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Archiv-Artikel

zahl der woche Auch dieses Jahr gilt: Spar deinen Wein nicht auf für morgen!

Die besten Trauben seit Jahrzehnten

Noch ist der Wein nicht in den Fässern, doch die Hymnen werden in den höchsten Tönen gesungen: spektakulär, traumhaft, einmalig. In der Sommerhitze reiften die süßesten Trauben seit Jahrzehnten heran. Nur die Spitzenweine der Dreißiger- und Vierzigerjahre könnten wohl mit dem Weinjahrgang 2003 mithalten, meinen Experten.

Die erwarteten Edeltropfen könnten das Image des deutschen Weins aufpolieren. Armin Göring, Geschäftsführer des Deutschen Weininstituts, will schon seit Beginn der Neunzigerjahre ein steigendes Bewusstsein für Qualitätsweine festgestellt haben. Doch eine Studie aus seinem eigenen Haus belegt: Mit inzwischen 44 Prozent Marktanteil haben sich die Discounter als größte Weinhändler ausgebreitet.

Für den Weinexperten Mario Scheuermann gewinnen deutsche Qualitätsweine vor allem im Ausland an Bedeutung. So stieg der Riesling-Export in die USA 2002 um 36 Prozent. Der amerikanische Wein-Guru Robert Parker hatte zuvor zwei Jahrgänge mit höchsten Bewertungen bedacht. Mit den begehrten Prädikaten des Meisters stiegen die Preise von anfänglich 15 bis 20 Euro pro Flasche auf 25 bis 30 Euro. „Wenn Parker für 2003 wieder Höchstnoten an den Riesling verteilt, dann ist unabsehbar, wohin der Preis geht“, meint Scheuermann.

Ein Jahrhundertjahrgang 2003: bricht jetzt die große Zeit für Weinspekulationen in Deutschland an? Für Geldanlagen in Wein gibt es nur wenig Möglichkeiten. Die Klassiker sind Aktien von großen Weingüter in Übersee. In die wenigen Weinfonds, die Weine kaufen, einlagern und nach einer festen Zeit verkaufen, zahlten Anleger bisher nur sehr verhalten ein. Die wenigen deutschen Weinfonds führen ein Nischendasein. Die Hypotochter Blue Capital legte bislang vier Fonds auf. Von 1,7 Millionen Euro vor vier Jahren, stiegen die Einlagen mühsam auf 2,4 Millionen 2002.

Dass der erwartete Weinjahrgang das Geschäft belebt, bezweifelt Jannine Gries von Blue Capital. An teuren Weine werde gespart, wenn die Wirtschaft nicht läuft. Und: deutsche Weine seien sowieso kein Thema, so Gries. Sie versprächen weniger Gewinne als die französischen Renommierweine. Im Verhältnis zu den Lagerkosten sind sie zu billig.

Einst sang der ostdeutsche Liedermacher Gerhard Schöne: „Spar deinen Wein nicht auf für morgen.“ Das ist zwar nicht mehr populär, aber nicht veraltet. MARIUS ZIPPE