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Essay AsylregelungenÜber ein kastriertes Grundrecht

Kommentar von Rudolf Walther

Das deutsche Asylrecht galt als das Leuchtfeuer der Verfassung. Nun wird daran herumgeflickt, bis es wegsaniert ist.

Die Zahl derer, die wirklich willkommen sind, wird immer weiter reduziert. Foto: dpa

E s gab einmal den deutschen Innenminister Hermann Höcherl (CSU). Der verteidigte illegale Abhörungspraktiken des Verfassungsschutzes einmal mit dem Hinweis: „Die Beamten können nicht den ganzen Tag mit dem Grundgesetz unter dem Arm herumlaufen.“ Das war im September 1963. Wenn man heute Vorschläge zur „Lösung“ der Flüchtlingsfrage aus der ganz großen Koalition, Umfragen und Teilen der Medien hört, verraten sie ein gleiches Verhältnis zum Asylrecht. In Artikel 16, Absatz 2 des Grundgesetzes hieß es einst ganz schlicht: „Kein Deutscher darf an das Ausland ausgeliefert werden. Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.“

Dieses Recht nannte Burkhard Hirsch, der ehemalige Innenminister in NRW, das „Leuchtfeuer der Verfassung“. Es war eine weltweit einzigartige Norm, denn selbst der Art. 14.1 der Erklärung der Menschenrechte reicht weniger weit: „Jeder Mensch hat das Recht, in anderen Ländern vor Verfolgung Asyl zu suchen und zu genießen.“

Der Art. 16 GG zeigt, welche Lehren die Väter und Mütter des Grundgesetzes 1949 in ihrer Beratung der Verfassung aus der zwölfjährigen Nazidiktatur zogen, die 500.000 jüdische Bürger, oppositionelle Demokraten, Sozialisten und Kommunisten ins Exil trieb.

Verglichen mit der schnörkellosen Diktion des Grundgesetzartikels wirkt der geschäftsmäßige Jargon, mit dem der politisch herrschende Konformismus heute das Asylrecht im Namen von „pragmatischem Humanismus“ aushebelt, nur peinlich und provinziell: „Alles in der Welt ist ja relativ“, lautet der steinern-behäbige Gemeinplatz des baden-württembergischen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann. Wer ihn kritisiert, bekommt seine hausgemachten „Realitäten“ aufgetischt, die er mit wohlfeilen Versprechungen ohne Datum und Substanz wie dem „Beschäftigungskorridor“ für Balkanflüchtlinge garniert. Dieses Versprechen im papierenen Asylkompromiss dient dem Ministerpräsidenten zur Selbstberuhigung über die Komplizenschaft bei der bigotten Schandtat.

In seinem „pragmatischen Humanismus“ übertroffen wird Kretschmann nur noch von seinem Parteifreund und Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer, der am Grundgesetz vorbei „Obergrenzen“ für Asylbewerber einführen möchte, das heißt, Flüchtlingen die Chancen zu nehmen, hier Schutz zu finden. Die Abschiebung von Flüchtlingen mit militärischen Transportmaschinen findet Palmer „hart, aber realistisch“ sowie „bitter, aber wahr“ – den Verzicht auf Abschiebungen im Winter dagegen „nicht mehr zeitgemäß“.

Auf dieser Schwundstufe des „Humanismus“ trifft sich Palmer mit dem Konservativen Reinhard Müller, der am 22. Oktober in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung schrieb: „Abschiebungen wirken inhuman – doch nur deshalb, weil sie mit einer Illusion aufräumen. Humaner wäre es, diejenigen, die ganz offensichtlich keinen Anspruch auf Schutz und Bleibe haben, gar nicht ins Land zu lassen.“ Der Entschluss für Abschiebungen in rechtsfreien Eilverfahren ist nur der letzte Akt beim Wegsanieren des Asylrechts.

Bild: Marc Latzel
Rudolf Walther

ist freier Publizist und Historiker. Er lebt in Frankfurt am Main. 1993 erhielt er den Joseph-Roth-Preis. Dieses Jahr erschien im Oktober Verlag Münster der neue, inzwischen schon vierte Band mit seinen Essays, Kommentaren und Glossen: „Aufgreifen, begreifen, angreifen“.

Lange und trostlose Vorgeschichte

Solcher Umgang mit einem grundgesetzlich garantierten Recht für politisch Verfolgte hat eine lange und trostlose Vorgeschichte. Als in den 1980er Jahren immer mehr Asylsuchende aus den Krisengebieten in Asien, Afrika und aus Europa, speziell aus der Türkei, nach Deutschland kamen, und erst recht seit dem Bürgerkrieg im ehemaligen Jugoslawien, stieg die Zahl der nur geduldeten Kriegsflüchtlinge 1992 auf 640.000 und die der übrigen Asylsuchenden auf 620.000.

Im Schulterschluss mit Boulevardmedien und konservativen Zeitungen, die wie die rechtsradikale NPD hemmungslos von „Asylbetrug“ und „Asylmissbrauch“ redeten, entfachte die CDU unter ihrem damaligen Generalsekretär Volker Rühe eine Kampagne gegen Asylsuchende, die nun abwertend als „Asylanten“ oder „Scheinasylanten“ und „Asylbetrüger“ bezeichnet wurden. Ziel der Kampagne war es, die SPD weichzuklopfen, die man für die Zweidrittelmehrheit zur Änderung des Asylrechts im Grundgesetz brauchte.

Hetze gegen Asylsuchende wurde zum Wahlkampfschlager, nachdem Volker Rühe die SPD zur „Asylantenpartei“ erklärt hatte, und der bayerische Ministerpräsident Max Streibl (CSU) vor der „multikriminellen“ und sein Parteifreund Edmund Stoiber (CSU) vor der „durchrassten Gesellschaft“ warnten. Schon 1990 brachte die CDU/CSU die Zahl von 50 Millionen Asylsuchenden in einer von der Springerpresse orchestrierten Kampagne ins Spiel. Der Historiker Ulrich Herbert bezeichnete diese als „polemischste und folgenreichste Auseinandersetzung der Nachkriegsgeschichte“.

taz.am wochenende

Richard Berk ist Soziologe und Statistiker. Er sagt, seine Algorithmen könnten bei der Geburt herausfinden, ob ein Kind einmal ein Verbrecher werde. Wie berechenbar sind Menschen? Die Titelgeschichte „Wird dieses Kind ein Mörder?“ lesen Sie in der taz. am wochenende vom 24./25. Oktober. Außerdem: Heini Rudeck fällt das Gehen schwer. Trotzdem besucht er das Grab seiner Freundin täglich. Er setzt sich einfach an den Computer. Und: Klaus von Dohnanyi veröffentlicht die Briefe seines Vaters aus der Gestapo-Haft. Ein Gespräch. Das alles gibt es am Kiosk, eKiosk oder im praktischen Wochenendabo.

Am 26. Mai 1993 war es so weit: Auch die SPD stimmte einer Grundgesetzänderung zur Neufassung des Asylrechts zu. Die Änderung war gleichbedeutend mit der Austreten des „Leuchtfeuers“ Asylrecht. Obendrein wurde dabei die glasklare, jedem Bürger verständliche Diktion der Verfassung ersetzt durch ein juristisches Kauderwelsch, in dem sich nur noch Paragrafenhengste zurechtfinden.

Der erste Absatz des Art. 16a GG wiederholt zwar den Kernsatz des Asylrechts: „Politisch Verfolgte genießen Asylrecht“, aber nur, um diese Norm mit dem zweiten Satz wieder zu kassieren: „Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der EU oder einem sicheren Drittstaat einreist.“ Damit wurde die moralische Selbstverpflichtung des Landes zur Aufnahme politisch Verfolgter durch ein robustes Mauerwerk aus Paragrafen ersetzt. Flüchtlinge konnten fortan nur noch per Flugzeug oder Schiff nach Deutschland einreisen.

Trend zur Aushöhlung

Aufgrund der rigiden Einschränkung des Asylrechts sank die Zahl der Anträge von 322.599 (1993) auf 50.563 zehn Jahre später und ganze 19.164 im Jahr 2007. Durch eine schikanöse Handhabung des Residual-Rechts auf Asyl – mit eingeschränkten Leistungen, Sach- statt Geldleistungen, Arbeitsverbot, Gemeinschaftsunterkünften und anderen Abschreckungsmaßnahmen – gelang es, die Zahl der anerkannten Asylberechtigten nach Art. 16a GG 2008 auf 233 Personen zu drücken. 1994 waren es noch über 25.559. Das Bundesverfassungsgericht kritisierte in einem Urteil von 1996 bereits die „Erosion des Asylrechts“, konnte aber den Trend zur Aushöhlung nicht unterbinden. Mit dem neuen Art. 16a GG hatte das Land „die neue Mauer“ errichtet, die Justizminister Heinrich Lummer (CDU) schon im Herbst 1992 gefordert hatte.

Am kastrierten Asylrecht wird nun seit über 30 Jahren im Vierteljahresabstand herumgeflickt vom „Asylbewerberleistungsgesetz“ (1. 11. 1993) bis zu den jüngsten Vorschlägen zur Einrichtung von rechtsfreien Transitzonen, Abschiebezentren, Eilverfahren und „Hotspots“ am Rande Europas, um die Festung Europa zu verteidigen, da die 1993 errichteten Rechtsschranken nun wanken.

Als Vorbild dient der deutschen Politik die Schweiz, wo im Prinzip das großzügige Asylrecht von 1981 gilt, wonach Schutz findet, wer „in seiner Heimat wegen Rasse, Religion, Nationalität, sozialer Stellung oder politischer Anschauung“ verfolgt wird. Unter dem Druck der Medien und der rechtspopulistischen Partei des Milliardärs Christoph Blocher (SVP), der das Asylrecht suspendieren und die Grenzen abriegeln möchte, änderte das Berner Parlament das Asylrecht seit 1981 zehnmal, zuletzt 2013. Mit dem System der direkten Demokratie hat das so viel und so wenig zu tun wie der Aufstieg des Front National mit dem republikanischen System.

Als Renner, für den sich CDU-Landtagsfraktionen und die Kanzlerin interessierten, erwies sich das Schweizer „48-Stunden-Verfahren“ von 2012, mit dem Flüchtlinge aus Balkanstaaten nach zwei Tagen mit ultraschnellen Anhörungs-, Prüfungs- und Entscheidungsverfahren zurückgeschickt werden. Asylgesuche aus Balkanstaaten haben seither abgenommen, die Abschreckung funktioniert.

„Fast-Track-Verfahren“

Ein typisch schweizerisches Verfahren entwickelte man gegen Asylsuchende aus Afrika. Im „Fast-Track-Verfahren“ bieten die reichen Eidgenossen diesen 2.000 Franken „Rückkehrhilfe“, wenn sie freiwillig ausreisen. Diese zentral geführten Verfahren werden in 35 bis 65 Tagen durchgezogen. Damit will die Schweiz auch Sozialhilfeleistungen sparen.

Diese buchhalterisch-monetaristische „Lösung“ humanitärer Probleme passt hervorragend zur neoliberal und rechtspopulistisch imprägnierten Selbstgerechtigkeit der heutigen Schweiz. Das war auch schon mal anders. Der 1848 gegründete, liberal-demokratische Bundesstaat gewährte Oppositionellen aus vielen Ländern Asyl – Republikanern, Demokraten, Sozialisten, Anarchisten, Deserteuren. Der Kleinstaat widerstand dem politischen Druck der Großmächte Wien, Sankt Petersburg und Berlin. Erst nach 1933 verhärtete sich die Haltung der Schweiz gegenüber Flüchtlingen.

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23 Kommentare

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  • Der Hinweis hier in den Kommentaren auf die Debatte im parlamentarischen Rat ist erhellend, weil schon damals die staatliche Alimentierung und Kasernierung von Asylsuchenden als Argument vorgebracht wurde, das Grundrecht einzuschränken, bzw. abzuschaffen. Also sollten wir alles daransetzen, dass diese staatliche Versorgung und Entrechtung abgeschafft wird, damit das Asylrecht wiederhergestellt werden kann und die Zahl der Einreisenden sich an der Aufnahmewilligkeit und - kapazität unserer Gesellschaft bemisst - sozusagen im Selbstlauf: ohne Grenzzäune und Schlepper...

  • "Politisch Verfolgte genießen Asylrecht."

    Kriegsflüchtlinge sind keine politisch Verfolgten.

    Sie haben einen Anspruch auf Schutz.

    Die Diskussion über Obergrenzen ist naheliegend, wenn man die Menschen schützen und versorgen möchte.

  • Lieber Herr Rudolf Walther -

    Danke für Ihren historischen Abriß mit dem sidekick Schwyz.

     

    Nicht nur die populistischen Einlassungen der aktuell genannten -

    öh grüne Politiker Kretschmann/Palmer

    (zur Erinnerung: Die Grünen lehnten die Asylrechtsschleifung 1993* noch ab!!)

    - auch einige der hier gleichfalls schwer verdaulich-verstiegenen Kommentare zeigen -

    Wie weit sich der Mainstream von humanitären Rechtsstandards der bundesrepublikanischen Asyltradition des Grundgesetzes entfernt und einen menschenverachtenden Politjargon entwickelt hat.

     

    Allen voran der

    sog. Verfassungsminster

    IM FrozenThomas DeHugo'not -

    Mit seinem Unsatz des Jahres;

    "Sollen wir das Geschäft der Schlepper betreiben?"!!

     

    Ps* dazu fand der Verfassungsrichter Jürgen Kühling - die passenden Worte:" Wir schaffen eines der - Grund&Menschenrechte des Grundgesetzes ab - nur weil wir schlecht organisiert sind!"

  • wenn das Asyl recht so schlimm hier wäre würden nicht alle nach Deutschland kommen, Deutschland hilft ja immerhin am meisten und in den anderen Ländern wo weltweit Flüchtlinge sind dazu auch noch, Deutschland muss ja jetzt erstmal Tausende neue Lehrer und Beamte ausbilden weiß ja nicht ob man Flüchtlinge hilft wenn man sie sich alleine überlässt auf das war Deutschland ja gar nicht vorbereitet aber dennoch so viel geschafft bis jetzt, dazu kommen dann fehlen noch fast eine Million Wohnungen können ja nicht alle jahrelang in Holzhütten leben wäre auch keine Hilfe für sie, gefällt den Syrern bestimmt nicht hier so zu leben wie vorher in der Türkei oder Libanon hätten ja sonst nicht die Mühsame reise antreten müssen deshalb wenn helfen dan richtig und nicht wie zweite Wahl Menschen behandeln wollen nur weil man unbedingt alle die Weltweit auf der flucht sind und so schnell wie möglich helfen will . Sagen ja auch viele die aus Kriegsgebieten direkt kommen warum können die schon in anderen Ländern in Sicherheit sind nicht erstmal auf ihr Visum warten und müssen sich noch dazwischen quetschen, haben ja alle Kriegsflüchtlinge ein recht auf ein Visum nach Deutschland nur die Wartelisten sind schon lang und müssen ja auch in Deutschland das abarbeiten, wenn man so hilft hat man wenn was in den überfüllten Flüchtlingslagern mit Schlägerei und sonst was passiert mit das Blut an den Händen zu kleben.

  • Die Verharmlosung des Problems jüdischer Mitbürger Asyl in anderen Ländern zu finden, wird hier gefährlich übergangen, denn das Asylrecht in der jungen BRD reagierte nicht auf "500.000 jüdische Burger ...die es ins Exil trieb, sondern auf 6 Millionen jüdische Menschen, die nirgendwohin auswandern konnten... vor 1945 Denn es emigrierten nachweislich nur die Wohlhabenden, die in anderen Ländern Bürgen hatten...der Rest wurdeeben abgewiesen, bzw wusste, keine Aufnahme zu fenden!

    Gerade in der aktuellen Diskussion sollte dies so benannt werden!

  • „Der Art. 16 GG zeigt, welche Lehren die Väter und Mütter des Grundgesetzes 1949 in ihrer Beratung der Verfassung aus der zwölfjährigen Nazidiktatur zogen, die 500.000 jüdische Bürger, oppositionelle Demokraten, Sozialisten und Kommunisten ins Exil trieb“

     

    Wenn dieser nicht nötige, dafür aber blauäugige und unvollständige Zu-Satz fehlte, in diesem Essay, würde ich ihn als absolut empfehlenswert bezeichnen.

    • @Ardaga:

      und hier die langfassung dessen, was Sie als "dieser nicht nötige, dafür aber blauäugige und unvollständige Zu-Satz"

      bezeichnen http://www.zeit.de/1989/08/politisch-verfolgte-geniessen-asylrecht/komplettansicht

      eine zusammenfassung dessen, was sich länglich in den materialien zur entstehung des GG nachlesen läßt.

      • @christine rölke-sommer:

        Ja - Danke für den link - Den eher konservativen v. Mangoldt mit pro Carlo Schmitt - hatte ich nicht mehr auf dem Schirm - Demgegenüber denn doch rückblickend etwas verblüffend - daß es auch gerade diese beiden (von Gewicht;) waren - gegen die Elisabeth Selbert - erfolgreich im crossover -

        "Männer und Frauen sind gleichberechtigt" -

        a GG - durchsetzen konnte;)

      • 3G
        3784 (Profil gelöscht)
        @christine rölke-sommer:

        Vielen Dank für den Link!

         

        Es ist immer wieder gut, zu lesen, was jene selbst aussagten, auf die sich nur deshalb gerne berufen wird, um zu verschleiern, dass sie deren Willen konterkarieren. Es ist höchst amüsant, festzustellen, dass die Anzahl jener, die sich auf eine bekannte Person berufen, immer dann exponentiell anschwillt, wenn die betreffende Person sich hierzu nicht mehr äußern kann. Da werden bereits ein paar Fetzen authentischer Aussagen der Personen hilfreich, um übles Schauspiel als solches zu entlarven.

  • soeben höre ich in den nachrichten, daß kanzlerin merkel sagt: "(...) wir haben aus den erfahrungen mit gastarbeitern anfang der 60er jahre gelernt (...)"

     

    wer ist "wir", und wo lebte angela merkel als 6jährige da, im osten oder noch im westen?

  • 3G
    3784 (Profil gelöscht)

    Vielen Dank für diesen Artikel!

  • Der Autor redet am eigentlichen Punkt vorbei. Die erste Frage ist: Gibt es Grenzen der Aufnahmekapazität und des Aufnahmewillens der Bevölkerung, vor allem im Hinblick auf den sozialen Frieden einer Gesellschaft?

     

    Falls Herr Walther diese Frage verneint, dann ist er für mich in der jetzigen Situation ein idealistischer Träumer. Wenn man diese Frage bejaht, dann folgt automatisch, dass Asylgründe in eine Rangfolge gebracht werden und nicht mehr jeder Grund (wirtschaftlich z.B.) für die Anerkennung genügt. Und dann ist Abschiebung nicht mehr automatisch böse.

     

    Sinn macht es die erste Frage zu diskutieren. Wieviel Einwanderung welcher Art (auf dem Asylweg oder auf dem Weg qualifizierter Arbeitsmigration) verträgt Deutschland pro Jahr?

    • @stiller123:

      Nazi-Terror und rechte Gewalt sind nicht, was im Rahmen einer Diskussion um den sozialen Frieden thematisiert werden kann. Es handelt sich dabei um Verbrechen, nicht um zivilen Ungehorsam.

    • @stiller123:

      "Gibt es Grenzen der Aufnahmekapazität und des Aufnahmewillens der Bevölkerung, vor allem im Hinblick auf den sozialen Frieden einer Gesellschaft?"

       

      Beantworten Sie uns doch diese Frage.

       

      > Wenn Sie Grenzen der Aufnahmekapazität sehen, müssen Sie diese genau beziffern.

      > Wenn Sie Grenzen des Aufnahmewillens sehen, müssen Sie diese plausibel machen.

    • @stiller123:

      Si tacuisses... Und ich dachte immer, die taz hätte sich mit all den Artikeln, berichten und Kommentaren von Christian Rath ein Forum an Lesern geschaffen, mit denen man sich nicht in derartigen Flachwassern bewegen muss.

      In Kürze: Anspruch auf Asyl einerseits und auf Behandlung nach de Genfer Flüchtlingskonvention haben zu nächst alle, die sich auf politische, rassische und andere gesetzlichen Gründe berufen können. Wer immer sich darauf beruft, hat Anspruch darauf, das sein Schutz individuell geprüft wird... Dies hat das Volk bereits in seiner Verfassung entschieden, deshalb stellt sich die Frage für Verfassungstreue Bürger nicht, denn hier gibt es keine Obergrenze, die von Kapazität oder Willen abhinge. Erst ein Einwanderungsgesetz gäbe dem Volk durch seine Vertreter die Gestaltungsmöglichkeit, über die Zahl derjenigen Zuwanderer zu entscheiden, die aus sonstigen (z.B. wirtschaftlichen oder anderen als politischer Verfolgung) Gründen in unsere Gesellschaft aufgenommen werden wollen. die Älteren erinnern sich an die "Boatpeople" aus Vietnam, die als Kontingentflüchtlinge in unserem Land Aufnahme fanden. Über dieses Kontingent aber ist es müßig zu diskutieren, weil die gegenwärtige Politik als Sklavin der Wirtschaft ohnehin nur jene einlassen wird, die von der Wirtschaft ökonomisch verwertet und von den Finanzen verkraftet werden können.

      • @hanuman:

        Mein lieber Lateiner, hätte ich die Zeit, dann könnte ich Ihnen noch den alten römisch-rechtlichen Grundsatz hervorkramen, dass niemand über seine Möglichkeiten hinaus zur Leistung verpflichtet werden kann. Gegen Einzelfallprüfung habe ich mich überhaupt nicht ausgesprochen. Und natürlich gibt es keine fixe numerische Obergrenze. Aber eine geschätzte, vermutete Grenze für sozialverträgliche Einwanderung liegt den Verschärfungen oder meinetwegen auch der Aushöhlung des Asylrechts zugrunde.

         

        Die Schutzbedürftigkeit von Asylbewerber wird bewertet und je nach Rechtslage wird ein Teil anerkannt und ein anderer nicht. Das ist die Realität. Und deshalb ist es entscheidend zu diskutieren, wie viele Menschen Deutschland sozialverträglich aufnehmen kann. Wenn Einwanderung den gesellschaftliche Frieden bedrohende Ausmaße annimmt, muss sowieso eine rechtliche Güterabwägung erfolgen. Es ist ein populärer Irrtum das alle Menschenrechte absolut sind. Nur die Menschwürde ist es. Alle anderen Menschenrechte, selbst das Recht auf Leben, sind der Abwägung zugänglich.

         

        Ich bin mir nicht sicher, dass die derzeitige Einwanderung bereits den gesellschaftlichen Frieden derart bedroht, dass massive Verschärfungen des Asylrechts zulässig sind. Aber ich wiederhole, dass die Frage nach der Aufnahmefähigkeit und dem Aufnahmewillen die entscheidende ist. Und nicht aufzuzählen, wie hier und dort der Anteil an Menschen, die Chance auf Asyl oder Duldung haben, geschrumpft ist.

        Ich bin mir nicht sicher, dass die derzeitige Einwanderung bereits den gesellschaftlichen Frieden derart bedroht, dass massive Verschärfungen des Asylrechts zulässig sind. Aber ich wiederhole, dass die Frage nach der Aufnahmefähigkeit und dem Aufnahmewillen die entscheidende ist. Und nicht aufzuzählen, wie hier und dort der Anteil an Menschen, die Chance auf Asyl oder Duldung haben, geschrumpft ist.

        • @stiller123:

          Der Aufnahmewille spielt keine Rolle. Schließlich sind nicht wir die Bedürftigen, sondern die Flüchtlinge sind es.

        • @stiller123:

          Im Gegensatz zu Ihnen glaube ich nicht, dass die Frage nach der Grenze unserer Aufnahmefähigkeit derzeit wesentlich ist. Viel entscheidender ist zu überlegen, wie die angemessene Versorgung der Flüchtlinge finanziert werden kann, ohne die ohnehin Schwachen in unserer eigenen Gesellschaft zu überfordern.

           

          Steuererhöhungen, die vor allem Reiche und Superreiche treffen, halte ich dazu für unumgänglich. Vermögenssteuer, Spitzensteuersatz, evtl. Steuern auf Luxusgüter wie Rolex-Uhren... ebenso eine effektive Bekämpfung der Steuerflucht. Wenn wir uns entscheiden, diese finanziellen Ressourcen zu nutzen, die wir durchaus haben (!), dann können wir auch noch einen deutlich höheren Zustrom an Flüchtlingen stemmen. Und zwar ohne wirkliche Not.

           

          Ich glaube nicht, dass die Einwanderung der wesentliche Faktor ist, der in unserem Land den gesellschaftlichen Frieden bedroht. Es ist eher der Neoliberalismus, von dem die Reichen jetzt zwei bis drei Jahrzehnte massiv profitiert haben, und der den Armen mit Hartz IV und Riester-Rentenreform massiv geschadet hat. Diese Entwicklung muss gestoppt und zurückgedreht werden, nicht der Zustrom an Flüchtlingen.

          • @Smaragd:

            Ich gebe Ihnen Recht, dass Deutschland finanziell noch viel mehr Flüchtlinge aufnehmen könnte. Geld genug ist im oberen Fünftel der Gesellschaft da. Mit sozialem Frieden meine ich eher, dass sehr schnell sehr viele Menschen kommen, denen Werte fremd sind, die in Deutschland mittlerweile wesentlich sind. Und dass ein Großteil dieser Menschen nicht für den deutschen Arbeitsmarkt qualifiziert ist. Kulturelle Differenzen plus Langzeitarbeitslosigkeit ist ein Rezept für Parallelwelten. Leider schon lange zu gut in Berlin zu beobachten, gerade mit statistischen Blick auf ehemalige Libanon-Flüchtlinge der 80er Jahre und ihre Nachkommen: Stark unterdurchschnittlicher Bildungserfolg, stark überdurchschnittliche Straffälligkeit und bei allzu vielen dieser Gruppe ein äußerst problematischer Wertekosmos.

            • @stiller123:

              Nachdem nun die alten Positionen geräumt sind, verbleiben nur noch die "Werte" - Jakob Augstein hat zu Recht gefragt, ob die Abgaswerte von VW noch mit dazu zählen. Oder der "Wert" eines Sommermärchens, bei dem sich offensichtlich Staat und DFB die Finger schmutzig gemacht haben. Menschenwürde und Demokratie, das sind die unverrückbaren Werte unserer verfassten Gesellschaft. Die Bürger halten sich bei ihrer Willkommenskultur an diese Werte. Wenn aber, mein lieber Stiller, der Staat selbst diese Werte nicht achtet - vgl die vielen verfassungswidrigen Gesetze, der Hochverrat der Kanzlerin mit dem Anspruch einer "marktkonformen Demokratie", wenn eine Regierung ihre völkerrechtlichen Verpflichtungen nicht erfüllt - 0,4 % statt 0,7 % des BIP als Entwicklungshilfe, mangelhafte Leistungen an das Flüchtlingshilfswerk UNHCR, keine Waffen in Kriegs- oder Krisengebiete - dann kann das Staatsversagen bei der Bewältigung der Flüchtlingsströme nicht zu einer Umwertung unserer Werte führen, sondern nur zu einem Widerstand - Art 20 Abs 4 GG -, der jene Sonderlinge in die Wüste schickt, die " mehr an Verantwortung" Deutschlands in der Welt fordern, aber damit nur die im Zweifel militärische Verteidigung unseres Wohlstand- und Lebensstandards im Auge haben. Wer aber unser Glück erkauft, indem er die Ungleichheit verteidigt, unsern Reichtum nicht zu teilen, darf sich nicht wundern, wenn sich die Armen und Ausgebeuteten ihren Teil bei uns holen.

              • @hanuman:

                Ich habe keine alte Position geräumt. Ihre Argumentation, Hanuman, ist aber nun vollends chaotisch.

                Mit Werten meine ich zum Beispiel, dass Religion Privatsache ist, genau wie die sexuelle Orientierung. Oder dass Frauen so viel Wert sind wie Männer oder dass man Konflikte möglichst friedlich austragen sollte. Werte, die mit dem Wert Demokratie ja wohl stark verbunden sind.

                Sie können aber gerne von DFB, Abgaswerten und Prozentpunkten BIP schwätzen, Hanuman.

          • @Smaragd:

            Sie brauchen aber noch ein Volk, das dabei mitspielt. Und irgendwann spielt es eben nicht mehr mit und Sie haben eine 2/3-Mehrheit für eine Verfassungsänderung schneller im Bundestag versammelt als Sie gucken können. Denn entgegen gewisser Gerüchte ist der Art. 16a nicht von der Ewigkeitsklausel geschützt.

          • @Smaragd:

            "Steuererhöhungen, die vor allem Reiche und Superreiche treffen, halte ich dazu für unumgänglich. Vermögenssteuer, Spitzensteuersatz, evtl. Steuern auf Luxusgüter wie Rolex-Uhren... ebenso eine effektive Bekämpfung der Steuerflucht. Wenn wir uns entscheiden, diese finanziellen Ressourcen zu nutzen, die wir durchaus haben (!)", nein damit kann Deutschland den Flüchtlingszustrom nicht stemmen. Schauen sie sich in Schweden um, dort gibt es diese Regularien, aber trotzdem gelingt es nicht eine nennenswerte Zahl von Flüchtlingen in Lohn und Brot zu bringen. Und nur dass wäre die Lösung für die Zukunft. Nur wer in die Sozialsysteme einzahlt ist auf Dauer für die Gesellschaft hilfreich. Und wozu sie dafür ihre angedachten Maßnahmen brauchen ist für mich nicht ersichtlich.