Transgender im US-Militär: Diskriminierung für Trumps Basis
Präsident Trump verkündet, Transgender würden nicht mehr im Militärdienst geduldet. Hinter der folgenlosen Ankündigung stecken andere Motive.
Wirklich in Gang gesetzt ist damit außer einer Debatte gar nichts. Tweets sind nicht einmal Exekutivanordnungen – und die Rechtsexperten der US-Medien analysierten sofort, dass Trump die seit gut einem Jahr bestehende Erlaubnis von Transgender beim Militär im Alleingang gar nicht würde rückgängig machen können. Das könne allenfalls der Kongress – und ein entsprechendes Gesetz, analysierte das Magazin Politico, würde mit hoher Wahrscheinlichkeit als verfassungswidrig verworfen werden.
Er habe sich, hatte Trump geschrieben, vor seiner Entscheidung mit Militärexperten und Generälen beraten. Mit welchen, sagte er allerdings nicht. Sein Verteidigungsminister James Mattis jedenfalls gehörte nicht dazu – der weilt gerade im Urlaub und erfuhr erst kurz zuvor von Trumps Vorhaben. Er hat sich bislang nicht geäußert.
Andere hingegen schon. Sowohl aus dem Militär als auch von zahlreichen Kongressabgeordneten und Senatoren hagelte es Kritik – zumal die von Trump ins Feld geführten Kosten allen Studien zufolge wahrlich nicht exorbitant sind. Bei geschätzt derzeit zwischen 6.000 und 11.000 Transgender im aktiven Militärdienst liegen die Kosten für etwaige Hormontherapien oder Umwandlungsoperationen bei geschätzt höchstens 8,4 Millionen US-Dollar im Jahr, sagt etwa die Rand Corporation, die 2016 eine Studie über Transgender im US-Militär durchführte.
Im Vergleich dazu: für Viagraverschreibungen an seine Soldaten gab das Verteidigungsministerium 2014 etwa 41 Millionen Dollar aus. Aber selbst wenn das Kostenargument ziehen würde – dann könnte ohne weiteres die unter dem Vorgängerpräsidenten Barack Obama eingeführte Kostenübernahme für Geschlechtsumwandlungen zurückgenommen werden, ohne aber Transgender gänzlich aus dem Militärdienst auszuschließen.
Wenn es also mehr als unwahrscheinlich ist, dass Trumps Twitter-Ankündigung außer Verunsicherung und neuerlicher diskursiver Diskriminierung irgendwelche tatsächlichen Folgen hat – was soll das dann? Der frühere demokratische Arbeitsminister Robert Reich, ein in den Medien und sozialen Netzwerken überaus aktiver Trump-Gegner, hält die Tweets für eine reine Ablenkung von den massiven Problemen, denen sich Trump gegenüber sieht.
Allen voran das Bashing seines Justizministers Jeff Sessions, weil der sich in Sachen Russlandermittlungen für befangen erklärt hatte. Dass der Präsident seinen erzkonservativen Minister seit Tagen bei jeder Gelegenheit verunglimpft, nimmt die sozialkonservative Basis durchaus krumm. Ein bisschen Transgenderdiskriminierung hilft bei der Ablenkung.
Zumal: Debatten wie etwa die Auseinandersetzung über spezielle öffentliche Toiletten für Transgender gelten den neuen rechten Bewegungen weltweit als Musterbeispiel der „abgehobenen liberalen Elite“. Trump macht keine Politik, er bedient die niederen Instinkte.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Anschlag auf Magdeburger Weihnachtsmarkt
Vieles deutet auf radikal-islamfeindlichen Hintergrund hin
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos