zwischen den rillen : Brechtsche Ironie auf Kölsch
„Frisch“ bedeutet in Kölsch so viel wie „flüssig sein“. Dass der Kölner Chansonnier Gerd Köster und sein langjähriger Gitarrist und Freund Frank Hocker ihre dritte gemeinsame Platte „Frisch“ nennen, ist ein ironischer Kontrapunkt zum Jammertal Deutschland. „Verzeihung, mir geht es gut“, singt Köster.
Das Duo tingelt mit seinen Krätzjen und Balladen seit Jahren durch die rheinischen Kneipen. Eine goldene Nase hat sich das Duo damit nicht verdient. Umso höher muss man ihnen anrechnen, dass sie nicht dem wirtschaftlich attraktiven Karneval verfallen sind und sich stattdessen um anspruchsvolle Mundart bemühen. Nachdem sie mit „Dreckelije Krätzje“ die Kunstform der kölschen Moritat neu belebt hatten, haben sich Köster und Hocker nun wieder fast komplett von ihr gelöst – um sie mit anderen Musikstilen kongenial zu vermengen.
Diese Mischung aus Rock, Blues und Chanson hatte sich schon auf dem recht schwachen Album „final verseucht“ vor drei Jahren angekündigt. Auch ist Köster schon lange kein „kölscher Tom Waits“ mehr, mit dem er früher oft verglichen wurde.
Wenn man solche Parallelen überhaupt ziehen will, könnte man sagen, Köster habe eine Art Brechtsche Ironie, die sich auch bei Waits findet, für die kölsche Sprache gangbar gemacht. Das gilt etwa für Lieder wie „Stäänklore Naach“, „Windije Latään“ oder der wunderbaren Ballade „Maach Op“. Aber anders als Waits, der oft als Totengräber daher kommt, ist Köster ein Clown, eher noch ein Pierrot.
Das merkt man vor allem an den Texten. Köster malt wie kein anderer literarisch doppelbödige Bilder, hinter denen der Betrachter bissige Ironie und tiefe Tragikomik entdeckt. Balladen, rocklastig, kabarettistisch oder poemgleich, sind seine Stärke. Sie haben diese unpeinliche Rührung, intelligente Komik und verschmitzte Leichtigkeit, die Köster als legitimen Nachfolger von Willi Ostermann erscheinen lassen. Mit „Fuck Chardonnay“ hat sich das Duo zudem eine schmissige Liebeserklärung an den Riesling gezimmert. „Frisch“ ist ein Meilenstein in der Kölner Kulturgeschichte! INGO PETZ
Gerd Köster/Frank Hocker: „Frisch“, Pavement-Records, LC 60126 Nächste Konzerte: 29. und 30. Oktober, Wutzstock, Subbelrather Str. 543, Köln-Bickendorf