zukunftsrezept: 100-Liter-Linde mit Regenwasser to go
Sie stehen in fast jeder Nachbarschaft, sind zwischen 3 und 15 Jahre alt und haben seit März eine Sache gemeinsam: großen Durst. Junge Bäume leiden enorm unter der vielerorts andauernden Trockenheit in diesem Jahr, denn ihre Wurzeln reichen noch nicht zum Grundwasser. Wenn Bäume nicht genügend Wasser bekommen – oder sie durch Schädlinge geschwächt sind –, senden sie Warnzeichen: Linden und Ahorn färben ihre Blattränder braun. Buchen können ihre ganze Krone gelb verfärben. Besonders gefährdet sind heranwachsende Bäume in Großstädten wie Köln, Leipzig oder Frankfurt am Main, potenziellen Hitzeinseln. Was hilft, dass junge Bäume dort und andernorts nicht verdorren, sondern langfristig Schatten und kühle Luft sichern: Gießen. Und zwar regelmäßig und reichlich. 100 Liter pro Woche sind für Jungbäume lebensrettend. Wie du herausfindest, wo in deiner Nachbarschaft der nächste Jungbaum steht und woher du Wasser zum Gießen bekommst, verrät dir dieses Rezept. Mareike Hoek
Schwierigkeitsgradleicht bis mittel
Zubereitungszeit60 Minuten pro Woche
Personengeht allein, mit mehreren besonders erfrischend
Zutaten
1 Behälter, wie Gießkanne, Eimer oder Fahrradtasche
1 Wasserquelle wie Schwengelpumpe, Regenfass oder Spüle
(optional:) 1 Zugang zum digitalen Baumkataster oder einer Gieß-App deiner Stadt
Der Nährwert
Eine ausgewachsene Linde kann an einem heißen Sommertag bis zu 400 Liter Wasser verdunsten. Dadurch kühlt sie die Umgebungsluft. Dein Gießen lässt junge Bäume gedeihen und trägt so zu lebenswerteren Ortschaften bei.
Gut zu wissen
Linden machen rund ein Viertel der Straßenbäume in Deutschland aus, gefolgt von Ahorn (15 Prozent) und Eichen (9 Prozent). Extreme Wetterereignisse wie Trockenperioden setzen ihnen jedoch zu – ihr Bestand nimmt seit 2017 ab.
Was kann ich tun? Die Frage erreicht die wochentaz seit Jahren immer wieder. Hier stellen wir diesen Sommer konkrete Rezepte für Engagement vor. Zum Nachkochen. Schreibt uns, wie’s geschmeckt hat: zukunftsrezepte@taz.de
1 Digitale Baumkarte oder Gieß-App suchen (optional)
Wie alt sind die Bäume in deiner Nachbarschaft, wo stehen und wie viel Wasser brauchen sie? Vielerorts sammeln digitale Baumkataster, lokale Gieß-Apps oder -Plattformen diese Informationen in Karten, wie „Leipzig gießt“ oder „Potsdam gießt“. Wenn möglich, verschaff dir Zugang.
2 Baum auswählen
Wähle einen Baum, der zwischen 3 und 15 Jahre alt ist. Das Baumalter kannst du auch einfach analog bestimmen: Miss den Umfang des Stammes in einer Höhe von 1,5 Metern, teile die Zentimeterzahl durch 5 und multipliziere sie mal 2. Ältere Bäume brauchst du nicht gießen, ihre Wurzeln erreichen bereits das Grundwasser.
3 Wasserquelle finden
Hör oder sieh dich in deiner Nachbarschaft nach Schwengelpumpen, Gewässern, Regenwassercontainern oder Geschäften um, die Wasser zum Gießen spenden möchten. Alternativ kannst du auch in Baum-Karten oder Gieß-Apps nach öffentlichen Wasserquellen suchen. Oder du nutzt das Brauchwasser aus deiner Küche.
4 Gießen gehen
Bring dem Baum deiner Wahl pro Woche etwa 100 Liter Wasser. Weniger kommt bei den Wurzeln nicht an. Du kannst alles Wasser an einem Tag gießen, zum Beispiel mit zwei 25-Liter-Fahrradtaschen in zwei Touren. Wichtig aber: Langsam gießen, damit das Wasser durch den verdichteten und trockenen Boden durchsickern kann.
5 Eintragen nicht vergessen(optional)
Wenn möglich, dokumentiere dein Gießen digital. Viele Gieß-Apps verzeichnen die Wasserstände von Bäumen. Mit dem Eintrag hältst du sie aktuell, verhinderst Übergießen – und machst dein Engagement sichtbar. Das kann sich lohnen: viele Initiativen würdigen ihre Top-Gießer!
6 Patenschaft übernehmen(Bonus)
Gießt du einen Baum in deiner Gegend regelmäßig, kannst du das in manchen Apps ganz offiziell machen. Leg dir dafür ein Nutzerprofil an und trag dich als Baumpatin ein.
7 Regenwasser speichern(Bonus)
Du wohnst in einem Haus mit einem freistehenden Regenrohr? Dann stell doch eine Regentonne darunter. Auf der Website von „Leipzig gießt“ findest du ein Musterschreiben für deine Hausverwaltung und Tipps zur Genehmigung.
Guten Durst!
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