Fußball in der ARD: 133.827.693,8 Euro für die Bundesliga
Laut internen Papieren zahlt die ARD ab 2017 mehr als 130 Millionen Euro für die Übertragung der 1. und 2. Liga. Dafür bekommt sie nicht viel.
Das geht aus einem Papier hervor, das dem Rundfunkrat des Mitteldeutschen Rundfunks zur Zustimmung (bei den Fernsehrechten) beziehungsweise zur Information (bei den Hörfunkrechten) präsentiert wurde – und das der taz vorliegt. Rundfunkratsmitglieder bestätigten auf Nachfrage die Zahlen.
Die Kosten für die TV-Übertragungen setzen sich aus 113 Millionen Euro Lizenzgebühr und 5,78 Millionen Euro für die Produktion zusammen. Die Bilder von den 306 regulären Spielen, die die ZuschauerInnen sehen, kommen nämlich mitnichten von ARD oder Sky, sondern werden von Sportcast, einer 100-prozentigen Tochter der Deutschen Fußball-Liga (DFL), produziert. Die Bundesliga filmt sich also selbst – und verkauft die Bilder dann. Und dafür zahlt die ARD insgesamt 118,78 Millionen netto. „Der Bruttobetrag (bei 7 Prozent MwSt.) beläuft sich demnach auf 127.095.193,85 € pro Saison“, heißt es in der Vorlage.
Bei solch hohen Summen sind in mehreren Ländern, darunter auch im MDR-Gebiet, die Aufsichtsgremien gesetzlich dazu ermächtigt, die Gelder freizugeben. Da der MDR laut Fernsehvertragsschlüssel 10,6 Prozent (knapp 13,5 Millionen Euro inklusive Steuern) der Kosten für die Fußballübertragungen im Ersten und den dritten Programmen tragen muss, war der Rundfunkrat zustimmungspflichtig – und gab wenig überraschend sein Okay. Allerdings soll der Zustimmung eine längere Debatte vorausgegangen sein. Der Tagesordnungspunkt 6 sei keiner gewesen, der einfach so abgenickt und durchgewunken wurde, heißt es aus dem Rundfunkrat. Unter anderem sei auf mehr Transparenz gedrungen worden.
Doch damit tut sich die ARD noch immer schwer. Die Kosten für einzelne Sportrechte gibt man nicht bekannt. Das ist auch diesmal so: „Wie in der Vergangenheit bereits kommuniziert, wird sich die ARD sowohl aus rechtlichen Gründen sowie zum Erhalt der eigenen Wettbewerbsfähigkeit zu diesen Zahlen nicht öffentlich äußern“, sagt ARD-Sportkoordinator Axel Balkausky.
Die Summen steigen
Die nach außen getragene Haltung ist seit Jahren die gleiche: Erstens dürfe man die Zahlen nicht nennen, das sei wohl vertraglich mit den jeweiligen Rechteinhabern vereinbart. Zweitens würde das Nennen der Summe den Konkurrenten bei zukünftigen Bieterverfahren helfen. Ergo: Die Rechte – wenn man sie als ARD überhaupt noch bekäme – würden teurer. Belege dafür, dass Übertragungsrechte tatsächlich dann kostspieliger würden, wenn man die bislang gezahlten Gebühren öffentlich nennen würde, gibt es keine.
Aber dass die Kosten für Sportrechte – auch ohne die gebotenen Summen offiziell preiszugeben – steigen und steigen, ist schnell belegt: Im Vergleich zur aktuell laufenden Rechteperiode (2013 bis 2017), in der die ARD durchschnittlich 109,6 Millionen Euro netto pro Jahr für die Fernsehrechte zahlt, steigen die Nettokosten laut der Vorlage für den MDR-Rundfunkrat ab 2017 um 8,5 Prozent.
Nur um 8,5 Prozent, ist man geneigt zu sagen. Denn wenn man sich die Explosion der Gesamteinnahmen der Deutschen Fußball-Liga aus der Vermarktung der TV-Rechte anschaut, wirkt die Steigerung der ARD-Ausgaben um gut 8 Prozent fast lächerlich klein. Während die DFL die nationalen Rechte von 2013 bis 2017 noch für jährlich 628 Millionen Euro pro Jahr verkaufte, zahlen Sky, ARD, ZDF, Discovery, Sport1, Perform, Amazon und RTL ab 2017 rund1,16 Milliarden Euro pro Jahr. Eine Steigerung um 85 Prozent. Den Löwenanteil davon trägt der Bezahlsender Sky, der ab kommendem Jahr 876 Millionen Euro pro Saison an die DFL zahlen muss (statt 486 Millionen wie in den Jahren 2013 bis2017).
Allerdings bekommt die ARD für ihre 8,5 Prozent mehr ab 2017 deutlich weniger: So laufen die frei empfangbaren Eröffnungsspiele von Hin- und Rückrunde nicht mehr im Ersten, sondern im ZDF. Auch die Relegationsspiele zur ersten und zweiten Bundesliga sowie den Supercup wird das Erste ab 2017 nicht mehr übertragen dürfen. Außerdem wird ihr Herzstück, die „Sportschau“ am Samstagabend, künftig häufiger nur vier Erstligaspiele vom Nachmittag zusammenfassen können, an zehn Spieltagen werden samstags um 15.30 Uhr nämlich nur vier Partien aus dem Oberhaus ausgetragen.
Aus dem Papier des MDR-Rundfunkrats geht auch hervor, für welche TV-Pakete sich die ARD noch beworben hat – und wofür sie keinen Zuschlag bekommen hat: Wenig überraschend versuchte man erneut die Free-TV-Livespiele zu bekommen, die diesmal ans ZDF gingen. Allerdings versuchten die Öffentlich-Rechtlichen auch die sogenannten nonlinearen Highlight-Clip-Rechte zu erwerben, das in der Ausschreibung der DFL mit „O2“ benannte Paket. Damit hätte die ARD nach dem Wochenende die Zusammenfassungen der Spiele im Netz zeigen können. Dieses Paket, das bislang Axel Springer hält, ging jedoch an die Perform Group.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Scholz bezeichnet russischen Raketeneinsatz als „furchtbare Eskalation“
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Haftbefehl gegen Benjamin Netanjahu
Er wird nicht mehr kommen