Sotschi 2014 – der fünfte Abend: Steuergelder verschwendet
Eric Frenzel gewinnt Gold, die deutschen Rodler hingegen enttäuschen. Die 3.265.767 Euro teure Förderung – eine Investitionsruine.
Der Wettkampf des Abends: Was für eine Tragödie. Mit der eigentlich schönsten, stimmigsten, stärksten, harmonistschten, ja, berührendsten Kür, die bei Eislaufwettbewerben seit Jean Torvill und Christopher Dean (wenngleich im Eistanzen) 1984 gelaufen wurde, so muss dies streng objektiv notiert werden, haben Aljona Savchenko und Robin Szolkowy dennoch kein Gold gewonnen.
Nein, er stürzte bei einem Sprung nach einer Minute der Kür – und sie havarierte beim verzweifelten Versuch am Ende der viereinhalb Minuten, doch noch das Ruder herumzureißen: Ihren durch Robin Szolkowy ermöglichten dreifachen Wurfaxel konnte sie nicht stehen – zehntelmillimeterfalsch kam sie auf ihre rechte Außenkufe und fand sich auf dem Eis wieder.
So fanden sie sich, Zweite nach dem Kurzprogramm, auf dem dritten Platz wieder: Immerhin wurde ihre Demonstration in Eiskunst nicht mit Medaillonlosigkeit bestraft. Sieger wurden Tatjana Woloschoschar und Maxim Trankow und Zweite Ksenia Stolbova und Fedor Klimov. Sportlich gesehen zurecht: Sie strauchelten kaum, allenfalls nebenbei – nicht so zentral wie die Deutschen aus Chemnitz.
Interessanter Nebenaspekt: Das russische Publikum applaudierte dem von Ingo Steuer trainierten Paar noch während der Kür - von starkem Publikumsnationalismus war – abgesehen von gewöhnlicher Leidenschaft eines heimischen Publikums – nichts zu bemerken. (JAF)
Die AthletIn des Abends: Eines muss man den Athleten des Deutschen Olympischen Sportbundes zugutehalten. Die großen Favoriten – wenn man einmal von den deutschen Rodlerinnen absieht, siehe „Drama des Abends“ – halten dem Erwartungsdruck stand. So sprang und lief auch Eric Frenzel erwartungsgemäß besser als all seine Konkurrenten und gewann im Einzelwettbewerb der Nordischen Kombination die Goldmedaille. Es war die sechste Medaille für Deutschland.
Der 25-Jährige siegte nach einem Sprung von der Normalschanze und dem 10-Kilometer-Langlauf vor dem Japaner Akito Watabe. Bronze holte der Norweger Magnus Krog. Der Deutsche Johannes Rydzek kam mit 17 Sekunden Rückstand als Sechster ins Ziel. Kurz vor dem Stadion setzte sich Frenzel mit seiner entscheidenden Attacke ab und machte das erste deutsche Kombinations-Gold seit Georg Hettichs Triumph 2006 in Turin perfekt. (JK)
Das Drama des Abends: Der deutsche Bob- und Schlittenverband ist allein im Jahr 2013 mit 3.265.767 Euro gefördert worden, mehr als jeder andere Wintersportverband. Eine Investitionsruine, wie sich nun zeigt. Nach der furchtbaren Enttäuschung im Einzelwettbewerb der Frauen, bei der Anke Wischnewski den deutschen Triple-Sieg mit ihrem desaströsen achten Platz vermasselte, spotteten im Doppelsitzer-Wettbewerb der Männer Toni Eggert und Sascha Benecken den enormen finanziellen Zuwendungen. Ein entgleister Thüringen-Express.
Auch der Sieg des bayerischen Bundespolizei-Bundeswehr-Duos Tobias Wendl und Tobias Arlt kann über die erneute Rodel-Schmach nicht hinwegtäuschen. Kaputt gemacht haben sie, was der Hackl-Schorsch über Jahrzehnte aufbaute, Deutschland, einstig Rodelland. Silber geschenkt bekamen das österreichische Bruderpaar Andreas und Wolfgang Linger; Bronze die Letten Andris Sics und Juris Sics. (EPE)
Weitere Entscheidungen (Medaillen):
Eisschnelllauf, 1.000 m, Männer: „Da sind vierte und fünfte Plätze wirklich einmal Gold wert“, kommentierte Wolf-Dieter Poschmann im ZDF die vierten und fünften Plätze für die Deutschen Nico Ihle und Samuel Schwarz im Eisschnelllauf über 1.000 Meter. Dem Chemnitzer Ihle fehlen am Ende lediglich 12, dem Berliner Schwarz 15 Hundertstelsekunden auf einen Podestplatz.
Ihle hatte nach eigener Aussage alles in die ersten 600 Meter investiert und musste sich die letzte halbe Runde ins Ziel kämpfen. „Ich weiß nicht, ob ich weinen oder lachen soll“, kommentierte Ihle das beste deutsche Sprint-Ergebnis seit Jahrzehnten. Von dessen höchsten Punkt des Podestes schaut mit Stefan Groothuis wieder einmal ein Holländer, eingerahmt vom Kanadier Denny Morrison (Silber) und Michel Mulder (Bronze). (EPE)
Snowboard, Halfpipe, Frauen: Gold – Kaitlyn Farrington (USA), Silber – Torah Bright (Australien), Bronze – Kelly Clark (USA) 90,75
Weitere Wettkämpfe:
Eishockey, Frauen – Gruppe A:
Schweiz - Finnland 3:4 n.V. (0:2,2:1,1:0)
Kanada - USA 3:2 (0:0,0:1,3:1)
Eishockey, Männer – Gruppe C:
Tschechien - Schweden 2:4 (0:2,2:2,0:0)
Lettland - Schweiz 0:1 (0:0,0:0,0:1)
***
Curling, Frauen – Vorrunde
Japan - Russland 8:4
USA - China 4:7
Südkorea - Schweden 4:7
Kanada - Großbritannien 9:6
Curling, Männer – Vorrunde
Dänemark - USA 5:9
Norwegen - Deutschland 8:5
China - Schweiz 5:4
Deutschland - China 7:11
Schweiz - Großbritannien 2:4
Russland - Kanada 4:7
Dänemark - Schweden 8:5
Proteste an der Strecke: keine.
Der alternative Medaillenspiegel nach 32 von 98 Entscheidungen:
Europäische Union: Gold (15), Silber (15), Bronze (13)
Nordamerika: Gold (7), Silber (5), Bronze (7)
Sowjetunion: Gold (3), Silber (4), Bronze (5)
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