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Rund 50 Prozent der Stellen fallen wegBASF streicht Gentechnik zusammen

Der Konzern baut die Hälfte seiner Forschungsstellen in der Agro-Gentechnik ab. Umweltschützern zeigt das: Gentech ist out.

Da hatte BASF noch Gentechnik-Pflanzen in Deutschland: Ernte der transgenen „Amflora“ in Mecklenburg-Vorpommern im Jahr 2009 Foto: dpa

Berlin taz/rtr | Der Chemiegigant BASF will weniger in die umstrittene Agro-Gentechnik investieren. Rund die Hälfte der derzeit etwa 700 Stellen in der Forschung und Entwicklung für die Pflanzenbiotechnologie würden abgebaut, teilte das Unternehmen mit. In Europa würden 180, in Nordamerika 140 Stellen wegfallen. Der Ludwigshafener Konzern hatte bereits vor vier Jahren den Schwerpunkt seiner Gentechnik-Forschung in die USA verlegt - nachdem er den politischen Kampf um den Anbau seiner Gentech-Kartoffel Amflora in Deutschland gegen Kritiker der Technik verloren hatte.

„Wir werden Projekte stoppen, die mit extrem hohen technischen Hürden verbunden sind und signifikante zeitliche und finanzielle Investitionen erfordern“, sagte BASF-Vorstandsmitglied Harald Schwager. Die Gentechnik-Forschung werde sich nun auf Sojabohnen konzentrieren, die resistent gegen Unkrautvernichtungsmittel und Pilze sein sollen.

„Das Projekt zu mehrfach ungesättigten Omega-3 Fettsäuren in Raps-Saatgut wird ebenfalls fortgeführt.“ Auch werde BASF weiter mit dem US-Konkurrenten Monsanto daran arbeiten, Mais und Soja ertragreicher und widerstandsfähiger zu machen. Projekte im Anfangsstadium für Pflanzen, die ertragreicher und widerstandsfähiger sind gegen Umgebungsstress, dagegen würden zurückgefahren, Vorhaben für ertragreichen Reis sowie pilzresistenten Mais sogar gestoppt.

Die Forschungsstandorte und Feld-Versuchsstationen in North Carolina, Iowa, Berlin und Limburgerhof, Gent sowie Brasilien würden erhalten bleiben, sollten aber verkleinert werden. Die Feld-Versuchsstationen in Kekaha/Hawaii sowie in Indien und Puerto Rico würden geschlossen.

Fast alle Gentechnik-Unternehmen kränkeln

„Dass die BASF die Hälfte der Gentech-Forschungsstellen in Europa und Nordamerika streicht, zeigt: Sie stellt sich der Realität und rückt vom Hype um eine angebliche Zukunftstechnologie ab“, sagte die Gentechnik-Expertein des Bunds für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Heike Moldenhauer, der taz. Die Firma behalte in Sachen Gentechnik nur noch ein Feigenblatt, „auch um ihren Aktionären nicht sagen zu müssen: Sorry, wir haben auf das falsche Pferd und viele Millionen in den Sand gesetzt.“ Bis auf Bayer würden alle großen Gentechnik-Unternehmen kränkeln.

In Deutschland werden - auch wegen des großen Widerstands in der Bevölkerung - seit 2012 keine gentechnisch veränderten Pflanzen angebaut. Die Gegner befürchten, dass die Pflanzen umweltschädliche Monokulturen erleichtern und warnen, mögliche Gesundheitsrisiken seien nicht genügend untersucht worden.

Gewinn schrumpft weiter

BASF ist der weltgrößte Chemiekonzern. Am Freitag warnte er angesichts der Konjunkturabkühlung in China und des Ölpreisverfalls vor einem weiteren Ergebnisrückgang, wie die Nachrichtenagentur Reuters berichtet. „Das Jahr hat verhalten begonnen, vor allem infolge einer schwachen Mengenkonjunktur in China“, sagte Vorstandschef Kurt Bock demnach. „Die Risiken für die Weltwirtschaft steigen weiter.“ Für 2016 rechnet BASF mit einem Betriebsgewinn (Ebit) vor Sondereinflüssen leicht unter Vorjahresniveau.

Der Überschuss fiel 2015 um knapp 23 Prozent auf fast vier Milliarden Euro. Wegen Wertberichtigungen im Öl- und Gasgeschäft brach der Betriebsgewinn um 1,4 Milliarden auf 6,2 Milliarden Euro ein - diese Hiobsbotschaft hatte BASF schon im Januar verkündet. Der bereinigte Betriebsgewinn fiel um 8,4 Prozent auf 6,7 Milliarden Euro.

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8 Kommentare

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  • Die klassische Gentechnik ist überholt. Aktuell wird die CRISPR/Cas9-Technik genutzt, um Gene zu manipulieren. Man kann Abschnitte im Genom entfernen, verschieben, korrigieren oder auch neu schreiben. Und das mit bisher unerreichter Präzision, Effizienz und Flexibilität. Was früher ein Jahr intensiver Arbeit im Labor erforderte, gelingt damit in zwei Wochen. Ein Vorteil: es ist nicht nachweisbar. Es gibt keine Markergene. Aufgrund des Fehlens charakteristischer Spuren fallen sie nicht einmal mehr unter die juristische Definition genveränderter Organismen. Forderungen, die neue Technik gesetzlich zu regeln oder zu kennzeichnen, sind damit sinnlos.

     

    Nicht mehr benötigte Unternehmenteile werden abgestossen. Ein völlig normaler Vorgang.

    • @Manfred Stein:

      CRISPR/Cas9 ist genauer aber nicht punktgenau. Gentechnische Manipulation ist es dennoch.

      Der Verbraucher hat den Braten gerochen und wendet sich von konventionell erzeugtem Saatgut zunehmend ab. Ein Eigentor der Saatgutindustrie, wenn eine Kennzeichnungsregelung versäumt wird.

      • @Manni:

        Der größte Nachteil der CRISPR/Cas9-Technik ist, dass damit den gewerbsmäßigen Gentechnikgegnern die Geschäftsgrundlage genommen wird. Manipulationen sind nicht nachweisbar, keine Markergene.

    • 8G
      86548 (Profil gelöscht)
      @Manfred Stein:

      Wenn ich den Kommentar richtig verstehe, dann kommen also demnächst genmanipulierte Produkte auf den Markt und wir merken es nicht einmal. Gegen wen soll ich dann demonstrieren? Das ist unfair.

      • @86548 (Profil gelöscht):

        Die CRISPR/Cas9-Technologie wird schon lange in der Lebensmittelindustrie genutzt, um z. B. Bakterien (Starterkulturen) zu schaffen, mit denen Joghurt, Salami oder Roggenbrot erzeugt wird. CRISPR/Cas9 ist schon längst in aller Munde.

  • 8G
    849 (Profil gelöscht)

    "Wegen Wertberichtigungen im Öl- und Gasgeschäft brach der Betriebsgewinn um 1,4 Milliarden auf 6,2 Milliarden Euro ein - diese Hiobsbotschaft hatte BASF schon im Januar verkündet. Der bereinigte Betriebsgewinn fiel um 8,4 Prozent auf 6,7 Milliarden Euro."

     

    Wo ist da die Hiobsbotschaft versteckt???

    • 8G
      86548 (Profil gelöscht)
      @849 (Profil gelöscht):

      Ganz einfach: 210 Mio. weniger Steuern für Vater Staat (bei einem aktuellen Körperschaftssteuersatz von 15 %)