Neonazis in Schweden: EU-Mittel für braune Veranstaltung
Neonazis wollen sich im Mai in Stockholm zum „Manhemsdagen“ treffen. Das Europäische Parlament finanziert die Propaganda-Show mit.
Und die BesucherInnen sollen die Möglichkeit haben an Verkaufsständen von Szenefirmen ihren Bedarf zu decken. Beispielsweise an T-Shirts mit Aufdrucken wie „Refugees not welcome“ oder dem Portrait von Per Engdahl, dem Gründer der faschistischen „Neuschwedischen Bewegung“. Zudem können die Gäste rassistische Aufkleber, Buttons gegen homosexuelle Partnerschaften oder antisemitische Standardwerke der US-„White Supremacy“-Bewegung erwerben. Und das Ganze wird auch mit Geld des EU-Parlaments finanziert.
Auf diese Mitfinanzierung seitens der EU wird auf der Veranstaltungswebsite ausdrücklich hingewiesen. Das Geld kommt von einem Mitveranstalter, der von der rechtsextremen Europa-Partei Allianz für Frieden und Freiheit (APF) gegründeten Stiftung „Europa Terra Nostra“. Der Stiftung wurden im Januar vom EU-Parlament für dieses Jahr Beiträge in einer Hohe von 197.625 Euro bewilligt.
Die Stiftung hat ihren Vereinssitz in Berlin, Seelenbinderstr. 42, der Adresse der NPD-Parteizentrale. Vorsitzender ist Dan Eriksson, Betreiber von „Motgift“, einem Medienprojekt, das rechte Podcasts produziert und ehemals führendes Mitglied der schwedischen Neonazi-Partei „Svenskarnas Parti“ („Partei der Schweden“). Die hatte sich vor einem Jahr wegen mangelnder Resonanz aufgelöst. Die neue Europa-Partei und -Stiftung sind nun offenbar als neue Plattform gedacht.
Vergangenheit in der militanten Nazi-Szene
Neben Eriksson ist auch der Ex-Vorsitzende von „Svenskarnas Parti“, Stefan Jacobsson – dieser ist gleichzeitig Generalsekretär der unter dem Vorsitz des italienischen Neofaschisten Roberto Fiore stehenden APF – als einer der Redner auf dem „Manhemsdagen“ angekündigt. Jacobsson, der eine Vergangenheit in der militanten nazistischen „Schwedischen Widerstandsbewegung“ hat, teilte dieser Tage mit, die „große Ehre“ zu haben, auf der zentralen NPD-Kundgebung zum 1. Mai in Schwerin sprechen zu dürfen.
Auch andere der vorgesehenen „Manhemsdagen“-Akteure haben Verbindungen zur deutschen Neonazi-Szene und spielten zentrale Rollen in verschiedenen Organisationen von Schwedens „White Power“-Bewegung.
Mit der Namenswahl „Manhems“-Tag scheinen die Veranstalter an die 1934 gegründete und 1944 aufgelöste pronazistische „Samfundet Manhem“ („Manhem-Gemeinschaft“) anknüpfen zu wollen. Offiziell war sie eine der „Volksbildung national Gesinnter“ dienende Organisation, die sich in der Praxis Rassismus und Antisemitismus propagierte – wie die „Lösung der Judenfrage“ und die angebliche Überlegenheit der „nordischen Rasse“. Seit Beginn der 1940er Jahre begann man auch damit, die Namen und Adressen jüdischer MitbürgerInnen zu registrieren.
Soll EU-Geld dazu beitragen, solche braunen Veranstaltungen zu finanzieren? Delphine Colard, Pressesprecherin des EU-Parlaments, beschränkt sich darauf, in einer schriftlichen Stellungnahme gegenüber der schwedischen antirassistischen Publikation Expo, die zuerst über den finanziellen Hintergrund des „Manhemsdagen“ berichtet hatte, auf die allgemeine Rechtslage hinzuweisen.
Anspruch auf Parteienfinanzierung
Neben Europafraktionen kann das Europäische Parlament auch Parteienzusammenschlüsse auf europäischer Ebene anerkennen. Im Falle der im Februar 2015 gegründeten APF, an der als einzige im EU-Parlament vertretene Parteien die NPD und Griechenlands „Goldene Morgenröte“ beteiligt sind, war das mit Wirkung vom 1. Januar 2016 geschehen.
Solche Europaparteien haben dann auch Anspruch auf Parteienfinanzierung aus EU-Mitteln, mit denen sie Veranstaltungen, Kampagnen und Öffentlichkeitsarbeit finanzieren können. Ähnliches gilt für die parteinahen Stiftungen, wie APF's „Europa Terra Nostra“. Neben den knapp 200.000 Euro für diese Stiftung sind der APF vom EU-Parlament für 2016 400.000 Euro bewilligt worden.
Schwedens sozialdemokratische Europaparlamentarierin Marita Ulvskog gibt sich empört: „Ich finde, es ist fürchterlich peinlich und abscheulich, dass wir solche Veranstaltungen mitfinanzieren“. Falls die jetzige Rechtslage das zulasse, müsse man über Änderungen nachdenken.
Vor zwei Jahren habe das Parlament erst neue Bestimmungen beschlossen, um in Zukunft zu vermeiden, dass antidemokratische Gruppen, die sich nicht zu den Werten der EU bekennen, finanzielle Beiträge erhalten können. Doch offenbar genüge das nicht. Ulvskog: „Ich glaube, eine große Mehrheit der Abgeordneten im EU-Parlament ist schockiert, wenn sie erfährt, dass so etwas möglich ist.“ Sie kündigt an, das Thema schon bei der nächsten Sitzung ihrer Fraktion aufzuwerfen.
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