Debatte um Streikrecht: Liberale Bankrotterklärung
Die FDP fordert die Einschränkung des Streikrechts. Damit wird mal wieder klar, wessen Freiheit sie verteidigt.
C laus Weselsky hat in den vergangenen Wochen mal wieder die Gemüter erhitzt. Während seine Lokführergewerkschaft GDL in den vergangenen Wochen sechsmal die Deutsche Bahn bestreikte, wurde er zur Zielscheibe des Hasses. Das dürfte sich zwar diese Woche wieder etwas ändern, die Gemüter sich etwas beruhigen, weil Konzern und GDL sich an den Verhandlungstisch setzen – und womöglich eine Einigung erzielen. Arbeitgeberlobbyist*innen und konservative bis liberale Politiker*innen hält das jedoch nicht davon ab, die GDL als Vorwand für Forderungen nach einer Einschränkung des Streikrechts zu nutzen.
Vor allem FDP-Politiker*innen stimmten jüngst in diesen Chor mit ein. FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai spricht von einer „maßlosen Streikgier“, die etwa mittels verpflichtender Schlichtungen, klarer Streikfristen und der Möglichkeit, Verhandlungsführer auszutauschen, künftig unterbunden werden müsse. Zuvor sprach FDP-Verkehrsminister Volker Wissing davon, dass die Prüfung einer „Anpassung“ des Streikrechts notwendig sei.
Dass DGB-Chefin Yasmin Fahimi solche Forderungen entschieden zurückweist, ist richtig und wichtig. Eine Verschärfung des Streikrechts bedeutet die Einschränkung der Freiheit aller Beschäftigten, in einer kollektiven Auseinandersetzung mit dem Arbeitgeber notfalls auch die Arbeit niederzulegen. Zudem ist das deutsche Streikrecht ohnehin schon relativ streng. Politische Streiks sind zum Beispiel verboten.
Wo sind die Freiheitswerte?
Für die FDP ist der Ruf nach einer Einschränkung des Streikrechts in Anbetracht ihrer Grundwerte eine Bankrotterklärung. Schließlich geriert sie sich gern als Verteidigerin der liberalen Freiheitswerte. „Die Freiheit des Einzelnen ist Grund und Grenze liberaler Politik“, beginnt sie ihr aktuelles Grundsatzprogramm. Doch nun wollen wichtige FDP-Vertreter ein grundlegendes Recht von 42 Millionen Personen in diesem Land weiter einschränken – das passt nicht zusammen.
Auch wenn die GDL-Streiks in den vergangenen Wochen lästig waren und viele Menschen in ihrer Bewegungsfreiheit einschränkten, waren sie ein legitimer Teil des Arbeitskampfs. Streiks müssen wehtun, damit sie ein verlässliches Mittel der Beschäftigten zur Durchsetzung ihrer Interessen sind. Wer sich trotzdem über die Bahn-Streiks beschwert, sollte sich fragen, warum die FDP nicht an die Konzernchefs der Deutschen Bahn appelliert hat, auf die Forderungen der GDL einzugehen. Dass FDP-Politiker*innen stattdessen eine Einschränkung des Streikrechts fordern, zeigt, auf wessen Seite sie stehen und wessen Freiheit sie verteidigen. Die der Beschäftigten ist es nicht.
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