piwik no script img

Sepp Blatter wiedergewähltEr weiß, wie Fifa geht

Nach theatralischer Präsentation und dem Rückzug des Gegners: Joseph Blatter gewinnt erneut die Fifa-Präsidentschaft.

Der alte und neue Präsident legt sich bei der Bewerbung ins Zeug Foto: ap

Berlin taz | Joseph Blatter verfügt über einzigartige Eigenschaften. Wenn ihn alle schon im Abseits wähnen, ihn zum Paria und personifizierten Bösen stilisieren, läuft er zu großer Form auf. Blatter ist ein erprobter Krisenmanager und Strippenzieher. „Ich möchte bei euch bleiben, mit euch weitermachen“, rief er den Fifa-Delegierten mit typisch Blatter'schem Pathos zu. Der Kongress applaudierte. Blatter schien gerührt. Einen Hang zum Theatralischen hatte er schon immer.

Die Delegierten waren teilweise auch angetan davon, wie sich am Freitagnachmittag die Vertreter der verfeindeten Verbände aus Israel und Palästina die Hand reichten und der Verband Israels mitnichten aus der Fifa ausgeschlossen wurde. Blatter, der alte Taktikfuchs, wusste diese plakative Geste sogleich für sich zu nutzen, als Zeichen des Friedens, den eben nur der Fußball stiften könne. Der Pate hat immer noch die Hausmacht in der Welt-Fußballregierung. Er weiß, wie Fifa geht.

Die Opposition aus Europa um Uefa-Chef Michel Platini hatte viel Wind gemacht im Vorfeld der Wahl, aber sie hatte weder zündende Ideen für einen Paradigmenwechsel noch einen eigenen Kandidaten ins Rennen um den Posten des Fifa-Chefs geschickt. So musste der Jordanier Ali bin al-Hussein herhalten, der eine derartig fahrige Bewerbungsrede hielt, dass man ernstlich an seiner Befähigung zweifeln musste, die Fifa zu führen. Dazu braucht es schon ein bisschen mehr, als vom Blatt die Worte Transparenz und Demokratie abzulesen – was ohnehin unglaubwürdig ist, da al-Hussein ein großer Unterstützer des WM-Ausrichterlandes Katar ist.

Gegen den 39-Jährigen wirkte der alte Mann Sepp Blatter ungleich vitaler und selbstsicherer. Mit diesem Pfund wucherte er dann auch. Die Krise, in der die Fifa seit der Verhaftung mehrerer Funktionäre steckt, könne nur ein „starker, erfahrener Führer“ meistern. Er meinte sich selbst. Blatter geht nun also in seine fünfte Amtszeit. Es dürfte seine letzte sein, denn 2019 ist der Schweizer 83 Jahre alt.

Opposition ist gefordert

Auch wenn es wieder für ihn gereicht hat, musste er doch so hart kämpfen wie noch nie. 2007 in Zürich wurde er noch per Akklamation gewählt. Vier Jahre später bekam Blatter von 203 Stimmen 186. Jetzt ging es etwas knapper zu. Wenn auch nicht so knapp wie erwartet. Im ersten Wahlgang verpasste Blatter die geforderte Zweidrittelmehrheit. Von 206 gültigen Stimmen erhielt der Schweizer 133, sein Konkurrent nur 73. Der zog darauf seine Kandidatur jedoch zurück.

Die Blatter-Opposition innerhalb der Fifa ist nun gefordert. Sie muss den Patriarchen vor sich hertreiben, zu echten Reformen nötigen, nicht locker lassen, wenn es darum geht, die Fifa offener und glaubwürdiger zu machen. Mit Blatter selbst ist keine Revolution möglich, er ist lediglich zu einer „Evolution“ bereit.

Der Meister des Proporzes möchte jetzt „Dinge“ verändern, sagte er, „schon morgen“. Doch es ist Aufgabe der Fifa-Mitglieder, den Wandel nicht allein Blatter zu überlassen, denn dann wird nicht viel daraus. Die 209 Mitgliedsverbände müssen die Reform schon selber wollen. Wie sagte doch der Prinz al-Hussein ganz richtig: „Bei der Fifa geht es nicht nur um einen Mann“.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

6 Kommentare

 / 
  • FIFA-Korruption: Ard und ZDF zahlen riesige Summen an die FIFA, damit die WM-Spiele übertragen werden. Ich halte es für einen grotesken Skandal, dass per Runderlass von jedem Otto Normalo eingetriebene GEZ-Gebühren an den korrupten Fußballverband weitergeleitet werden.

    Hier sind jetzt mindestens folgende Aktionen fällig: 1. Jeder Bürger fordert von den Sendern ARD und ZDF den sofortigen Stopp weiterer Lizenzzahlungen; 2. Die TV-Lizenzverträge werden von Gerichten in möglichst vielen Ländern auf Zulässigkeit und "Sauberkeit" geprüft. 3. Die Schweiz muss international unter Druck gesetzt werden, dem Pseudo-e.V. Fifa unter anderen Sportverbänden diesen VorzugsStatus zu entziehen: Es sind profitorientierte Milliardengeschäfte, die nichts mit "Gemeinnützigkeit" zu tun haben. 4. Eine Internet-Protestkampagne gegen die Fußballfunktionärs-Korruption.

  • Der Hinweis auf das fortgeschrittene Alter Blatters zieht nicht, betrachte ich im Vergleich dazu die Vita von Konrad Adenauer, dessen Laufbahn erst im zarten Alter von 73 Jahren so richtig Fahrt aufnahm. Zudem erscheint mir die Vitalität dieses Mannes ebenfalls so ungebeugt, dass ich ihm noch zahlreiche Jahre unterstellen würde. Also darauf sollte man nicht allzu große Hoffnungen setzen. Und die vage Aussicht auf ein "nicht-mehr-Antreten" nehme ich persönlich überhaupt nicht ernst.

     

    Nun hat Blatter nochmals einige Jahre Zeit, sein System noch fester zu installieren und sich für seine Unsterblichkeit den Sockel zu schaffen, auf den ihn mit größter Ernsthaftigkeit und Eifer Kaiser Franz dermaleinst heben würde - sofern nicht den amerikanischen Ermittlern noch ein Überraschungscoup gelingt. Allein - wollen wir denen wirklich auch noch dieses Feld überlassen? Wäre nicht schlecht, wenn bei uns in Europa Frust und Ehrgeiz endlich die nötigen Selbstreinigungskräfte entfalten würden.

     

    Zum Trost: Auch Blatters Opposition hat nun Zeit und Gelegenheit sich zu überprüfen, an sich und den im Raum stehenden Reformplänen, ihren Argumenten und an der Aufstellung eines charismatischen und überzeugenden Gegenkandidaten zu arbeiten.

  • Wenn es innerhalb der Fifa keine schlagkräftige Opposition gibt, dann sollten das die Medien übernehmen. Das funktioniert aber mit den Lügenmedien nicht, die uns nur das übermitteln, was wir wissen bzw. erfahren dürfen.

    Die Namen Niersbach, Rumenigge und Kaiser Kinderbauer bewirken bei mir immer über eine gewissen Zeitraum ein körperliches Unbehagen das "Zwei Schüsselsyndrom" genannt wird.

    Ausgenommen sei Herr Theo Zwanziger, der nicht in obiges System passt.

    Es gab Zeiten da wurden Begriffe "ehrlich währt am längsten" vermittelt.

    Heute sind eher die Begriffe wie clever, hinterfotzig, listig, manipulieren.....in.

    • @schratzl:

      Ich teile manchen Ihrer inhaltlichen Standpunkte und Ihre Abneigungen, weil ich ihn (wie Sie sicher auch) auf Medienbasis begründen kann. Ich kenne weder Beckenbauer noch Zwanziger persönlich, und auch sonst niemanden aus FIFA oder DFB. Daher sollten Sie den raunend-verschwörungstheoretischen Begriff "Lügenmedien" überdenken und Unwahrheiten lieber konkret belegen.

      Wenn Sie einen Augenblick drüber nachdenken merken Sie sicher selbst, dass die Medien seit mehreren Jahren nicht auf der Seite Blatters stehen, Zwanziger aber fast durchgehend gut finden.

      (Und ob man früher "ehrlicher" war und heute "hinterfotzig", würde ich bezweifeln und mutmaßen, das ist romantisches Wunschdenken, dass sich "gute, alte Zeiten" zurückwünscht. die es so nie gegeben hat. Oder meinen Sie die Amigos von FJ Strauß, Ulbrichts Leugnung des Mauerbaus oder den DFB 1978, der beim WM-Gastgeber Argentinien Diktatur und Folter leugnete?)

  • Auch wir können FIFA wählen.

    Bei der nächsten WM einfach nicht einschalten.

    Solche Stimmen sind richtige Schwergewichte.

  • 7G
    786 (Profil gelöscht)

    Klar weiß er das. Mit Korruption geht FIFA.