Protest gegen Professorenüberschuss: Zu wenig Professorinnen in Köln

Nur 28 Prozent der Professuren sind an der Universität Köln von einer Frau besetzt. Mit einer Aktion wollen Studierende dagegen protestieren.

Studierende sitzen in den Bänken eines Hörsaals

Zu Studienanfang sind noch die Hälfte der Studierenden Frauen. Danach werden es immer weniger Foto: dpa

KÖLN taz | Vier Meter breit und gut zwei Meter hoch sind die Stellwände, die Studierende der Universität Köln heute Mittag vor den Haupteingang des Unigebäudes aufstellen wollen. Darauf zu sehen sind die Fotos aller 631 Professor*innen der Hochschule, und jedes einzelne Foto ist entweder grau oder lila eingefärbt. Je nachdem, ob es sich um einen Mann – oder um eine Frau handelt. Alle, die an diesem Tag in die Universität kommen, sollen auf einen Blick erkennen: ein Großteil der Fotoplakate ist grau hinterlegt, die Universität Köln hat ein Problem mit dem Geschlechterverhältnis seiner Angestellten.

Nur 28 Prozent der Professuren – gerade mal jede vierte – sind an der Universität Köln von einer Frau besetzt. Damit liegt die Hochschule zwar sogar über dem bundesweiten Durchschnitt von aktuell 23 Prozent. „Dass diese 28 Prozent immer als etwas Positives hervorgehoben werden, empört uns sehr“, betont Aline, die ihren Nachnamen nicht nennen möchte. Die 22-Jährige studiert Regionalstudien Lateinamerika und hat gemeinsam mit Mitstreiter*innen die Aktion geplant. Nicht wenige von ihnen kommen aus der Alternativen Liste, die sich selbst als außerparlamentarische Opposition an der Uni sieht.

Die Plakataktion ist der Auftakt der „Q_FAK“, einer queerfeministischen Aktionswoche, die vom 2. bis 9. Mai an der Universität Köln stattfinden wird. Der ungleiche Anteil weiblicher und männlicher Professor*innen ist für die Aktivist*innen nur ein Symptom für die bestehenden Verhältnisse im Land. Und die zeigten sich eben auch an den Hochschulen: „Wir leben immer noch in einer sexistischen Gesellschaft, die von struktureller Diskriminierung geprägt ist“, erklärt Aline. Und die erkenne man vor allem, wenn man sich die Führungsebene anschaue.

Zwar waren im Jahr 2015 über die Hälfte aller Erstsemester in Deutschland weiblich. Und auch bei den Promotionsstudierenden sind fast 44 Prozent Frauen, die meisten von ihnen in Geisteswissenschaften sowie Kunst und Kunstwissenschaften. Doch blickt man auf die obersten Ebene im Hochschulbereich, stößt man auf ganz andere Zahlen. In den Hochschulleitungen waren 2015 nicht mal ein Viertel der Mitglieder Frauen, Rektorinnen oder Präsidentinnen stellen nur noch 17,6 Prozent der Gesamtzahl.

Den Hirsch-Index nicht so wichtig nehmen

Den Grund dafür, dass das Geschlechterverhältnis mit steigendem Einfluss und Gehalt so stark auseinandergeht, sehen die Ver­an­stal­ter*innen in den Strukturen: „Frauen sind im intellektuellen Bereich nach wie vor nicht so anerkannt wie Männer. Das kann auch dazu führen, dass sie sich nicht wohlfühlen und von sich aus entscheiden, die Wissenschaft zu verlassen.“

Auch der AStA der Universität Köln schließt sich der Kritik von “Q_FAK“ an. „Es kann nicht sein, dass es so wenig Professorinnen gibt, wenn gleichzeitig so viele Frauen studieren“, betont Florian Pranghe, Pressesprecher der Studierendenvertretung. Konkret fordere der AStA die Berufungskommission der Hochschule auf, sich bei der Neubesetzung von Stellen nicht an vermeintlichen Kennzahlen, die die wissenschaftliche Forschung der Bewerber*innen quantifizieren, festzuhalten. „So gibt es zum Beispiel den Hirsch-Index, der als Grundlage die Häufigkeit der Zitationen von Publikationen hat.

Frauen, die schwanger sind oder Kinder großziehen, was in der Bundesrepublik immer noch mehrheitlich von Müttern geschieht, haben in dieser Zeit im Vergleich zu ihren Kollegen weniger Möglichkeiten zu publizieren, und so ist ihr Index niedriger“, kritisiert Pranghe.

Strukturen kritisieren

Doch anders als der AStA wollen die feministischen Aktivist*innen nicht nur kosmetische Veränderungen, wie etwa eine Frauenquote. Vielmehr fordern sie die Diskussion über strukturelle Diskriminierung von Frauen. Deswegen haben sie sich auch für die Bilder entschieden. „Wir wollen das, was geschieht, auch sichtbar machen“, betont Aline.

Begleitend zur Protestaktion soll auch der #heretoo ins Leben gerufen werden, unter dem Betroffene in allen sozialen Netzwerken von ihren Erfahrungen struktureller Benachteiligung aufgrund ihres Geschlechts berichten können. „Bei #metoo hat die Gesellschaft sexualisierte Gewalt anerkannt, doch wenn wir wirklich etwas dagegen tun wollen, müssen wir auch die Strukturen, die Übergriffe und Diskriminierung möglich machen, kritisieren.“

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