zahl der woche : Sonne ersetzt jetzt ein Atomkraftwerk
1
Nichts Neues vom Ölpreis: Er steigt. Neu ist allenfalls das Niveau. Am Donnerstag hatte er kurzzeitig die Rekordmarke von 60 Dollar pro Barrel durchbrochen. Damit ist Öl 58 Prozent teurer als vor Jahresfrist.
Neues dagegen aus der Solarbranche: In dieser Woche ging das 1.000ste Megawatt Photovoltaik ans Netz. Damit erreicht die installierte Leistung aller Solarstromanlagen im Land 1 Gigawatt – die Leistung eines durchschnittlichen AKWs. Ende 2004 waren in Deutschland 768 Megawatt Photovoltaik installiert.
Auf welchem Dach die Jubiläumsanlage errichtet wurde, ließ sich zwar nicht ermitteln, heißt es beim Branchenverband, der Unternehmensvereinigung Solarwirtschaft (UVS). So zeitnah seien die Installationen nicht zu erfassen. Sicher sei aber: „Der Durchbruch der Marke von 1 Gigawatt installierter Solarstromleistung ist geschafft.“
Damit ist die Entwicklung des Solarstroms in Deutschland eine Erfolgsgeschichte ohne Beispiel: Mitte der Neunzigerjahre lagen die jährlichen Installationszahlen noch im einstelligen Megawatt-Bereich. Im vergangenen Jahr wurden bereits rund 360 Megawatt neu ans Netz gebracht – mehr als in jedem anderen Land der Erde. In diesem Jahr rechnet die Branche mit gut 400 Megawatt. Japan, lange Zeit führende Solarnation der Welt, fiel erstmals hinter Deutschland zurück. Inzwischen macht der deutsche Photovoltaikmarkt fast 90 Prozent des europäischen, 39 Prozent des Weltmarktes aus.
Mit rund 800 Millionen Kilowattstunden jährlicher Erzeugung reichen die Solarkraftwerke in Deutschland bereits zur Versorgung von etwa 250.000 Haushalten. Vom gesamten nationalen Stromverbrauch vermag der Solarstrom zwar aktuell erst knapp 0,2 Prozent zu decken. Doch die Dynamik der Entwicklung lässt erahnen, welche Chancen in dieser Energie stecken: Binnen nur viereinhalb Jahren hat sich der Solarstrom in Deutschland verzehnfacht, binnen eines Jahrzehnts verhundertfacht.
Einerseits Ursache, andererseits Konsequenz dieser Entwicklung sind deutlich sinkende Preise der Solartechnik. Anfang der Neunzigerjahre mussten für das Solarmodul noch mehr als 10 Mark, also 5 Euro, pro Watt bezahlt werden. Heute sind Solarmodule auf Großhandelsebene bereits für 3 Euro je Watt erhältlich. Die Preisprognosen sind viel versprechend: 2010 wird die Photovoltaik bei etwa 2 Euro, im Jahr 2020 bei 1 Euro je installiertes Watt angelangt sein.
Wegen des Öl stiegen die Strompreise an der Leipziger Strombörse auch auf neue Spitzenwerte. Kontingente für das Jahr 2006 wurden in dieser Woche mit bis zu 43,20 Euro je Megawattstunde gehandelt – ein neues Allzeithoch. Am Spotmarkt schnellte der Strompreis in den letzten Tagen stundenweise gar auf Werte bis zu 250 Euro je Megawattstunde empor – das entspricht einem Preis von 25 Cent je Kilowattstunde. Damit wurde der Strom auf Großhandelsebene bereits zeitweise zu einem Preis gehandelt, den in wenigen Jahren der Solarstrom ohne jegliche staatliche Förderung erreicht. BERNWARD JANZING