Privatisierung in Griechenland: Alles muss raus!
Die Regierung in Athen wird Staatsbesitz auf einen Fonds übertragen, der das Vermögen privatisiert. Der Verkauf soll 50 Milliarden Euro einbringen.
“Wir haben uns unter anderem auf einen Fonds geeinigt, der auf 50 Milliarden Euro angelegt ist“, sagte Euro-Gruppenchef Jeroen Dijsselbloem nach den Verhandlungen mit Griechenland in Brüssel. In den Fonds bringt die Regierung in Athen Vermögen wie Flughäfen, Häfen, Energieversorger oder die Bahngesellschaft ein. Der Verkauf soll 50 Milliarden Euro bringen. Davon soll die Hälfte für die Rückzahlung der Rettung der Banken verwendet werden, die jetzt mit dieser Summe gestützt werden. Die Banken gehen mit ihrem Vermögen an den Fonds und sollen auch verkauft werden. Von den übrigen 25 Milliarden Erlös soll jeweils die Hälfte für die Schuldentilgung und für Investitionen in Griechenland aufgewandt werden.
Anders als ursprünglich vorgesehen sitzt der Privatisierungsfonds nicht in Luxemburg, sondern in Athen. Man habe verhindert, „dass öffentliches Vermögen ins Ausland verschoben wird“, sagte der griechische Regierungschef Alexis Tsipras. Der geplante Fonds wird „unter der Aufsicht der maßgeblichen europäischen Organe und Einrichtungen verwaltet werden“, heißt es in der Erklärung des Eurogipfels.
„Der Privatisierungsfonds hat eine sehr große symbolische Bedeutung für die Geldgeber“, sagte die Forschungsdirektorin Dorothea Schäfer vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung Berlin. „Er ist eine Art Pfand für die Geldgeber.“ Griechenland habe schon öfter Privatisierungen zugesagt, aber nicht umgesetzt.
Kurzsichtige Planung
Eine Frist für den Verkauf des Staatsbesitzes gibt es nicht. „Entscheidend ist, dass es keine übereilten Verkäufe gibt“, sagte Schäfer. Das würde die Preise drücken. „Wichtig ist, den Fonds nach ökonomischen Gesichtspunkten zu managen“, sagte sie. Sonst drohe ein Ausverkauf.
Nach Auffassung des Ökonomen Rudolf Hickel droht der so oder so. „Der Privatisierungsfonds sorgt für den infrastrukturellen Ausverkauf Griechenlands“, sagte er. „Damit setzt sich die neoliberale Ideologie durch, dass Staatsvermögen abgebaut werden soll.“ Die ist seiner Auffassung nach kurzsichtig: Privatisierungserlöse würden in die Schuldentilgung gesteckt und seien dann weg. Dagegen würden Unternehmen in Staatsbesitz einen Beitrag zum Haushalt leisten.
Hickel hält es für fraglich, dass die vorgesehenen 50 Milliarden Euro Erlös zusammenkommen. Das ist aber die Voraussetzung dafür, dass die vorgesehenen 12,5 Milliarden Euro an Investitionen fließen. „Sie sind eine Art Belohnung für eine zügige Privatisierung“, sagte Hickel. Auf die drängen nicht nur die Geldgeber, sondern auch Firmen, die auf ein Schnäppchen hoffen. An den 14 Regionalflughäfen, die zu verkaufen Griechenland von den Geldgebern gedrängt wird, ist unter anderem der Frankfurter Flughafenbetreiber Fraport interessiert. Auch für den Energie- und Kommunikationssektor und die Banken gibt es Interessenten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen
Umgang mit nervigen Bannern
Bundesrat billigt neue Regeln für Cookies