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Aus Protest gegen MuseumspolitikKünstler zerstört Vase von Ai Weiwei

Kaum lokale Kunst in Miamis Pérez Art Museum: Caminero Maximo hat dort deshalb eine Installation von Ai Weiwei beschädigt. Der chinesische Künstler ist nicht amüsiert.

Da steht jetzt eine Vase weniger: Ai Weiweis Installation im PAMM. Bild: dpa

PEKING/MIAMI afp | Der chinesische Dissident und Künstler Ai Weiwei hat sich ziemlich unbeeindruckt von der Protestaktion eines Mannes gezeigt, der in Miami eine wertvolle Vase aus einer seiner Installationen zerstört hat. Es komme häufig vor, dass seine Arbeit in Ausstellungen „zerstört wird oder kaputt geht“, sagte Ai der Nachrichtenagentur afp in Peking am Dienstag. „Ich dachte, das Museum oder die Versicherung werden sich darum kümmern.“

Dann habe er aber in Medienberichten gelesen, dass der Mann ein Künstler sei und die Arbeit absichtlich zerstört habe, fügte Ai hinzu. Die Gründe dafür „klingen nicht richtig“. Er wisse nicht, was nun wegen des erheblichen Schadens – angeblich ist die Vase rund eine Million Dollar (730.000 Euro) wert – gegen den Täter unternommen werde. „Darum kümmere ich mich nicht, weil das Museum diese Arbeit als Leihgabe hatte“, erklärte er. Daher müsse auch das Pérez Art Museum in Miami (PAMM) eine Lösung finden.

Die zerstörte Vase aus der Han-Dynastie war von Ai bemalt worden und Teil einer Installation namens „Coloured Vases“. Dahinter waren drei Fotografien gehängt, auf denen der 56-jährige Künstler zu sehen ist, wie er eine Han-Vase zerschlägt. Davon fühlte sich ein Besucher der Ausstellung offenbar inspiriert. Bei dem Täter handelt es sich laut Medienberichten um Maximo Caminero, einem in Miami ansässigen Künstler, der aus Protest gegen zu viel internationale Kunst in dem Museum gehandelt haben will. Der Mann wurde am Sonntag festgenommen.

„Spontane“ Aktion in Solidarität

Gegenüber der örtlichen Zeitung Miami New Times äußerte Caminero, dass er und andere lokale Künstler Steuerzahler in Floridas Metropole seien. „Das PAMM hat 200 Millionen Dollar an öffentlichen Geldern in seinen neuen Museumsbau gesteckt und eröffnet ihn mit Ai Weiweis Werken, um Aufmerksamkeit zu erhaschen und dabei – wie schon immer – lokale Künstler zu ignorieren."

Laut Miami New Times kam Caminero am Montag wieder auf freien Fuß. Ihm drohten bis zu fünf Jahre Gefängnis. Bei seiner „spontanen“ Aktion in Solidarität mit „allen örtlichen Künstlern von Miami, die hier nie im Museum gezeigt werden,“ sei ihm nicht klar gewesen, dass die Vase so wertvoll sei, sagte Caminero dem Blatt. „Das tut mir sehr leid.“

Er habe die Fotografien quasi als Aufforderung verstanden, es Ai Weiwei gleichzutun. Die Art und Weise der Bemalung der Vasen und ihre Präsentation hätte ihn nicht auf die Idee kommen lassen, dass es sich bei den Objekten um historische Artefakte handelt. „Ehrlich, ich dachte, das wäre ein gewöhnlicher Tontopf, wie man ihn im Home Depot findet", so Caminero.

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8 Kommentare

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  • der täter ist zweifellos ein politisch rechter. immerhin wird wei wei's dissidententum damit ins rechte linke licht gerückt.

     

    schwer bedenklich, wenn linke, alternative künstler so angegriffen werden!!!

  • 7G
    774 (Profil gelöscht)

    [Der Wert der Vase sei ihm nicht klar gewesen] - Kein Wunder, wer würde auch eine echte antike Vase bemalen?

  • K
    Künstler

    Grossartig!!Volle Unterstützung für den lokalen Künstler!"„Darum kümmere ich mich nicht, weil das Museum diese Arbeit als Leihgabe hatte“ Na was ist denn aus dem Systemkritiker Ai Weiwei geworden? Jetzt schützt er sein System! Wohl eine Frage der Perspektive!

  • Die Zerstörung einer der Vasen, und die internationale Berichterstattung darüber, dürfte den Wert des verbliebenen Ensembles auf dem Kunstmarkt um deutlich mehr als 1 Mio. $ erhöht haben.

     

    Hoffentlich bekommen auch die lokalen Künstler aus Miami etwas von der Aufmerksamkeit ab.

  • N
    nixpicasso

    Wer es glaubt wird seelig, das der "Künstler" dutzend Vasen im wert von mehreren Millionen Euro mit Farbe einjaucht.

  • Auch eine nette Überschrift: Die Geister die ich (er) rief...

  • Die Vase ist mitnichten von Ai Weiwei, sie ist & bleibt das Kunstwerk eines unbekannten Künstlers aus der Han-Dynastie. Die Wahrscheinlichkeit, daß die *Kunst* von Herrn Ai die nächsten 99 Jahre überdauern wird, tendiert gegen Null.

    Oder sollte die ÜÜberschrift suggerieren, es sei eine im Eigentum von Herrn Aua befindliche Vase zerstört worden?

    Wie dem auch sei, die Frage sollte erlaubt sein: Wer von diesen beiden *Künstlern* darf wohl als der größere *Kunst-* Banause betitelt werden? Möglicherweise eine klassische Pattsituation. :-D

  • S
    Sommerwiesel

    Ja, so ist das mit der Kunst. Im Grunde gebe ich dem einheimischen Künstler Recht, oft werden die eigenen Leute im Lande übersehen, na ja, und Wei Wei - das ist auch Geschmackssache. Ich kann mit solcher Kunst nichts anfangen.