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Klimabewegung und IntersektionalitätDa geht noch was!

Gastkommentar von Marlene Ickert

Die Klimabewegung muss Antirassismus, Queerfeminismus und Klassenperspektiven mitdenken. Noch tut sie das nicht genug.

Für eine queere Politik der Vielfalt, die patriarchale und rassistische Wirklichkeiten angreift Foto: Ralph Peters/imago-images, Warming Stripe: showyourstripes.info

D ie Klimakrise macht nicht alle gleich, sondern verstärkt bestehende Ungleichheiten. Sozio-ökonomische Bedingungen beeinflussen, ob wir uns an die Folgen der Klimakrise anpassen können. Sexistische Strukturen und koloniale Kontinuitäten schreiben Hierarchien fort und bestimmen darüber, wessen Lebensgrundlage wie stark bedroht ist. Was gilt als schützenswert und wessen Stimme findet Gehör?

Es gibt keine Klimagerechtigkeit ohne Kapitalismuskritik, ohne Antirassismus und Queerfeminismus. Doch die Klimagerechtigkeitsbewegung wird diesem Anspruch nicht ausreichend gerecht.

Die Realität von weißen, cis-männlich dominierten Räumen muss viel stärker reflektiert werden. Dafür müssen wir intersektional denken: Wir müssen verstehen, wie unterschiedliche Betroffenheiten zusammenhängen, einander überschneiden und auch widersprechen. Und wir müssen den Blick auf mögliche Sollbruchstellen des intersektionalen Konzepts richten. Dann stellen sich Fragen, deren Nichtbeachtung das Potenzial von Intersektionalität zu untergraben droht.

Erstens: Werden alle Diskriminierungsformen mitgedacht? Hier kann es zum Beispiel darum gehen, eine antisemitismuskritische Perspektive zu erarbeiten und eine Kapitalismuskritik zu formulieren, die nicht verkürzend und strukturell antisemitisch ist.

Zweitens: Wird die sozio-ökonomische Frage adressiert? Wird also bei der Analyse der Auswirkung von Billigfleisch auf das Klima auch einbezogen, wer sich welche Lebensmittel leisten kann? Mit anderen Worten: Wer das Privileg hat, in den Industrieländern zu leben, hat nicht automatisch das Privileg, Biolebensmittel zu kaufen. Wenn das mitgedacht wird, ist Intersektionalität in der Lage, neben der Diversitäts- auch die Klassenperspektive mit einzubeziehen und diese vermeintlichen Gegensätze in einem verbindenden Narrativ aufzulösen.

Der Blick auf die Dimensionen der Klimaungerechtigkeit zeigt: Wir brauchen eine queere Politik der Vielfalt, die patriarchale und rassistische Wirklichkeiten angreift. Und wir brauchen eine Politik, die die sozio-ökonomische Ungleichheit in die Zange nimmt. „Tiefrot und radikal bunt“ eben, wie Julia Fritzsche im gleichnamigen Buch fordert. Die intersektionale Perspektive macht unmissverständlich klar, dass wir auf dem Weg in eine klimagerechte Welt nicht nur für wirklich grüne Klimapolitik kämpfen müssen, sondern auch für tiefrote Transformation und radikal bunte Lebensformen.

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24 Kommentare

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  • "Die Klimabewegung muss Antirassismus, Queerfeminismus und Klassenperspektiven mitdenken."

    "Die" Klimabewegung (was auch immer das sein mag) "muss" gar nichts. Die Leute machen das in ihrer Freizeit. Und die demonstrierenden SchülerInnen indirekt auch, denn die arbeiten den Freitagsstoff am Wochende nach.

  • "Wird die sozio-ökonomische Frage adressiert? Wird also bei der Analyse der Auswirkung von Billigfleisch auf das Klima auch einbezogen, wer sich welche Lebensmittel leisten kann? Mit anderen Worten: Wer das Privileg hat, in den Industrieländern zu leben, hat nicht automatisch das Privileg, Biolebensmittel zu kaufen."



    Ja, diese Fragen werden einbezogen, das kann ich aus meinen eigenen Erfahrungen als Aktiver in verschiedenen Umweltinitiativen konkret so sagen.



    Mal abgesehen davon, dass der Fleischkonsum sowieso deutlich reduziert gehört, stellt man diesbezüglich keine Gerechtigkeit her, indem man garantiert, dass es Billigfleisch auf dem Markt gibt, das sich auch Arme leisten können. Denn dieses Billigfleisch würde dann doch nur wieder von Ausbeutern wie Thönnies produziert, der gequälte und misshandelte Nutztiere von unterbezahlten Nutzmenschen zerlegen lässt.

    Nein, Gerechtigkeit würde man eher herstellen, indem man den Reichen das Geld weg nimmt und es den Armin gibt, damit diese sich, wenn gewünscht - gelegentlich - etwas Fleisch von hoher Qualität leisten können.

    Nebenbei sei gesagt, dass es kein Menschenrecht ist, sich allsamstaglich den Grill mit Fleisch voll zu schmeißen.

  • Ein Artikel, der Hoffnung macht - und Reaktionen darauf, die besser nicht liest, wer die Hoffnung nicht gleich wieder sausen lassen will.

    Der Hass vieler Menschen auf alles und jeden, der oder was sie auf den ersten Blick intellektuell zu überfordern scheint, ist echt erschreckend. „Bitte keine Zusammenhänge“, heißt es da etwa, und „eins nach dem anderen“, als ginge es bei der Klimarettung und das Aufräumen eines unordentlichen Kinderzimmers. Dass wir schon längst mitten in einer „neue[n] Normalität“ stecken, wird schlicht ignoriert. Das haben wir ja schließlich immer so gemacht: Jeder für sich und alle gegen alle anderen. Der Sieger ist dann schuld, wenn trotzdem noch nicht alles gut wird.

    „Husch, ihr Affen, zurück auf eure Bäume!“, möchte ich den Verächtern des Intellekts zu gerne zurufen. Aber hat nicht Fatima González-Torres geraten, die Menschenrechte zum Leitstern zu machen? Und war ich nicht gerade noch ihr einer Meinung? Doch, hat die. Doch, war ich. Ich würde sogar noch weiter gehen. Ich würde sagen, dass auch die Menschenwürde Leitstern werden soll - gleich, nachdem sie ungefähr so klar definiert wurde wie die Menschenrechte.

    Ja, „wir“ sollten „intersektional denken“. „Wir“ müssen „verstehen, wie unterschiedliche Betroffenheiten zusammenhängen, einander überschneiden und auch widersprechen“, „müssen den Blick auf mögliche Sollbruchstellen [...] des intersektionalen Konzepts richten“ und „Fragen, deren Nichtbeachtung das Potenzial von Intersektionalität zu untergraben droht“, beantworten. Aber natürlich nicht alle.

    Wer sich den Kopf nicht gerne selbst zerbricht, der kann sich auch als Korrektiv betätigen. Er kann den intellektuellen Kopfarbeitern sagen, wie es sich anfühlt, die Ergebnisse der Denkprozesse vorgesetzt zu kriegen. Aber Achtung! Wer das tut, muss sich bewusst sein, dass es eventuell nur der Neid oder der Trotz sind, die aus ihm sprechen. Kein Mensch nimmt sich ungestraft selbst einen Teil seiner Menschlichkeit.

  • Ich finde 50% der Klimathemen sollten sich mit Queerness befassen. 30% mit Rassismus, 10% mit Klassengedöns und 5% mit weiteren wichtigen Dingen (Veganismus).



    Die restlichen 5% sollten ausreichend sein für das eigentliche Thema "Wie bewältigen/verhindern wir den Klimawandel?"

    • 4G
      4813 (Profil gelöscht)
      @Rudolf Fissner:

      Da haben sie Mal Recht

  • 4G
    4813 (Profil gelöscht)

    Soll heißen, die Menschen müssen sich weiterentwickeln und versuchen, die Folgen ihres jeglichen Tuns in ihre Handlungen einbeziehen.

    Man kann es aber auch überkomplex machen und die Menschen wenden sich ab.

    So wie ich jetzt

  • Marlene Ickert gehört zu denen, die dann bei der konkreten Umsetzung von FFF-Projekten außen vor gelassen werden, weil die durch ewige Diskussionen eine Umsetzung verunmöglichen:D

  • Klimagerechtigkeit? Was soll das sein? Und was soll das Ganze mit "Queerfeminismus" zu tun? Der ganze Text ist total verschwurbelt, wie man heutzutage sagt.

    Die Lösung unserer Probleme kann nur technischer Natur sein, was die sexuelle Ausrichtung einzelner Menschen dabei für eine Rolle spielt, erschließt sich mir absolut nicht.

    Die eigenwillig speudo-akademische Sprache und der ungelenke Ausdruck des Kommentars waren meinem Verständnis jedenfalls nicht hilfreich.

  • 8G
    83379 (Profil gelöscht)

    Genau weil Die Linken die sich in diesen Kämpfen seit Jahren verzettelt hat auch dadurch überall an die Macht kam und soviel erreicht hat.



    Klimaschutz als einziger Fokus,Allianzen mitAllen die dabei helfen und Wenn's die Taliban sind. Wenn der Kampf gewonnen ist geht es an den nächsten. Hätte die Frauenbewegung sich so verhalten wie der Artikel es fordert das Frauenwahlrecht gäbe es immer noch nicht.

  • "Erstens: Werden alle Diskriminierungsformen mitgedacht? Hier kann es zum Beispiel darum gehen, eine antisemitismuskritische Perspektive zu erarbeiten und eine Kapitalismuskritik zu formulieren, die nicht verkürzend und strukturell antisemitisch ist." Ich begreife das nicht. Warum denkt die Autorin gerade im Zusammenhang mit Kapitalismuskritik bei der Klimabewegung an Antisemitismuskritik? Und warum zum Teufel sollte eine Kapitalismuskritik antisemitisch werden? Und wieso bloß "strukturell" antisemitisch?

    • @Plewka Jürgen:

      "Und warum zum Teufel sollte eine Kapitalismuskritik antisemitisch werden?" - - > Weil ein großer Teil der Linken ein veritables Antisemismus-Problem hat (z. B. Corbyn, Unterstützer der BDS Kampagne, etc.). Von daher ist es durchaus valide in einem Text an eher linke Personen daran zu erinnern, dass Antisemitismus verwerflich ist.

      Dieser Punkt des Artikels ist durchaus in Ordnung. Die Prämisse dagegen ist Unfug. Die Klima Bewegung darf nicht zu einer Kulturrevolution aufrufen. Dadurch verlöre sie extrem an Zustimmung und könnte kein Ziel erreichen.

      • @Kriebs:

        Ich kenne das Antisemitismus-Problem eines Teils der Linken und kritisiere das. Im Artikel geht es aber nicht um "die Linke", sondern um die Klimabewegung und erlebe das als aufgesetzt! Und zu einer "strukturell antisemitischen Kapitalismuskritik" fällt mir nichts ein, außer das hier offenbar heiße Luft produziert wird. Was soll das bloß sein?

    • @Plewka Jürgen:

      Weil heutzutage mit Worthülsen gefeuert wird. Hauptsache, man kommt in seiner Polit-Hipster-Bubble gut an.

  • So bekommt man jedes Thema klein: Da gibt es jetzt eine Bewegung, die laut und eloquent genug ist, eine breite Masse anzusprechen.

    Das Thema: Wir müssen uns verdammt nochmal um das Klima kümmern.



    Ein Thema, auf dass sich viele Menschen einigen können.



    Ein Thema, dass in seiner Einfachheit zieht.

    Und jetzt kommen alle möglichen Gruppen aus ihren akademischen Löchern gekrochen, um diese Bewegung zu kapern und ihre Themen aufzuoktroyieren.

    Einer Sache bin ich mir sicher: Wenn das gelingt, war es das mit einer breiten Bewegung. Dann bewegt man sich wieder im diskursiven Kleinklein einer lauten Minderheit, das sich stets im Kreis dreht und viele Menschen verschreckt.

    • @JC Kay:

      Dabei gilt es zu bedenken, dass die Social-Media-Bubble, in der sich seltsamerweise restlos alle Autoren dieser Schreibweise tummeln, keine akademische Bildung vermittelt. Schein und Sein.

  • Oh je. Ich bezweifle, dass der Klimaprotest Erfolg haben wird, wenn man ihn so überfrachtet mit allen möglichen Themen, die man unbedingt auch noch mitbeachten muss.

    Da sind dann die meisten Leuten raus.

    • @gyakusou:

      Die meisten Leute sind jetzt schon raus, da sie mit dieser privilegierten Abgehobenheit nichts anfangen können.

  • Da sieht man das Elend der heutigen Kulturlinken. Es muss schon aufgepasst werden, dass soziale Härten vermieden werden. Aber das ganze dann mit linksliberaler Identitätspolitik aufzuladen gefährdet imho die ganze Sache. Denn wir brauchen auch den konservativen Unternehmer, den FDP-wählenden Unirektor oder auch die Gewerkschaften wie die IGBCE und die IGM. Wenn Sie dem Facharbeiter, der die Klimapolitik wegen der Arbeitsplätze skeptisch sieht dann mit "Alle weißen sind Rassisten" oder "hier muss ganz dringend Queerfeminismus ran" oder all dem anderen "Hochgelehrten Debatten" kommen, dann kriegen sie das nie zusammen.



    Klimapolitik zuerst, dann der ganze Rest.



    So zu tun, als ob eine existentielle Bedrohung der gesamten Zivilisationen unserer Spezies und für 1 Milliarde Menschen den Verlust des Lebensraums bedeutet genauso wichtig sind die die Frage, ob Homosexuelle überall auf der Welt heiraten können, ist imho etwas bescheuert, ebenso die Frage, wie viele Bürgermeister weiblich sind.



    Hauptsache, sie bauen den Nahverkehr aus, sanieren Schulen und packen Solaranlagen darauf...



    Nicht, dass das nicht wichtig wäre, aber es ist eben ein weniger pressendes Problem, wenn man von der staatlichen Verfolgung Homosexueller in manchen Ländern absieht.



    Ruiniert bitte nicht die Klimabewegung mit all den Identitätspolitischen

    • @Kartöfellchen:

      In einem Krankenhaus, in dem man nach Ihrer Politik verfährt, würden 95% der Patienten sterben oder schwere Versehrungen davontragen, obwohl ihre Leiden gut behandelbar sind -- nur weil die Krankenhausleitung die Devise vergegeben hat "Corona zurerst, dann der ganze Rest".

      Ich hoffe auch, dass Sie selbst Ihr Prinzip ernst nehmen, also welche Dringlichkeit hat da noch die Fahrt zu meinem privaten Termin ... Mutter schwer krank, Freund selbstmordgefährdet, was heißt das schon ggü. dem Verlust von Lebensraum für 1 Milliarde Menschen?

    • @Kartöfellchen:

      " Denn wir brauchen auch den konservativen Unternehmer, den FDP-wählenden Unirektor "

      zumindest diese brauchen wir definitiv nicht.-jedenfalls nicht in der klimaschutzbewegung denn ihr interesse macht sie zwangsläufig zu gegnern von konsequentem klimaschutz der nur in einer weniger kapitalistischen und also weniger ungleichen demokratischeren gesellschaft möglich ist.

      in einer solchen können die gewerkschaften und vielleicht sogar die facharbeiter*innen eine progressivere rolle spielen-als heute.

      bei prokapitalistischen parteien und personen ist das aber ausgeschlossen.denn wer für den kapitalismus ist die oder der ist automatisch und schon dadurch reaktionär

  • Die Klimaaktivisten versuchen gerade den Klima-Karren aus den Dreck zu ziehen. Sie sind nicht dafür da, für die Linken, die es bisher nicht auf die Reihe bekommen haben, ihren Anspruch auf Lösung der die im genannten Artikel genannten Probleme gerecht zu werden, die Arbeit zu machen. Nicht jede Antirassist:in, Queeraktivist:in oder Menschenrechtsanwält:in ist ja auch Klimaaktivist:in.

  • Warum sollen die Behinderten nicht mit gedacht werden?

    • @Rudolf Fissner:

      je marktwirtschaftlicher es zugeht-je mehr der markt die gesellschaft dominiert-je totaler die abhängigkeit vom markt ist ,je plutokratischer die politik ist desto schwerer ist es schnell genug aus dem fossilimus auszusteigen

      insofern gehen antifossilismus und antikapitalismus hand in hand

      alle marktkonformen ganz oder teilweise marktbedingten diskriminierungen nehmen ab-wenn die dominanz des marktes reduziert wird und verschwinden von selbst oder lassen sich leichter zum verschwinden bringen wenn der



      markt abgeschafft wird

      wie ginge es "Behinderten" auf einem freien arbeitsmarkt ohne sozialstaat und soziale grundrechte und mit einer privatisierten klassenmedizin ?sicher äusserst schlecht.



      sie würden in einer von der konkurrenz auf dem markt rücksichtslos gemachten gesellschaft von dieser maximal behindert

      eine weniger ungleiche weniger unsichere weniger ungerechte und also weniger inhumane gesellschaft wäre für den planeten eine bessere und auch für personen die behindert werden

      zu diesen gehören ausser menschen mit körperlichen einschränkungen auch alle oder die meisten alten menschen

      und nicht zuletzt auch alle für den markt-auf dem sich tendentiell immer das schlechte durchsetzt-zu edlen

      • @satgurupseudologos:

        Oh, wieder ein neues ismus-Wort (antifossilismus) kreiert. Beeindruckend.