1,3 Milliarden Tonnen Essen im Müll: „Ökonomischer und ethischer Unsinn“
Europäer und US-Amerikaner werfen pro Kopf jährlich rund 100 Kilo Lebensmittel weg. Mehr als für alle Hungernden der Welt notwendig wäre. Die UN geht in die Offensive.
GENF/ROM/WIEN dpa | Mit einer weltweiten Kampagne wollen die Vereinten Nationen (UN) die dramatische Verschwendung und den Verlust von Essen eindämmen und so auch den Hunger bekämpfen. Jährlich landen 1,3 Milliarden Tonnen Lebensmittel im Abfall, wie eine am Dienstag in Genf vorgelegte Studie belegt. Das ist rein rechnerisch etwa viermal so viel wie nötig wäre, um das Hungerproblem in der Welt zu lösen.
Nach dem UN-Welthungerbericht vom vergangenen Oktober hat jeder Achte nicht genug zu essen – insgesamt rund 870 Millionen Menschen. Allein die in den Industrienationen weggeworfene Menge von 300 Millionen Tonnen jährlich würde theoretisch reichen, diese Menschen zu ernähren, sagte der Generaldirektor der UN-Organisation für Ernährung und Landwirtschaft (FAO), José Graziano da Silva.
Ein Teil der Nahrungsmittel wird weggeworfen, obwohl er noch essbar wäre und vieles verdirbt aufgrund unzulänglicher Bedingungen. Würde der Verlust der Nahrungsmittel insgesamt eingedämmt, könnten auch die Preise sinken. In vielen armen Ländern müssen die Menschen derzeit mehr als die Hälfte ihres Einkommens für Essen ausgeben.
Durchschnittlich wirft der Studie zufolge jeder Europäer und Nordamerikaner jedes Jahr zwischen 95 und 115 Kilogramm Essen weg. In Teilen Afrikas und Asiens liegt die Abfallmenge zwischen sechs und elf Kilogramm pro Kopf. In Entwicklungsländern geht ein Großteil der Nahrung bereits am Beginn der Versorgungskette verloren, durch unzureichende Erntetechniken, Insekten, mangelnde Kühlung oder schlechte Lagerbedingungen.
Einfache Maßnahmen
Unter dem Motto „Think.Eat.Save“ soll nun bei Produzenten und Verbrauchern mehr Bewusstsein geschaffen werden. Die Verschwendung von Lebensmitteln könnte nach Ansicht von UN-Experten durch einfache Maßnahmen eingedämmt werden. Sie fordern zum Beispiel, dass Kunden auch die weniger perfekt geformten Früchte kaufen sollten. Außerdem solle das Haltbarkeitsdatum nicht immer so streng gesehen werden.
„In einer Welt mit sieben Milliarden Menschen, deren Zahl bis 2050 auf neun Milliarden steigen soll, macht es absolut keinen Sinn, Lebensmittel wegzuwerfen – weder wirtschaftlich, noch ökologisch, noch ethisch“, sagte der Exekutivdirektor das UN-Umweltprogramm (Unep), Achim Steiner.
FAO-Generaldirektor da Silva sagte: „Gemeinsam können wir diesen untragbaren Trend umkehren und Lebensbedingungen verbessern.“ In den Industrienationen etwa sei die Hälfte des weggeworfenen Essens noch zum Verzehr geeignet. Den Auftrag für die Kampagne gaben das UN-Umweltprogramm Unep und die UN-Landwirtschaftsorganisation FAO.
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