piwik no script img

Hetze gegen linke PolitikerinnenSie werden härter

Linke Politikerinnen werden in sozialen Medien zunehmend mit sexualisierten Hass-Posts überschüttet. Jetzt wehren sie sich.

Nach der Teilnahme an dieser Gegendemo erhielten Politikerinnen massenhaft Drohungen Foto: imago/Emanuele Contini

„Du Nutte“, „Schlampe“ und schließlich: „Ich wünsche Ihnen eine Vergewaltigung an den Hals, und das täglich.“ Es ist nur eine kleine Auswahl an Kommentaren, die die Linken-Bundestagsabgeordnete Caren Lay am 21. Februar im Bundestag vorträgt und sich dabei vor allem an die Abgeordneten der AfD wendet. Es sind Kommentare, die Lay erhielt, nachdem sie an einer Demo teilnahm, die den von AfD-Mitglied Leyla Bilge angemeldeten „Marsch der Frauen“ am 17. Februar in Berlin blockierte.

Lay twitterte damals von der Blockade – und daraufhin kam eine Flut von zum Teil unterirdischen Kommentaren. Die ersten Kommentare spiegelte Lay noch auf Twitter zurück, doch das spornte die Beleidiger nur an.

Inzwischen setzt sich die Abgeordnete juristisch zur Wehr und hat zehn Personen angezeigt, wegen Beleidigung, Nötigung oder auch Gewaltandrohung. „Das Ausmaß und der Inhalt haben mich total schockiert“, sagt Lay der taz. Sie habe bereits früher Hasskommentare erhalten. Doch die Verknüpfung von Bedrohung und sexistischer Beleidigung sei eine neue Qualität.

Die meisten Kommentatoren stammten aus dem Umfeld der AfD, vermutet Lay. Das gehe sehr deutlich aus dem Kontext hervor, und Auslöser des Shitstorms sei ja die Blockade der AfD-Demo gewesen. „Die Anzahl der Hasskommentare hat eine neue Dimension erreicht und ist eng verbunden mit dem Aufstieg der AfD“, meint Lay.

Eine lautstarke Minderheit

Auch die Grünen-Abgeordnete Canan Bayram erhielt Hunderte Kommentare und Mails, nachdem sie an der Demo gegen den Marsch der Frauen teilnahm. „Das war vom Ausmaß her schon krasser als vieles, was ich vorher erlebt habe“, sagt sie. Auch ihr Eindruck ist: „Es hat zugenommen, wohl weil sich die AfD gezielt einer Strategie bedient, um größer und bedrohlicher zu wirken.“

Einer aktuellen Studie zufolge ist es eine lautstarke Minderheit, die sich im Netz als Mehrheit aufspielt. So seien im Januar lediglich fünf Prozent der Accounts für 50 Prozent der Likes bei Hasskommentaren verantwortlich gewesen. Die meisten der bei Hassinhalten hochaktiven Accounts ließen sich als Anhänger von AfD und Identitären identifizieren. Beruhigend?

Canan Bayram bleibt jedenfalls gelassen. „Bei mir gibt es zwei Kategorien: Mülleimer oder Anzeige.“ Die meisten Accounts hat die Juristin einfach gesperrt, Anzeige erstattet sie nur, wenn der Straftatbestand der Bedrohung erfüllt ist. Im aktuellen Fall habe sie keine Anzeige erstattet.

Anders reagiert Sylvia Gabelmann. Die Linken-Abgeordnete ist seit einigen Wochen ebenfalls massenhaften Beleidigungen ausgesetzt. Die Kommentatoren auf Facebook begnügten sich zum Teil nicht damit, Gabelmann als blöde alte Kuh zu beschimpfen, sondern wünschen ihr unter anderem eine Vergewaltigung durch „20 Neger“. Gabelmanns Mitarbeiter sagt der taz, man sei dabei, Anzeigen zu stellen – an die hundert seien in Arbeit.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

2 Kommentare

 / 
  • 7G
    76530 (Profil gelöscht)

    Möge sich das Vertrauen in die deutsche Justiz als berechtigt erweisen!

  • Frauenfeindlichkeit ist unter Rechtsextremem weit verbreitet. Diese Hetzer sind genau die gleichen, die sich andererseits scheinheilig über Rotherham, Telford und Newcastle aufregen. Dabei sind sie selbst keinen Deut besser.