Armstrongs Schadensersatzprozess: Betrügen lohnt sich

Lance Armstrongs einstige Geschäftspartner stehlen sich aus dem Schadensersatzprozess heraus. Sie zahlen über eine halbe Million Dollar.

Lance Armstrong drohen mindestens 50 Millionen Dollar Strafe. Bild: ap

Lance Armstrong war wohl schon lange nicht mehr so allein wie jetzt. Dieser Tage gaben zwei seiner wichtigsten Geschäftspartner, sein einstiger Manager Bill Stapleton und Barton Knaggs, Mitbegründer des US-Postal-Rennstalls, bekannt, dass sie aus dem von Floyd Landis angestrengten Schadensersatzprozess aussteigen wollen. Sie boten den Anwälten der US-Regierung, welche die halbstaatliche Post vertritt, eine halbe Million Dollar und Landis’ Anwalt 100.000 Dollar als Abschlagszahlung an. Ein Schnäppchen im Vergleich zu dem, was ihnen in einem bis zum Ende durchgefochtenen Verfahren drohen würde.

Der Gesamtstreitwert liegt bei 95,7 Millionen Dollar. Er berechnet sich nach den Sponsorenzahlungen von US Postal bei der Finanzierung von Armstrongs gleichnamigen Rennstall. In den Jahren 2001 bis 2004 investierte die US-Post 31,9 Millionen Dollar in das Radsportabenteuer. Weil die Geldgeber angeblich nicht nur nichts vom Doping gewusst haben wollten, sondern bei Kenntnis der Dopingpraktiken auch kein Geld zur Verfügung gestellt hätten, fordern sie diese Beträge nun zurück.

In einem Schadensersatzprozess wird bei einem Schuldspruch die Streitsumme zur Strafzahlung verdreifacht. Ex-Radprofi Floyd Landis, der mit seiner Anzeige gegen Armstrong den Prozess ins Rollen brachte, kann mit 15 bis 30 Prozent der Summe als Belohnung rechnen; dem einstigen Teamkollegen von Armstrong winkt also ein zweistelliger Millionenbetrag. Ihm selbst wurde wegen Dopings der 2006 errungene Sieg der Tour de France aberkannt.

Lange Zeit schien Landis’ Aktion wenig Aussicht auf Erfolg zu haben. Die Anwälte beider Seiten ergingen sich in juristischen Kleinkriegen. Armstrongs Vertreter unterstellten der US-Post, durch Armstrongs Siege Imagegewinne verbucht zu haben, die die Sponsoringgelder weit übertreffen. Die Vertreter der Post forderten hingegen immer wieder neue Dokumente von den Beklagten, um deren Schuld noch deutlicher zu belegen. Besonders interessierte sie der Mailverkehr zwischen Armstrong und seinem wichtigsten Gönner, dem Investmentbanker Thom Weisel.

Die Mitwisser der Dopingpraktiken

Weisel hat ein Archiv von 136.000 Dokumenten zum Thema zusammengetragen. Er lehnt dessen Herausgabe aber ab. Er bestreitet auch, vom Doping gewusst zu haben. „Diese Radsportgeschichte hat ein halbes bis ein Prozent meines Lebens ausgemacht“, meint der Milliardär, der den Börsengang von Yahoo und dem Epo-Produzenten Amgen organisiert hat. Er bezeichnete sich von Armstrong als „extrem enttäuscht“, relativiert aber auch: „Ich wurde von einer ganzen Menge von Leuten in meinem Leben enttäuscht. Ich mochte Lance. Sein Trainingsregime war unglaublich. Ich dachte, er sei ein echter Gentleman. Aber das war eine Sache mehr, die man nicht kontrollieren kann.“

Weisel wurde von Armstrong selbst als Mitwisser der Dopingpraktiken bezeichnet. Trotz dieser Aussage strich Richter Robert Wilkins den mächtigen Investor von der Liste der Angeklagten. Der Schachzug des Texaners, den eigenen Anteil an der Strafzahlung durch eine Vergrößerung der Anzahl reicher Mittäter zu reduzieren, ist gescheitert.

Kurz vor Toresschluss seilen sich nun auch Stapleton und Knaggs ab. Bis zum 30. Januar hatten die Vertreter der Regierung Zeit, über das Angebot der beiden zu beraten. Jetzt haben sie es angenommen. So bleibt neben Armstrong nur noch dessen früherer Teamchef Johan Bruyneel als Beklagter übrig. Armstrong drohen nun mindestens 50 Millionen Dollar Strafe. In seinen besten Zeiten hätte er dies in zweieinhalb Jahren zusammenbekommen.

Nachdem sich seine Sponsoren von ihm trennten und siebenstellige Beträge in kleineren Schadensersatzprozessen fällig wurden, geht es für ihn jetzt ans Eingemachte. Ein Fall für die Fürsorge wird er damit aber nicht. Laut der Agentur Net Worth nennt er immer noch 125 Millionen Dollar sein eigen.

Das Fazit für risikofreudige Elitesportler lautet demnach: Doping lohnt sich auch bei extremen Strafen. Ohne seinen Körper mit Epo-Gaben für Rundfahrtsiege zu tunen, wäre der Klassikerspezialist Lance Armstrong niemals in die Verdienstregionen vorgestoßen, die ihm selbst nach einer Megastrafe noch bleiben.

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