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G7-Gipfel in BrüsselDie Bändigung des Putin

Die G7-Staaten sind sich einig, dass Russland in der Ukraine-Krise eine Bringschuld habe. Verweigere sich Moskau, würden die Sanktionen verstärkt werden.

Der russische Staatschef in seinem Metier. Bild: dpa

BRÜSSEL dpa | Die Staats- und Regierungschefs der führenden westlichen Industrienationen (G7) setzen am Donnerstag (09.00 Uhr) in Brüssel ihre Beratungen fort. Wichtigste Themen zum Abschluss des Gipfels sind die Weltwirtschaft, der Klimawandel und die Energieversorgung.

Im Zuge der Krim-Krise hatten die G7-Staats- und Regierungschefs den russischen Präsidenten Wladimir Putin aus ihrem Kreis ausgeschlossen. Ein ursprünglich im russischen Sotschi geplantes G8-Treffen sagten sie ab. Der Gipfel endet am Nachmittag.

Am späten Mittwochabend einigte sich die Gipfelrunde auf eine Erklärung zur Ukraine. „Wir sind bereit, die gezielten Sanktionen zu verstärken und zusätzliche bedeutsame restriktive Maßnahmen zu verhängen, um den Preis, den Russland zu zahlen hat, in die Höhe zu treiben, wenn die Ereignisse dies erfordern“, heißt es in dem Dokument.

Als Bringschuld fordert die G7 von Russland vier Punkte: Zusammenarbeit mit dem neuen ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko, Stopp des Zustroms von Separatisten und Waffen in die Ostukraine, Garantien für die Gasversorgung, vollständiger Abzug der Truppen von der ukrainischen Grenze.

Drohen mit Sanktionen

Bundeskanzlerin Angela Merkel machte klar, dass eine russische Verweigerungshaltung Stufe drei der Sanktionen nach sich ziehen könne. Sie fügte aber hinzu: „Es gibt keinen Automatismus.“ Neue Strafmaßnahmen müssten unter den Partnern abgestimmt werden.

US-Präsident Barack Obama hatte sich zuvor dafür starkgemacht, weiter einen harten Kurs gegen Russland zu fahren.

Eine mögliche Entspannung zwischen Russland und dem Westen könnten die Feierlichkeiten in der Normandie zum 70. Jahrestag der Landung der Alliierten sein. Merkel, Frankreichs Präsident François Hollande und der britische Premier David Cameron sind bereit, in Paris und bei der Feier mit Russlands Präsidenten den Dialog suchen.

Putin mit offensivem Fahrplan

Hollande, der die Feierlichkeiten als diplomatische Chance und sich als Moderator versteht, sagte, er habe auch Poroschenko eingeladen. „Frankreich wird die ganze Welt empfangen.“

Putin signalisierte, auch mit dem ukrainischen Präsidenten zu sprechen. Auch ein Gespräch mit Obama bot er an. „Ich habe nicht vor, irgendjemandem aus dem Weg zu gehen“, sagte er in am Mittwoch in einem Interview der französischen Sender Europe 1 und TF1.

Vom US-Präsidenten gab es weiter kein öffentliches Zeichen, mit Putin in der Normandie sprechen zu wollen. Nach seinen harten Worten in Richtung Moskau zu Beginn seiner Europareise dürfte eine Annäherung schwierig sein.

Teures Kriegsgerät aus Frankreich

Das heikle Thema französischer Rüstungsgeschäfte mit Russland wurde beim Gipfel ausgeklammert. Man habe nicht über den 2011 geschlossenen Vertrag zur Lieferung zweier Hubschrauberträger der Mistral-Klasse gesprochen, sagte Hollande. Bislang gebe es keine Sanktionen, die der für Oktober geplanten Lieferung des ersten Schiffes entgegenstünden. „Wir erfüllen den Vertrag, und das ist völlig legal“, sagte Hollande.

Nach russischen Informationen beträgt der Stückpreis für die ohne Waffen gelieferten Schiffe „unter 600 Millionen Euro“. In anderen westlichen Staaten waren bereits vor dem Vertragsabschluss Bedenken gegen das Geschäft geäußert worden.

Zur G7-Runde gehören neben Merkel, Obama, Cameron und Hollande auch die Regierungschefs Italiens, Kanadas und Japans. Gastgeber sind EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy und EU-Kommissionschef José Manuel Barroso.

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11 Kommentare

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  • Dieser Text: "Die Bändigung des Putin" ist Quatsch, oder rhetorischer Blödsinn!

    Der Text könnte- die Fakten betrachtend- genausogut formuliert sein im Sinne: "Russlands Bändigung des Westens"!!!

    So z.B.: "Die Machtgeile USA/NATO/USA streckt sich aus um die Ukraine, das russisch nationale Heiligtum der Krim zu schnappen" .

    Russland will nicht- und sichert sich die Krim demokratisch.

    Die Ostukraine wehren sich- im historischen Bewusstsein des II.ten Weltkriegs- gegen die Westukrainischen NAZI-Faschisten.. gegen Kiews seltsame Putschregierung.

    Die Westukrainischen Machthaber klssifizieren die rebellischen Ostukrainer als Terroristen..!

    Sowas geht doch nicht!

    Russland will in Frieden leben! Herr Putin ist nur das gegenwärtige Sprachrohr der diversen Mentalitäten Russlands!

  • Rätselhaft ist mir das große Verständnis für Putin. Putin betreibt Machtpolitik aus dem vor-vorigen Jahrhundert. Ok, er fühlt sich von der Audehnung der EU und der NATO bedrängt. Aber das ist geschichtlich, die Russen haben dort (baltische Republiken, zB) gehaust.

    Andere betreiben auch Machtpolitik, allerdings ohne politische Morde wie in Russland oder Dagestan (wenn man mal von den Drohnen der Amerikaner in Pakistan etc absieht). Die Amerikaner haben sich manchmal verrannt in ihrem Heilsglauben und mit einem Dummkopf wie Bush 2 als Chef. Alle schielen irgendwie auf die Wähler und die Wahlen. Anders kann ich mir auch das Verhalten des Schokokönigs nicht erklären, der bald neue Parlamentswahlen möchte. Die EU ist in einer zwiespaltigen Lage: Einerseits laufen Geschäfte mit Russland, dann strebt man tendenziell eine Einbindung der Ukraine an, allerdings mehr theoretisch, praktisch wie? Die Kosten wären groß, und die politische Kultur in der Ukraine (siehe Schlägereien im Parlament) deuten nicht auf eine hochentwickelte Zivilgesellschaft hin. Die Türkei ist ein ähnlicher Fall. Oder zB, die EU ist auch nicht heiß auf Albanien. Die Isländer würden dagegen gerne genommen.

     

    Große Teile der Ukrainer sind eher auf die EU orientiert als nach Russland hin, dessen polit. Kultur durch Wahlfälschung, eine Justiz von Putins Gnaden und ab und an immer noch politische Morde geprägt ist. Die eurasische Union ist eine Union von 2 Diktatoren + einem Wahlfälscher als Chef.

  • "Verweigere sich Moskau, würden die Sanktionen verstärkt werden."

     

    Nur zu, Pappkamerad(inn)en. Um so eher wird auffallen, dass der Kaiser (nein, damit meine ich nicht Putin) nackt ist.

    • @h4364r:

      ... oder aus einem anderen Märchen , "Jim Knopf" , etwas :

      Putin wird nicht verborgen sein , dass die GROSSEN SIEBEN nur die Scheinriesen aus dem Land von Prinzessin Li-si sind : wenn sie näher kommen , sieht man , dass sie ökonomisch auf dem vorletzten Loch pfeifen .

      • @APOKALYPTIKER:

        Putin hat übrigens ein neues Gesetz gegen Homosexuelle beschlossen. Das zeigt welches Geistes Kind er ist. Dann laufen in Russland seit Jahrzehnten Gestalten wie Schirinowski rum, die auch % bei den Wahlen gewinnen. Dann die Wirtschaftsunion mit der letzten Diktatur Europas. Dann: Lebenserwartung der Männer 64 Jahre. Politische Morde in Dagestan. Alles eher zum Gruseln.

  • Ich finde die Macho Posen des russischen Präsidenten ja auch immer wieder zum schmunzeln, aber er kann sich das wenigstens leisten. Unsere Spitzenpolitiker möchte ich lieber nicht "oben ohne" sehen. Aber das Bild lenkt nur vom Wesentlichen ab.

    Die vier Punkte sind interessant:

    zu 1) Er hat dem Schokobärchen Gespräche angeboten. Dieser hat abgelehnt.

    zu 2) Wann fordert der Westen von Kiew, die Gewalt einzustellen? Oder wenigstens die Luftangriffe.

    zu 3) Russland will ja Gas liefern. Aber natürlich nicht kostenlos.

    zu 4) Russland hat an der ca. 1500 km langen Grenze zur Ukraine nach letzten Nato Angaben 7 Bataillone (zwischen 3500 und 7000 Soldaten) stehen. Das ist nun wirklich nicht viel. Und wie soll Russland eigentlich Forderung 2 erfüllen, wenn niemand die Grenze bewacht? Und wie weit müssen denn die Truppen zurück gezogen werden, damit die Nato zufrieden ist? Hinter den Ural?

    Da haben Sie die Antworten, die Putin heute und morgen geben wird. Und es würde mich nicht wundern, wenn er auf den Unsinn des Westens mit der Forderung nach einer Flugverbotszone über Neurussland antworten würde. Wie man das macht, hat er ja in Libyen gesehen...

  • Merkel in O-Ton:

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    "Wir haben einen langen Atem, wenn es darum geht Recht und Freiheit auf dem europäischen Kontinent durchzusetzen."

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    Interessant, dass zur Freiheit auf dem europäischen Kontinent Foltergefängnisse und allumfassende Bespitzelung zählen.

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    Was ist eigentlich mit unserem Recht darüber entscheiden zu dürfen, ob wir den Euro überhaupt wollen oder nicht ? Was ist dem internationalen Verbot von Angriffskriegen ohne Rechtfertigung: Nach dem Angriffskrieg gegen den Irak und Afghanistan habe ich nicht gehört, dass irgend jemand in Den Haag erscheinen musste oder gar verurteilt wurden.

    • @GWalter:

      Die USA haben sich das Recht genommen dort angeklagte US Bürger mit Waffengewalt aus Den Haag zu holen.

  • Was würden die nur machen wenn sie Putin nicht hätten? Nicht nur dass die aggressive Politik genau nach dem Fahrplan der Wolfowitz Brzezinski Doktrien ablaufen, sondern dass hier auch ein Sündenbock für eine desolate Wirtschaftspolitik aufgebaut wurde. Die haben als Geiseln der Finanzmärkte die Wirtschaft an die Wand gefahren. Und brauchen nun einen potjemkinschen Bösewicht mit dem sie den Bürgern den klaren Blick auf die wirklichen Probleme verstellen. Das funktioniert wie wir alle sehen. Aber leider muß wie immer wieder der Wehrlose leiden und sterben. Derjenige der für diese ganze Sch...e überhaupt nichts kann. Weiß er doch nicht einmal was ihm geschieht

  • Informationskriege, wie der Jetzige, richten sich auch immer gegen die eigene zahlende Bevölkerung. Deren Gefühl will man durch Überzeichnung oder Weglassen beeinflussen. Dazu maßt man sich sogar eine hinkende Deutungshoheit über Wortbedeutungen an. Was die Krim betrifft, da sind sich selbst Völkerrechtsexperten nicht einig, ob es eine Annektion war oder nicht. Andauernd wird in deutschen Medien die 98 Prozent Zustimmung des Wahlvolkes der Krim unterschlagen. Aber die gehört zur ganzen Wahrheit! Jetzt sitzt wieder ein Oligarch auf den Chefsessel in Kiew. Was soll denn nun besser geworden sein? Wofür all der Aufwand auf dem Maidan? Dieser Typ ist genauso so frei gewählt wie Assad. Putin muss russische Interessen in diesem Raum vertreten. Er ist der Präsident Russlands. Vor den Grenzen des Landes baut sich ein gewalttätiges Militärbündnis auf. Es wird überdies von Politikern mit hohem Realitätsverlust gelenkt.

  • "Als Bringschuld fordert die G7 von Russland vier Punkte: ..."

    ... und zum Bekennen seiner übergroßen Schuld solle er sich vor den Großen Sieben flach auf den Boden werfen und künftige Besserung schwören .

    Tja , Kleiner Putin , ... das wird hart . Auch für einen harten Naturburschen wie dich !