Debatte um Abgabe auf CO2: Klimaschutz ist sozial
Kritiker warnen, eine CO2-Steuer würde Ärmere benachteiligen. Was für ein Unsinn – das Gegenteil ist der Fall.
Wenn man sich in der Klimadebatte auf etwas verlassen kann, dann darauf: Wann immer ein sinnvoller Vorschlag gemacht wird, kommt sofort jemand und erklärt, dass er unsozial sei. Aktuell ist das wieder bei der CO2-Abgabe zu beobachten, über die – endlich! – ernsthaft diskutiert wird.
Die meisten ExpertInnen sind sich einig, dass die Klimaschutzziele sich nur erreichen lassen, wenn es dafür ökonomische Anreize gibt. Eine CO2-Abgabe wäre dafür eine einfache wie wirksame Lösung. Denn: Sie macht klimaschädliche Energieträger im Vergleich zu klimafreundlichen teurer.
Für die Idee, die von den Grünen schon lange vertreten wird, hat sich in Deutschland zuletzt auch SPD-Umweltministerin Svenja Schulze starkgemacht. Auf europäischer Ebene findet sie jetzt Unterstützung beim sozialdemokratischen Spitzenkandidaten Frans Timmermans, der eine CO2-Steuer jetzt ebenfalls als notwendig bezeichnete.
Gegenwind kommt in beiden Fällen von konservativer Seite: Im CDU-Vorstand stieß eine neue Abgabe auf klimaschädliche Energieträger gerade auf Ablehnung – gern mit Verweis auf die Gelbwesten-Proteste in Frankreich. Und auch der von der CSU gestellte EU-Spitzenkandidat Manfred Weber stellte sich sofort gegen die Forderung – mit dem Hinweis, es dürfe nicht sein, dass „die sozial Schwächeren den Preis zahlen“.
Alle Modelle könnten BürgerInnen entlasten
Dass ist nicht nur deswegen erstaunlich, weil viele Konservative, die sich beim Klimaschutz plötzlich um soziale Folgen sorgen, sich in der Sozialpolitik meist deutlich weniger dafür interessieren. Die Sorge um die soziale Ausgewogenheit einer CO2-Abgabe ist zudem schlicht unbegründet. Denn wenn sie richtig umgesetzt wird, werden ärmere Haushalte dadurch nicht belastet, sondern sogar entlastet.
Denn alle Modelle, die derzeit im politischen Raum ernsthaft diskutiert werden, sehen vor, dass der Staat die Einnahmen aus der CO2-Abgabe nicht behält, sondern an die Bevölkerung zurückgibt. Das kann entweder in Form einer „Klimadividende“ geschehen, die jedeR BürgerIn am Ende des Jahres überwiesen bekommt.
Oder die Einnahmen werden dafür genutzt, klimafreundliche Energieträger günstiger zu machen – vor allem den zunehmend aus erneuerbaren Energien erzeugten Strom –, was einen zusätzlichen Anreiz dafür geben würde, zum Heizen und Autofahren verstärkt Strom statt Öl und Benzin einzusetzen.
Individuelle Last hängt vom CO2-Ausstoß ab
In beiden Modellen, das zeigen Berechnungen (z.B. vom Mercator-Intitut (pdf), dem Verein CO2-Abgabe (pdf) oder dem Forum Ökologisch-Sozilale Marktwirtschaft), profitieren einkommensschwache Haushalte, während Reiche stärker zur Kasse gebeten werden. Denn wenn durch die CO2-Abgabe keine zusätzlichen Einnahmen erzielt werden, bleiben die durchschnittlichen Kosten pro Person gleich.
Die individuelle Belastung hängt allein vom CO2-Ausstoß ab: Teurer wird es für alle, die dickere Autos fahren, größere Häuser bewohnen und mehr fliegen als der Durchschnitt. Und das sind in der Regel nicht die Hartz-IV-EmpfängerInnen und GeringverdienerInnen. Diese hätten nur dann ein Problem, wenn sie sehr weite Strecken mit dem Auto pendeln müssen – und das ließe sich mit Ausnahmeregeln verhindern.
Wer trotzdem aus angeblicher Sorge um die sozial Benachteiligten gegen eine CO2-Abgabe argumentiert, hat sich also im besten Fall noch nie ernsthaft mit den vorliegenden Modellen beschäftigt. Oder die Armen sind nur vorgeschoben – und es geht in Wahrheit um die Interessen derer, die mit Öl und Benzin derzeit gute Geschäfte machen. Je mehr das falsche Argument verfängt, desto größer dürfte bei denen die Freude sein.
Hinweis der Redaktion: Im zweiten Absatz hieß es in einer früheren Version des Textes fälschlicherweise preiswerter statt teurer. Wir haben das korrigiert.
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