NPD-Verbotsverfahren: Minister macht widerwillig mit

Bundesinnenminister Friedrich ist gegen ein NPD-Verbot – sieht sich aber durch den Antrag der Länder gezwungen, mit vor das Verfassungsgericht zu ziehen.

Will nicht, kann aber wohl nicht anders: Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU). Bild: Reuters

BERLIN taz | Seit Monaten merkt man Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) an, wie wenig überzeugt er von einem zweiten Anlauf für ein NPD-Verbot ist. Für zu hoch hält er das Risiko, dass die Sache wieder scheitert und die siechende rechtsextreme Partei am Ende schlimmstenfalls aufgewertet wird. Doch für die Bundesregierung gibt es inzwischen kaum mehr einen anderen Weg als neben dem Antrag der Länder einen eigenen Verbotsantrag in Karlsruhe zu stellen.

Friedrich hat seine Position nicht geändert. Im Gegenteil: Noch nie hat er so klar wie an diesem Dienstag gesagt, dass er die vor Weihnachten von den Ländern gefällte Entscheidung für ein neues Verbotsverfahren für falsch hält.

Er habe „mit Mühe versucht, die Länder abzuhalten“, sagte Friedrich bei einem kurzfristig anberaumten Statement im Reichstagsgebäude. Doch sie hätten nicht auf seinen Rat gehört. Mit dem Antrag der Länder sei aber nunmal die Bühne eröffnet worden. „Wir müssen gemeinsam verhindern, dass die NPD auf dieser Bühne triumphiert“, sagte Friedrich.

Man müsse den Ländern schon deshalb bei dem Verfahren helfen, so der Innenminister weiter, weil mehr als 50 Prozent der Belege gegen die rechtsextreme Partei vom Bund zusammengetragen worden seien.

Allein dadurch, so sieht es auch der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Hans-Peter Uhl (CSU), könne sich der Bundesinnenminister gar nicht aus dem Verbotsverfahren heraushalten. „Die Länder haben ihn in das Verfahren mit hineingezogen.“

Daher war zuletzt eigentlich nur noch die Form der Beteiligung offen. Um klarzumachen, dass man nicht als treibende Kraft auftreten will, wurde in der Bundesregierung erwogen, sich dem Verfahren der Länder lediglich in Form eines „Streitbeitritts“ anzuschließen.

Doch das ist unter den Juristen umstritten – und deshalb wird es wohl zu einem eigenen Antrag der Regierung kommen. So soll es Innenminister Friedrich nach Angabe von Teilnehmern auch am Montagabend der CSU-Landesgruppe in Berlin berichtet haben.

Beginn im Frühsommer

FDP-Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, die ebenfalls eine Verbotsskeptikerin ist, geht das alles zu schnell. „Es gibt keine abschließende Haltung der Bundesregierung“, sagte sie am Dienstag.

Die offizielle Linie hatte Kanzlerin Angela Merkel (CDU) schon am Montag ausgegeben: Eine definitive Entscheidung über einen Antrag werde nach wie vor erst Ende März gefällt.

Schon einmal gescheitert

Das erste Verbotsverfahren gegen die NPD war im Jahr 2003 vor dem Verfassungsgericht in Karlsruhe gescheitert. Wegen der undurchsichtigen Situation der vom Staat bezahlten Szenespitzel in der Partei („V-Leute“) wurde es eingestellt, bevor es richtig los ging.

Als Konsequenz sollen nun bei einem zweiten Anlauf nur Belege aus offen zugänglichen Quellen verwendet werden. Mehr als 1.000 Seiten über Hassparolen, Straftaten und Verbindungen in die militante Neonaziszene haben Bund und Länder in den vergangenen Monaten zusammengetragen.

Das Verfassungsgericht in Karlsruhe geht davon aus, dass das neue Verbotsverfahren im Frühsommer startet. Innerhalb von zwei Jahren wollen die Richter es abschließen, hieß es dort vergangene Woche.

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