut herumgemeckert. Jetzt die Bücher aus dem Verkauf zu nehmen finde ich schlimm. Und skandalisieren der kulturellen Aneignung ist sehr gewagt.



    Mittlerweile gibt’s in Deutschland italienische Pizza. Ist das auch eine kulturelle Aneignung?

  • Es gibt so einige Interessenten, die das Bild von durch Kolonialismus beeinträchtigen revidiert sehen wollen. Denen kommen fiktionale Geschichten, die nicht 100% wissenschaftlich korrekte aber positive Bilder zeichnen passend um gegen "Postkolonalismus" anzuwettern.

    Antirassissmus wird vermehrt von rechts instrumentalisiert.

  • Liebe Anne, auch Frau sollte kennen wa sie "bespricht"! :-)



    .



    Old Shatterhand der alte Sachse ist erst im Alter > 60 über Sachsen hinaus gekommen, hat seine Heldentaten am Scheibtisch vollbracht & wurde vom Greenhorn in krzer Zeit zm engagierten Freund aller Nativs incl. Pazifist!



    .



    Das sind "Märchen" die K.May geschrieben hat. Märchen die vom Inhalt,politisch Menschlich für die Zeit in der sie entstanden sind, weit von dem entfrent waren, was D vermtoete,



    Goethe, Faust & Gretchen, da steckt Stoff für viel me-too drin. Doch die "Indianergeschichten von der Jahrhndertwende ... lass es bleiben.



    .



    Den "frommen Touch" kann Frau bekriteln, der Rest ist Fiktion!



    Brummt Sikasu

  • Ein reines Phantasie-Buch als Kolonialismus zu verreissen, ist schon sehr eigenwillig.



    Und warum ist der Vermesser an der Landnahme beteiligt? Humboldt auch, oder?



    Die Vermessung der Welt ist unschuldiger Wissensdrang. Und die Eisenbahn ein Verkehrsmittel.



    Ja - es wurde auch von bösen Menschen benutzt, und es hat deren Taten sehr erleichtert. Aber es ist ein Instrument - aktuell zufällig ein wichtiger Baustein der Verkehrswende.



    Ist der Bootsbauer der Mayflower auch für den Evangelismus der Nachfahren mitverantwortlich?

  • Winnetou war mein (ich: Frau) Held und auch eine Identifikationsfigur. Und hat mich dazu gebracht, mich mit der Geschichte der nordamerikanischen Ureinwohner:innen und deren Kolonisierung und Ausrottung zu beschäftigen (Wounded Knee, Trail of Tears, Oklahoma Indians, Yakima Indians, derzeitige Reservationen.....). Will man verhindern, dass Kinder positive Phantasien haben und Neugierde entwickeln? Offenbar.

  • Loslassen MUSS man gar nichts. Man kann es im Herzen behalten, gerne auch mit dem Wissen von heute noch mal lesen. Übrigens hab ich auch als Jugendliche schon beim Lesen von Karl May einige Stellen als "aus heutiger Sicht nicht richtig" erkannt, völlig ohne das Wissen über die Entstehungsgeschichte der USA. Ja, auch Heranwachsende können schon denken!



    Man braucht es der Jugend von heute ja nicht auf die Leseliste setzen, wenn man keine Lust hat, sich mit dem Kind über die damaligen sozialen Hintergründe zu unterhalten und die zwischenzeitlich erfolgten Erkenntnisse zu erklären.



    Vielleicht könnte es dieses neue Buch ja doch geben - mit Anmerkungen und Annotationen, warum manche Dinge damals so gesehen und gesagt worden sind, und welche auch heute noch Auswirkungen haben. Das lässt sich bestimmt in ein kindgerechtes Erklärformat bringen - wenn man sich damit beschäftigen will.

    • @Tetra Mint:

      "Kindgerechte" Bücher waren der Horror meiner Kindheit. Ich fühlte mich schon im Alter von 12 verarscht mit derartigem Müll.

  • Als kleines Kind habe ich Winnetou geliebt. Mit 11 habe ich "Begrabt mein Herz an der Biegung des Flusses" geschenkt bekommen und fand danach Winnetou nur noch doof. Karl May hatte null Ahnung von dem was er schrieb und reproduzierte nur dumme Klischees. Nach Schröders Currywurst nun Gabriels Winnetou. War für die Zeit ok, aber die Zeiten ändern sich. Kann weg.

  • Der "Cancel-Kultur-Aufschrei" ist vollkommen berechtigt. Die Winnetou Geschichten sind weit davon entfernt in irgendeiner Form "Unrecht und Rassismus" zu verbreiten - eher ist genau das Gegenteil ist der Fall.



    Allein die Vorstellung, eine Winnetou-Zensur diene dem "Kampf um eine gerechtere Welt", ist so abstrus, dass sich egtl. jede Debatte darüber erübrigt.



    Wenn sich dauerempörte Kämpfer gegen "Kulturelle Aneignung" (die dümmste Debatte aller Zeiten, zumindest bis zur Feststellung) und co daran stören, dass Fantasygeschichten nicht der Realität entsprechen, sollen sie bei der Tagesschau bleiben, und um jede Form von Kultur einen großen Bogen machen.



    Oder zumindest einen einzigen real existierenden Apachen finden, der sich an Karl May stört - ich vermute mal ein aussichtsloses Unterfangen...

  • Das einzig Positive an diesem Kommentar ist der lesenswerte (letzte) Link zum MDR. Auf die Frage, wie denn INDIGENE zu Karl May und dessen Romane stehen, antwortet die Expertin: "Ich kann es ganz schlecht sagen, weil die Debatte hier in Deutschland sehr oft von Leuten geführt wird, die gar nicht persönlich betroffen sind, sondern sich mit von Wissen losgelösten moralischen Ansprüchen in diese Debatte einmischen – was dann vielleicht wieder eine Form von Aneignung ist, wenn sie sich den Standpunkt von Indigenen zu eigen machen, um hier in Deutschland aus einer linksidentitären Sicht solche Debatten zu führen". Und weiter: "Die Indigenen, mit denen wir persönlich im Karl-May-Haus in Hohenstein-Ernstthal in irgendeiner Form zu tun hatten, sind meines Erachtens alle sehr tiefenentspannt. Sie freuen sich, dass sich hier Leute für sie und ihre Kultur interessieren. Da habe ich eigentlich nie irgendwelche Befindlichkeiten wahrgenommen". Mit der Figur des Winnetou hat Karl May die indigene Perspektive so gut berücksichtigt, wie es ihm zur damaligen Zeit möglich war. Es handelt sich nicht um eine historische Abhandlung, sondern um literarische Unterhaltung, die man kritisch reflektieren kann und muss. Aber diesen Text in eine linksidentitäre Moraldebatte hineinzuziehen, die selbst nur so vor Stereotypen strotzt, ist absurd. Traurig, dass der Verlag eingeknickt ist!

  • Mir stellen sich zwei Fragen:

    1. Was ist eigentlich so schwer daran zu verstehen, dass es sich bei Karl Mays Werken um Literatur, Fiktion, also um eine erschaffene Welt handelt? Es geht doch nicht um die Darstellung der Wirklichkeit, sondern um ausgedachte Geschichten, die ihren Ursprung in der Vorstellungskraft eines Autors haben, der Nordamerika nie besucht hat und deshalb gar nicht die wirklichen Verhältnisse kennen konnte.

    2. Wie weit wird die Cancel Culture noch gehen? Ohne kulturelle Aneignung würde es keine Kunst geben, z.B. den Jazz, der sich immer wieder aus dem Wechselspiel zwischen der Erfindungskraft der Afroamerikaner und weißer (oftmals nachahmender) Musiker weiterentwickelt hat. Soll ich als Weißer irgendwann keinen Blues, Bebop, Hardbob oder Funk mehr spielen dürfen, weil dies kulturelle Aneignung ist? Und was ist eigentlich so schlimm an kultureller Aneignung, wenn man sie als Perspektivübernahme (eine wichtige Kompetenz) versteht?



    Über Antworten würde ich mich freuen.

  • Ich frag mich schon die ganze Zeit, warum Fantasygeschichten (und nichts anderes ist es, was May geschrieben hat) auf einmal seziert werden wie wissenschaftliche Veröffentlichungen? Ich lese halt die Fantasybücher, die mir gefallen. Kann ja jede/r für sich selbst entscheiden. Aber anderen vorzuschreiben, was sie lesen sollen und was nicht und ihnen zu sagen, wie sie etwas zu lesen und zu verstehen haben, das ist schon starker Tobak.

    • @Gnutellabrot Merz:

      👍

    • @Gnutellabrot Merz:

      1. Niemand wird etwas "vorgeschrieben". Sie können weiterhin (aus anderen Quellen) Rassismus, Hetze gegen Minderheiten und Geschichtsverfälschung konsumieren, wenn sie scharf darauf sind.

      2. Auch "Fantasy" rechtfertigt keinen Rassismus und dumme Stereotype. Insbesondere wenn die Texte auf MINDERJÄHRIGE zielen, die oft Fiktion nicht von Fakt unterscheiden, sondern damit ihr Weltbild bilden.

      3. Die Schreihälse, die über angebliche Beschränkung der Freiheit fabulieren, beschränken faktisch selber die Wahlfreiheit einer privaten Firma/eines eigenständigen Verlags, zu veröffentlichen was die wollen, zurückzuziehen was die wollen oder einfach nicht zu veröffentlichen.

      Also ja, die Entscheidung ein Buch NICHT zu veröffentlichen gehört ebenso zur FREIHEIT, die ihr auch zu respektieren habt!

  • „Die sich wiederholende Spirale ist nervig, aber wohl vorerst nicht zu umgehen – die Gesellschaft arbeitet an ihrer Veränderung, und das verlangt schmerzhafte Umdenkprozesse vor allem bei denen, die das nicht für nötig halten.“

    Irgendwann mal in der Pubertät/Adoleszenz hängen Jugendliche ihre „Bravo-Poster“ wieder ab. Bisherige Ideale, Idole und Vorbilder werden überdacht, überprüft. Eine faszinierende, schillernde „Manga-Welt“ wird Vergangenheit. Wenn es gut geht, lernen Jugendliche genau das zu überprüfen: Wer verlangt von mir schmerzhafte Umdenkprozesse? Und warum eigentlich? Wer sagt mir, was ich für nötig halten soll und was nicht? Und warum eigentlich? Wo stehe ich und wie denke ich über mich, die anderen und die Gesellschaft? Wenn sie das gefunden haben, können sie anderes loslassen. Und ich behaupte nicht, dass das immer gut geht. Aber wenn, scheint mir das die Voraussetzung für ein Mittun an Veränderung.

  • "Old Shatterhand als Kolonialist"



    Was für ein Weltbild und welch eine Kenntnis der Quellenliteratur kommt da zum Vorschein.



    Old Shatterhand ist die Projektion eines bitterarmen Autoren, der sich und seine Leser in eine Phantasiewelt träumte, in der Gerechtigkeit siegte.

    Was in diesen "Erzählungen" sichtbar wird, ist eine Sehnsucht und ein Verlangen nach gerechten Welt, für alle Menschen, frei von Gier und frei von Not.



    Es finden sich Stereotypie und Klischee und auch negative Darstellungen, ja Zerrbilder, es ist ja auch ein literarisches Werk aus der Mitte des 19. Jhd. und keine ethnographische Studie von heute.

    Gerade solche Diskurse aus dem Elfenbeinturm Academias verraten, dass es nicht um die Wirklichkeit - damals oder heute - geht, sondern um Befindlichkeit. Es geht darum, durch Aktivismus und Verwendung von Code, Betroffenheit zu signalisieren, Herrschaft über Begrifflichkeit und Sprach- und Kulturräume zu erlangen und zu erhalten.



    Ob indigene Völker oder Minderheit, der Aktivist hat keine Probleme seine/ihre paternalistische Sicht als einzig richtige Deutung darzustellen und alle, auch und gerade die Vertreter der Minderheit, in die Ecke zu verweisen.



    Was zählt, ist empfundene, projizierte Betroffenheit, nicht die Wirklichkeit.

    Wenn hier etwas Kolonialismus genannt werden kann, dann das.

  • 6G
    650906 (Profil gelöscht)

    Ich bezweifle, dass die betroffenheitsbesoffenen Kritikaster die entsprechenden Bücher überhaupt gelesen haben - und wenn, dann vielleicht in ihrer Kindheit.

    Sicherlich war Karl May nicht auf dem Erkenntnisstand von 2022. Aber auf seine Zeitgenossen dürfte seine Einstellung geradezu revolutionär und humanistisch gewirkt haben.



    Denn er plädierte für Menschenrechte für Afrikaner (vgl. die "Sklavenkaravane"), während die deutsche Armee nur wenige Jahre später die Herreros in der Wüste umkommen ließen.



    Er machte die Weißen für den Völkermord an der "first Nation" verantwortlich.



    Sicherlich malte er auch Heldenbilder, aber das tun heutige Autoren auch.

    Es gibt auch Passagen in seinen Büchern, über die man heute reden muss. Aber genau das ist ja der Wert von Trivialliteratur aus vergangenen Zeiten: Man kann Lebensumstände, Gedanken und Einstellungen vergleichen.



    Sicherlich war May auch in den Gedankengebäude des 19. Jahrhunderts gefangen - genauso, wie wir in denen des 21. Jahrhunderts.



    Denn machen wir uns nichts vor: In zwei Jahrhunderten wird man über UNS richten.



    Vielleicht auch darüber, dass in unserer Zeit der Prozess der Bücherverbrennung insofern vorverlegt haben, dass diese Bücher gar nicht erst erscheinen durften. Vielleicht wundert man sich, dass man Shit als Brennstoff verwenden durfte...

  • Ja vielleicht .... Vielleicht sollte frau/man kritische Stellen einfach mit Fußnoten erklären, dann bleibt Geschichtskultur - und die aktuelle allemal berechtigte Reflexionskultur kann dann vielleicht doch friedlich dieses alte Zeug akzeptieren?



    Vieles an Winnetou und Karl May überhaupt fand ich damals schon schrecklich, geliebt hab ich seine Bücher trotzdem. Vielleicht doch ganz viele Fußnoten?

  • 4G
    47351 (Profil gelöscht)

    Ich habe seit langem Karneval und Fasching aus vielerlei Gründen gemieden. Nächstes Jahr werde ich eine Ausnahme machen. Und ich werde mich verkleiden.

    Für alle, die Winnetou für ein Sachbuch halten, hoffe ich, dass bei Harry Potter das Leben von Zauberern sachgerecht dargestellt wurde. Sonst wird es ziemlich leer in den Bücherregalen von Kinderzimmern; naja, vielleicht liegen da ohnehin nur noch phantasieersetzende Tablets herum.

    Die Paranoia derjenigen, die ihre Umwelt nach Empörungsfeldern scannen, ist rasant. Im Spiegel gab es dieser Tage einen Artikel, der problematisierte, dass Jennifer Lopez und Ben Affleck ihre Hochzeit in einem Anwesen feierten, das an die Herrenhäuser reicher Sklavenhalter erinnere.

    • @47351 (Profil gelöscht):

      Würde ich (Frau) mitmachen. Als Phantasie-Winnetou (mein Held mit 13). Das reale Leben hat natürlich nicht dem entsprochen; Kriege gabes auch und Frauen hatten mal wieder wenig zu sagen.

  • RS
    Ria Sauter

    Die Ureinwohner waren doch immer die Guten in diesen Büchern.



    Es gab eine dicke Freundschaft zwischen einem farbigen Menschen und einem weissen.



    Beide kämpfen für das Gute, zusammen.

    Eigentlich die genau passende Literatur in diesen Zeiten.

    Es wird immer absurder mit den Verboten!

  • Goethe, Shakespeare, Brecht, Luther, Marx usw. alle loslassen, weil die Welt sich weiterentwickelt hat und die Menschen unfähig sein sollen dies differenziert zu betrachten.



    Grauenhafte Vorstellungen

  • Wer hier umdenken muss sind die, die Winnetou als Abbild der realen Vergangenheit sehen.



    Es ist Fantasy. Nur weil es keine Drachen oder Raumschiffe gibt wird es mit der Realität gleichgesetzt und entsprechend kritisiert.

    Muss man Winnetou jetzt wirklich, allen Ernstes blau kolorieren und einen Schwanz verpassen, wie bei Avatar, damit der/die letzte das versteht?

  • "Und man kann Kindern von damals nicht vorwerfen, stereotype Darstellungen indigener Menschen nicht erkannt zu haben. Das nötige Wissen war nicht überall. Heute aber ist das der Fall."

    Ganz genau. Und genau deshalb sieht auch niemand mehr in Winnetou die "stereotype Verkörperung Indigener".

    Er ist schlicht eine Figur aus einem Buch. Wie Ahab, wie Don Quitchotte, wie Crusoe oder Huckleberry Finn. Was wäre die Welt ohne diese Fantasiefiguren, die niemals den Anspruch hatten, eine absolute Realität abzubilden?

    Loslassen können muss man, ja. Aber zum Beispiel auch von der Vorstellung, dass jedes Buch, jeder Film, jeder Songtext und jede Karrikatur ein Abbild der Realität widerspiegeln will und deshalb durch eine ganz enge, politisch sterile Schablone passen muss, um gesellschaftlich akzeptiert zu sein.

    Zumindest gruselt mich die bürokratisch, pedantische Eindimensionalität, mit der Einige Kultur heutzutage generell betrachten und der verbissenne Dogmatismus, mit dem Manche zensieren würden, wenn man sie ließe.

  • Wieviel Tausende Leser und Leserinnen brachte die Lektüre von Winnetou eine positive Einstellung gegenüber Indianern?? Glauben Sie wirklich, dass Sie auf dem richtigen Weg sind, solche Bücher verbieten zu lassen. Wenn Old Shatterhand ursprünglich Landvermesser war und dann Freund / Blutsbruder der Indianer wurde, was ist falsch an dieser Entwicklung. Ich glaube, Sie müssen erst mal loslassen können!

  • Sehe ich anders. Hat nichts mit Kindheitserinnerung zu tun. Mir will nur nicht in den Kopf, dass ein Buch, in dem die Indianer die Guten sind, auf einmal "verboten" sein muss, weil irgendwas angeblich "sterotyp" dargestellt ist. Jeder Roman ist sterotyp, da es kein wissenschaftliche Abhandlung ist. Wenn ein bayrischer Lokalroman, die Hauptfigur mit klassischen bayrischen Attributen ausstattet, wie z.B. gemütlich, traditionell, Bier trinkend, ist das auch sterotyp.

    "Das nötige Wissen war nicht überall. Heute aber ist das der Fall." Ich habe dieses "Wissen" leider nicht. Ich teile diese Meinung (etwas anderes ist es nicht, es ist keine wissenschaftliche Tatsache, die unumstößlich ist) nicht.

    • @Strolch:

      Ich habe noch vor wenigen Jahren in einem Diversitätsseminar, das ich beruflich besucht habe, noch gelernt, dass Stereotype kein Problem sind, weil sie zur Natur des Menschen gehören und im Allgemeinen sogar stimmen können.

      Verwerflich wird es erst, wenn aus den Stereotypen Vorurteile werden.

      Das Seminar gilt wahrscheinlich heute nicht mehr als woke genug.

    • @Strolch:

      Meinung ist "emotionales Wissen".



      Passt gut zu alternativen Fakten...

  • 9G
    90118 (Profil gelöscht)

    „Die Söhne der großen Bärin“ sei allen Freunden der Thematik ans Herz gelegt.



    Karl May war schon immer eher Heimatfilm - sowohl als Text und auch als Film…

    • 1G
      17900 (Profil gelöscht)
      @90118 (Profil gelöscht):

      Noch was, wer die Verfilmung von "Der letzte Mohikaner" noch nicht gesehen hat, sollte dies nachholen.



      Ein großartiger Film mit Daniel D. Lewis.



      www.filmstarts.de/...n/7653/soundtrack/

      Regie: Michael Mann

    • @90118 (Profil gelöscht):

      Ein großartiges Buch. Aber bestimmt findet sich jemand, der es verteufelt. Schließlich geht es um die "Sache".

  • Lassemer den großen Karl-May-Leser -



    Ernst Bloch zu Wort kommen!



    “Heimat - wo noch niemand war.“



    “Über Karl May schrieb er:



    Ein sehnsüchtiger Spießbürger, der selbst ein Junge war, durchstieß den Muff seiner Zeit. Er kolportierte nicht die Ideale des Bürgertums (feine Leute, Salonglanz), auch nicht die Rittergeschichten aus dem Biedermeier. Sondern er kolportierte nochmals den Indianerroman aus der Zeit Coopers, der revolutionären Ideale (als die Wilden noch bessere Menschen waren). Der Flitter des Jahrmarkts kam hinzu, der echte Budenorient, wie er zur Kolportage gehört, damit sich die Freizügigkeit nicht in kruder Natur erschöpfte, sondern färbt und in Traumschichten spiegelt. Fast alles ist nach außen gebrachter Traum der unterdrückten Kreatur, die großes Leben haben will ...



    Karl May ist einer der besten deutschen Erzähler, und er wäre vielleicht der beste schlechthin, wäre er eben kein armer, verwirrter Proletarier gewesen ...



    mehrfach erwähnt wird Karl May in dem 1923 erschienenen Durch die Wüste. In der Neuauflage im Suhrkamp-Verlag von 1964 fehlen diese Abschnitte.“



    &



    “Schon der Philosoph Bloch unterschied dazu fein zwischen Kitsch und Kolportage in der Literatur. Kitsch ist das, was wir oft im Fernsehen sehen. Kitsch ist sentimental, niedrig, simpel, einfach, um nicht zu sagen: dumm. Kitsch will uns die Welt schön verschleiern, das Elend zum Glänzen bringen.…



    Kolportage als Literatur ist gar nicht abwertend gemeint, wenn es auch oft so klingt. Kolportage, ob von Friedrich Gerstäcker oder Karl May, setzt auf Abenteuer, auf den erkämpften Sieg der Guten und Vernünftigen, der Fleißigen und Ordentlichen. Kolportage ist, zumindest als Literatur, ansehnlich. Kolportage hat sogar eine Spur Revolution in sich. Was man im Falle Karl Mays verstehen kann: Das fünfte von 14 Kindern kam aus der Armut.“



    ——



    www.karl-may-wiki....ex.php/Ernst_Bloch



    &



    www.nwzonline.de/h...1,0,532585959.html

  • Was müssen wir noch alles loslassen?

    Machen wir eine Liste:

    Monty Python

    Little Britain

    Ein Herz und eine Seele

    Die Titanic

    Charly Hebdo

    Dreiviertel aller HipHop-Songs

    Was noch?

    Schließlich muss sich die Gesellschaft weiter entwickeln, die Frage ist nur, in welche Richtung.

    • @Jim Hawkins:

      Comic von Jean-Marie Reiser "der Schweinepriester" und eigentlich Alles von ihm Gezeichnete wäre noch zu ergänzen.

    • @Jim Hawkins:

      Was noch? Komödien, und zwar alle. Irgendjemand wird sich immer finden, der sich veräppelt fühlt.

    • 9G
      92489 (Profil gelöscht)
      @Jim Hawkins:

      Peter Fox.

      Das ist ne Frage die mich umtreibt. Entsteht ein Schaden für jamaikanische schwarze Reggae-Künstler wenn Weiße Reggae machen? Letzten Endes geht es da um finanzielle Interessen oder? Profitieren nicht jamaikanische Reggae-Künstler von einer Verbreitung von Reggae durch nicht-jamaikanische Künstler, weil dadurch quasi "neue Märkte leichter zugänglich werden"?

    • 4G
      47351 (Profil gelöscht)
      @Jim Hawkins:

      Den "Jupp" von BAP.

    • @Jim Hawkins:

      Ich sag' nur: Generation beleidigt. Das hast Du Dir ja gerade gekauft, wie Du sagtest. Schon reingelesen?

      Ich gestehe: ich hatte mir als Kind von etwa 7 Jahren die Rolle des Indianers kulturell angeeignet wie man heute sagen würde. Ich wollte nie Cowboy sein: ich fand es spannender, mich lautlos anzuschleichen.

      Danke Geronimo, Sitting Bear der Arikara und Fast Elk!

      Man muss nicht jede Mode mitmachen...

      • @Grenzgänger:

        Habe ich.

        Und ich möchte nicht an einer britischen oder US-amerikanischen Uni studieren.

        Kein asiatisches Essen in der Mensa.

        Letztendlich ist das ein reaktionäres Konzept, dass sich wie der Ethnopluralismus der neuen Rechen anhört.

        Wie kann sich Kultur entwickeln, wenn sie sich nicht mit anderen Kulturen mischt?

        Elvis wäre heute auf verlorenem Posten.

        • @Jim Hawkins:

          Korrekt.



          &



          Kein Miles Davis am Trojedamm in der



          MARBURGER UNIMENSA •

          Howgh - Ich habe gesprochen -



          Unkas von den Deleware vom Clan der Schildkröte - ihr feigen Mingos - 👹 -

          unterm—-servíce für Mingos —;))



          Howgh ist ein Ausruf im Sinne von „Ich habe gesprochen“. Er kommt in einigen Indianersprachen vor und hat dort unterschiedliche Bedeutungen. Der Ausruf ist klassischer Bestandteil vieler populärer Indianerdarstellungen wie z. B. in den Romanen James Fenimore Coopers, Karl Mays und anderer sowie in Filmen und Hörspielen.



          de.wikipedia.org/wiki/Howgh



          & Dss Gespräch by James Fenimore Cooper



          de.m.wikipedia.org...le_Art_Project.jpg



          &



          de.wikipedia.org/w...es_Fenimore_Cooper

          So geht das © Kurt Vonnegut



          „Darum hat Kurt Vonnegut einmal gefragt: "Was ist das für eine Presse, die wir heute haben, wenn man Bücher lesen muss, um zu wissen, was in der Welt passiert?"“ — Kurt Vonnegut Armin Wertz: Meister der geheimen Kriege, 22. März 2017 heise.de www.heise.de/tp/fe...riege-3650452.html.



          “ And still on the subject of books: Our daily sources of news, papers and TV, are now so craven, so unvigilant on behalf of the American people, so uninformative, that only in books can we find out what is really going on. I will cite an example: House of Bush, House of Saud by Craig Unger, published near the start of this humiliating, shameful blood-soaked year." - „I Love You, Madame Librarian“. 6. August 2004 inthesetimes.com inthesetimes.com/a...u_madame_librarian

          Quelle: - bekannt - 😎 -

    • 9G
      95820 (Profil gelöscht)
      @Jim Hawkins:

      Was müssen wir noch alles loslassen?



      Ich ergänze die Liste: Sigmar Gabriel.

      • 1G
        17900 (Profil gelöscht)
        @95820 (Profil gelöscht):

        Sigmar Gabriel? Der einzige, der sich in der SPD noch erinnern kann?

      • @95820 (Profil gelöscht):

        Sigmar Gabriel?



        War das der mit "Hey Boss, ich brauch mehr Geld"?



        Also ich fand den eigentlich immer so schön empathisch.



        Eigentlich schade drum.

      • @95820 (Profil gelöscht):

        Bei exakter Analyse ist kein kulturelles Element unschuldig!



        Keins!

      • @95820 (Profil gelöscht):

        Gut gegeben.

    • @Jim Hawkins:

      Gute Liste :-)

      Aber vielleicht sollte sich Frau Diekhoff mal unvoreingenommen mit dem Thema beschäftigen. Dann würde ihr vielleicht auffallen, dass Karl May - bei allen Schwächen- einer der Wenigen war, die überhaupt ein positives Bild von amerikanischen Ureinwohnern gezeichnet haben. Normal war damals etwas ganz Anderes.

      Im Übrigen wäre es interessant zu erfahren, wie viele Apachen sich über das neue Buch beschwert haben.