piwik no script img

Bundeswehr in Afghanistan und MaliKabinett billigt weiteres Engagement

So will es die Regierung: Die Bundeswehr bleibt noch ein Jahr in Afghanistan und stockt ihre Truppen in Mali auf. Die Zustimmung im Bundestag gilt als sicher.

Wird immer noch nicht abgezogen: Bundeswehrsoldat in Afghanistan. Bild: reuters

BERLIN dpa | Der seit zwölf Jahren laufende Kampfeinsatz der Bundeswehr in Afghanistan wird ein letztes Mal um zehn Monate verlängert. Zudem wird die Zahl der im westafrikanischen Mali stationierten Soldaten erhöht. Das Kabinett beschloss am Mittwoch entsprechenden Vorlagen für den Bundestag. Die Zustimmung des Parlaments in beiden Fällen gilt als sicher.

Mit dem Abschluss der internationalen ISAF-Mission Ende des Jahres endet auch der deutsche Kampfeinsatz am Hindukusch. Mehrere hundert Bundeswehr-Soldaten sollen allerdings zur Ausbildung und Beratung der afghanischen Truppen weiterhin im Land bleiben. Derzeit sind noch rund 3100 Einsatzkräfte aus Deutschland in Afghanistan.

Regierungssprecher Steffen Seibert bekräftigte die deutsche Bereitschaft, sich mit 600 bis 800 Soldaten an einer Folgemission zu beteiligen. Voraussetzung dafür seien aber eine entsprechende UN-Resolution, eine ausreichende Beteiligung anderer Länder und ein zwischen der Nato und Afghanistan vereinbartes Truppenstatut. Bislang weigert sich der afghanische Präsident Hamid Karsai, ein Abkommen mit den USA zu unterschreiben, das Rechtssicherheit für die internationalen Truppen schaffen soll.

In vielen Teilen Afghanistans kämpfen radikalislamische Taliban-Rebellen gegen die Regierung und verüben immer wieder Anschläge. Die Voraussetzungen für einen Abzug der internationalen Kampftruppen zum Jahresende sind nach Einschätzung der Bundesregierung dennoch gegeben. Neben der Mandatsverlängerung billigte das Kabinett nämlich auch den neuesten Fortschrittsbericht, der die Lage in Afghanistan überwiegend positiv beschreibt. In den meisten Gebieten sei die Sicherheitslage ausreichend kontrollierbar, heißt es in dem Papier.

Als Ausnahme werden allerdings die ländlichen Regionen im Osten und Süden genannt: Dort sei die Lage überwiegend nicht oder gar nicht zu kontrollieren. Insgesamt bleibe die Sicherheitslage angespannt, heißt es weiter. Die Zahl der Gefallenen bei der afghanischen Armee und Polizei habe sich in den ersten elf Monaten 2013 verglichen mit dem Vorjahreszeitraum auf rund 4600 verdoppelt.

Ursula von der Leyen irgendwo in Afrika

Das Kabinett einigte sich zudem auf eine Aufstockung der im westafrikanischen Mali stationierten Bundeswehrtruppe. Wenn der Bundestag zustimmt, steigt die Obergrenze für die dortige Ausbildungsmission von derzeit 180 auf 250 Soldaten. Darüber hinaus will die Bundesregierung gemeinsam mit Frankreich die Entwicklungshilfe für Mali ausweiten.

Unmittelbar nach dem Kabinettsbeschluss zur Verlängerung und Ausweitung des Bundeswehr-Einsatzes brach Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) zu einer Afrikareise auf – die genauen Ziele wurden zunächst allerdings nicht bekanntgegeben.

Vor dem Abflug erklärte die Ministerin, in Mali sei die Hälfte der Einwohner jünger als 15 Jahre. Diese junge Generation bleibe nur im Land, wenn sie dort eine Perspektive habe. „Und deshalb ist es so wichtig, dass staatliche Strukturen aufgebaut werden, dass Stabilität herrscht.“

Seit einem Jahr beteiligt sich die Bundeswehr an einer EU-Mission zur Ausbildung der malischen Armee, die im Norden des Wüstenstaats gegen islamistische Rebellen kämpft. Die Rebellen hatten nach einem Militärputsch 2012 große Teile Malis unter ihre Kontrolle gebracht. Durch eine Intervention französischer und afrikanischer Truppen wurden sie weitgehend zurückgedrängt, es kommt aber immer wieder zu Anschlägen.

Ausbau der Entwicklungshilfe

Neben der militärischen Unterstützung soll auch die Entwicklungshilfe ausgebaut werden. Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (CSU) sagte, er stehe deshalb bereits im engen Kontakt mit seinem französischen Amtskollegen. „Wir wollen unser Engagement in Mali im zivilen Bereich noch besser koordinieren und verstärken.“ Um wie viel Geld und Personal es gehen könnte, werde gerade mit den Franzosen abgestimmt.

„Mali ist ein positives Beispiel, weil es gelungen ist, das Land in relativ kurzer Zeit wieder zu stabilisieren“, sagte Müller. „Dazu haben wir beigetragen durch viele Projekte: ländliche Entwicklung, Bewässerung, aber auch Beratung in der Frage des Aufbaus staatlicher Strukturen.“ Die Bundesregierung hatte Mali im vergangenen Mai mehr als 100 Millionen Euro für Stabilisierungsmaßnahmen und Entwicklungshilfe für zwei Jahre zugesagt.

Müller betonte, dass er Afrika zu einem Schwerpunkt seiner Arbeit machen werde. „Dieser Kontinent hat eine eminente Bedeutung. Afrika ist bei allen Herausforderungen ein Chancen-Kontinent – mit junger Bevölkerung, Dynamik, zweistelligen Wachstumsraten.“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

10 Kommentare

 / 
  • Ohne Deutschland darf nie wieder ein Krieg ausgehen. Gut für die Rohstoff-Aquise, gut für die deutsche Rüstungs-Industrie.

  • S
    Sören

    Der Einsatz in Afghanistan ist kein Erfolg. Es gab zu keiner Zeit ein umfassendes Konzept, um das Land auf einen neuen Kurs zu bringen und für Frieden zu sorgen. Der militärische und der zivile Aspekt dieser Mission wurden nie zusammen betrachtet, und eine nachhaltige Entwicklung gibt es wohl eher nicht.

     

    Der Hinweis der Verteidigungsminsterin in Bezug auf Mali ist sicher richtig. Man kann nicht gegen Flüchtlinge hetzen und sich abschirmen, gleichzeitig aber nichts tun, um die Ursachen dieser Ströme zu bekämpfen. Der Einsatz in Mali war außerdem von der Übergangsregierung gewünscht.

     

    Sich zurücklehnen und mit Verweis auf einen einfach gestrickten Pazifismus nichts tun ist keine Lösung. Gerade in Afrika haben viele Konflikte ihre Wurzeln in der Kolonialzeit. Wir Europäer haben hier eine besondere Verantwortung, die man nicht ignorieren darf.

  • G
    Gast
  • L
    Leserin

    Das ist das letzte bischen Schutz was die Frauen da noch von den Taliban trennt.

    Wenn die Soldaten weg sind zieht wieder der Irrsinn ein.

  • 7G
    774 (Profil gelöscht)

    Die Bundeswehr verlängert ihren Afghanistan-Einsatz. Das wird vor allem die Leute in Kundus freuen.

    • @774 (Profil gelöscht):

      ... und die Rüstungsindustrie nebst Ausstattern wie Tasmanian Tiger (ein Bruder vom Trekking- und Outdoorspezi Tatonka)!

  • B
    Blechstein

    Die Regierungsmitglieder und Abgeordneten müßten sich vor einem Volkstribunal verantworten. Gegen den Willen der Bevölkerung, werden weiter deutsche Truppen in Auslandseinsätze geschickt.

    • OM
      oh man BRD
      @Blechstein:

      Herr Blechstein haben Sie es immer noch nicht gerafft, dass die BRD nicht wirklich ein souveräner Staat ist?

       

      BRD = Vichy Frankreich

       

      So einfach.

      Können Sie mir einen Friedensvertrag zum zweiten Weltkrieg zeigen? - Nein

       

      Können Sie mir eine Verfassung zeigen? - Nein (und das Grundgesetz ist keine Verfassung, sondern ein Grundgesetz)

       

      Ich gebe Ihnen Recht, dass Regierungsmitglieder, Abgeordnete vor ein Tribunal gehören.

      Aber auch die Parteimitglieder von CDU/SPD/GRÜNE/LINKE/FDP wegen Verstoß gegen Völkerrecht und Kriegsrecht sowie Hochverrat.

      Da es keinen Friedensvertrag gibt, läuft juristisch noch der 2. Weltkrieg. Lesen Sie mal lieber Völkerrecht und Kriegsrecht, da wird Ihnen klar, dass NSA nur die Spitze des Eisbergs ist

    • HW
      Helmut Wolff
      @Blechstein:

      Und diese Regierungschefin erdreistet sich noch, anderen Ländern Ratschläge in Sachen Demokratie zu machen.

  • KS
    Kritische Stimme

    EKD-Ratsvorsitzender Nikolaus Schneider der Evangelischen Kirche hat Recht.Es gab keinen friedens- und sicherheitspolitisches Gesamtkonzept fuer Afganistan,man wurde nur von USA ueberredet mit dem Krieg mitzumachen im Interesse von USA.Dabei sind viele Menschenrechtsverletzungen begangen und egal welche Nationalitaet diese begangen hat,Deutschland ist mitverantwortlich. Die Prozesse von Nuernberg nach dem 2. Weltkrieg haben gezeigt das wenn man mit einem Krieg mitmacht,ist man schuldig an Allem was da schiefgeht.So ist es auch in Afganistan,wo nicht die Soldaten schuldig sind sondern die Entscheidungstraeger+Spitzenpolitiker die zur Teilnahme an diesem schmutzigen Krieg beschlossen haben.Diese Personen sollten vor einen internationalen Gerichtshof angeklagt werden.Anklage lautet Menschenrechtsverletzungen in grossem Ausmass,Mord,gezielte Toetungen,Folterungen,das Toeten+Verwunden von vielen Menschen,Beschaedigung von Infrastruktur und Vertreibung von hunderttausenden Fluechtlingen.Ursache ist die NATO wodurch die EU-Laender gezwungen waren zur Teilnahme,deshalb soll die NATO schnellstens ersetzt werden von einer europaeischen Organisation,dann koennen Europaer selbst entscheiden.Es ist moralisch unvermeidlich dass Europa Afganistan noch viele Jahre viele Miljarden Wiedergutmachung zahlen muss fuer das angerichtete Leid und den angerichteten Schaden