Burkaverbot in Bayern: Ganzkörpersprache statt Arabisch

In Bayern gilt nun ein Teilburkaverbot für Angestellte. Das fragwürdige Gesetz soll Kommunikation durch Gestik und Mimik gewährleisten.

Eine verschleierte Frau

Eine verschleierte Frau in München Foto: imago/Sven Simon

Die Maximilianstraße glänzt. Es ist die Prachtstraße im Herzen von München, auch wegen Gucci, Prada und Co. Sie gilt als eine der teuersten Straßen der bayerischen Landeshauptstadt und führt vom Max-Joseph-Platz schnurstracks bis zum Maximilianeum, dem Sitz des Bayerischen Landtags.

Dort hat man Anfang Juli mit den Stimmen der Freien Wähler und der CSU ein Teilburkaverbot für Bayern durchgewinkt. Elegant in der Sommerpause, sodass das umstrittene Gesetz sang- und klanglos am 1. August geltendes Recht wurde. In den Feuilletons und Zeitungsspalten blieb es ruhig: Keiner diskutiert länger über die Freiheit der Frau unterm Ganz-Körper-Kondom, über kulturelle und reli­giöse Selbstbestimmung.

Basta. Gesichtsschleier sind künftig in Bayern für Angestellte im öffentlichen Dienst, an Hochschulen und Schulen, in Kindergärten und -krippen sowie in Wahllokalen verboten. Gemeinden haben zudem freie Hand, Burka und Niqab zum Beispiel bei der Kirchweih oder dem Oktoberfest zu verbieten.

„Ein kommunikativer Austausch findet nicht nur durch Sprache, sondern auch durch Blicke, Mimik und Gestik statt. Er bildet die Grundlage unseres zwischenmenschlichen Miteinanders und ist Basis unserer Gesellschaft und der freiheitlichen demokratischen Grundordnung“, heißt es in der Gesetzesbegründung. Eine Verhüllung des Gesichts widerspreche dieser Kommunikationskultur.

Kommunikation ist wichtig. Das weiß man bestens in der Maximilianstraße, denn dort will man verkaufen, gerne an verschleierte Kundinnen vom Golf, die hier auffallend viel auf ihren Shopping-Jagdzügen unterwegs sind. Sie sind leicht zu erkennen im Gewusel der Münchener Fußgängerzone: Urlauber aus Golfstaaten sind in größeren Gruppen unterwegs. Die Männer modisch gekleidet, die Frauen tragen Schleier.

Arabischer Urlauber gibt 400 Euro am Tag aus

In den Luxusboutiquen versteht man sich deshalb längst auf die Ganz-Körper-Sprache. Ob im Jimmy Choo Store, bei Escada oder Hermès – man ersetzt das „Grüß Gott“, einfach durch ein unerschütterliches Lächeln, man hebt oder senkt die Augenbrauen, verfolgt aufmerksam jeden Blick der KundInnen, um das Objekt ihrer Begierde möglichst schnell zu erfassen und es anzupreisen: Augenbrauen anerkennend heben, abwertend senken, Kopfschütteln, Kopfnicken, Körperhaltung entspannt bejahend oder zweifelnd verkrümmt.

Außerdem spricht in einer Gruppe von arabischen Kunden vom Golf fast immer jemand Englisch, was die Kommunikation noch mehr erleichtert. Zwar suchen große Händler auch arabischsprachiges Personal, dies sei aber eher ein höfliches Entgegenkommen als Pflicht, sagte Ernst Läuger vom Handelsverband Bayern dem Bayerischen Rundfunk. Burkatragende Kundinnen sind hier willkommen! Und man tut was dafür!

Nach einer Erhebung des Handelsverbandes Bayern gibt ein arabischer Kunde knapp 400 Euro pro Tag aus, deutlich mehr als ein Urlauber aus Niedersachsen. Und das nicht nur auf Luxusmeilen wie der Maximilianstraße. „Mittlerweile ist es schon so, dass auch die Mittelschicht des Nahen Ostens unsere Länder bereist. Es werden auch alle Lagen der Stadt frequentiert“, betont Ernst Läuger.

Einkaufen, das weiß doch jeder, steht ganz oben auf der Liste der Urlaubsaktivitäten der BesucherInnen vom Golf. Diesem Bedürfnis werden die Bayern nur allzu gerecht. Wohl durchdacht ist auch, dass Gemeinden Burka und Niqab bei Vergnügungsveranstaltungen in Einzelfällen verbieten können. So schützt man sich nicht nur vor unter der Burka versteckten Terroristen, man respektiert auch die Gepflogenheiten der Gäste: Sie massenhaften Besäufnis-Orgien auszusetzen wäre mehr als unverantwortlich. Kluge Bayern!

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