Braunkohle in Brandenburg: Linke streitet übers Klima
Die Fraktionsführung der Linken in Brandenburg gibt das Klimaschutzziel für 2030 auf – gegen den Willen der Bundespartei.
Denn drei einflussreiche Brandenburger Linke stellen das Klimaziel des Bundeslands nun ebenfalls infrage: Fraktionschef Ralf Christoffers, der parlamentarische Geschäftsführer Thomas Domres und der Energieexperte der Fraktion, Matthias Loehr.
Sie plädieren in einem Papier aus dem Juli, das der taz vorliegt, für ein „Aufweichen des Klimaziels der Energiestrategie 2030“, das bisher eine Reduzierung der Emissionen in Brandenburg um 72 Prozent gegenüber 1990 vorsieht.
Als Grund nennen die Autoren des Papiers, über das zuerst die Süddeutsche Zeitung berichtet hatte, „veränderte Rahmenbedingungen“: So sei die unterirdische Speicherung von CO2 an politischem Widerstand gescheitert. Zudem habe der Betreiber LEAG entschieden, das Braukohlekraftwerk Jänschwalde acht bis zehn Jahre länger in Betrieb zu lassen als von der Regierung erwartet.
„Als Landesregierung haben wir keine Möglichkeit, ein früheres Abschalten zu erzwingen“, sagte Loehr der taz. Damit sei das geplante 72-Prozent-Ziel bis 2030 nicht zu erreichen. „Maximal fünf Jahre später“ werde es aber so weit sein.
WWF: Begründung der Linken vorgeschoben
Der WWF kann diesen Positionswechsel nicht nachvollziehen. „Das Klimaziel sagt aus, was die Regierung will“, meint Klimaexperte Michael Schäfer. Man könne es nicht einfach an die Pläne des Braunkohlekraftwerkbetreibers anpassen. Die Begründung der Linken hält er für „vorgeschoben“. Die Landesregierung habe diverse Möglichkeiten, die Laufzeit des Kraftwerks zu beeinflussen, etwa über den Bundesrat oder über Grenzwerte für den Ausstoß von Quecksilber und Stickoxiden. Die sind von der EU durch neue Vorgaben verschärft worden.
Die meisten deutschen Braunkohlekraftwerke müssen nach Ansicht des Umweltbundesamtes entweder nachgerüstet werden – oder bräuchten eine Ausnahmegenehmigung der Landesbehörden, die an Bedingungen geknüpft oder befristet werden könnte.
Doch diese neue Macht wollen die Länder offenbar gar nicht haben: In einem Brief haben die Ministerpräsidenten von Sachsen, Brandenburg, Sachsen-Anhalt und NRW die Bundesregierung aufgefordert, gegen die neuen Grenzwerte zu klagen. Dies sei in Brandenburg aber nicht mit den Linken abgesprochen gewesen, sagt Loehr.
In der Parteispitze herrscht großer Ärger über das Vorgehen der Brandenburger. Nach außen hält sich Parteichefin Kipping gegenüber den eigenen Leuten aber wesentlich stärker zurück als zuvor gegenüber der parteipolitischen Konkurrenz: „Dem Klimaschutz hilft es wenig, von selbst gesteckten Zielen Abstand zu nehmen“, sagte sie der taz lediglich. „Deshalb würde ich mir ein anderes Herangehen in Brandenburg wünschen.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja
Die Wahrheit
Der erste Schnee
Schraubenzieher-Attacke in Regionalzug
Rassistisch, lebensbedrohlich – aber kein Mordversuch