wortwechsel: Wer darf bald die rote Richterrobe tragen?
Sind deutsche Gerichte nicht mehr unabhängig vom Parlament? Die CDU darf sich nicht von rechten Hetzkampagnen steuern lassen wie aktuell bei der Wahl auf die Richterstelle
Rechte Männer
„Vereint im Kampf gegen Brosius-Gersdorf“, wochentaz vom 19.–25. 7. 25
Es wundert mich als Feministin nicht, dass bei der Vorstellung der beiden Kandidatinnen der SPD für das Bundesverfassungsgericht erst Frauke Brosius-Gersdorf und jetzt auch Ann-Kathrin Kaufhold von rechten Männern infam angegriffen und öffentlich angeprangert werden. Sind doch beide Frauen!
Frauen, die offensichtlich bei Themen in deren Blickfeld geraten, bei denen sie mit männlich-patriarchaler Haltung ihre Macht, ihren Stolz und ihre Privilegien, eben ihre toxische Männlichkeit, profilieren können. Frauke Brosius-Gersdorf und Ann-Kathrin Kaufhold sind Frauen mit einer fundierten, mit Rechtsexpertise gefestigten Haltung zu Schwangerschaftsabbruch, Klima und auch Systemkritik. Ihre Bilder und ihre Namen werden täglich aufs Neue durch die Medienrepublik getrieben.
Dies macht deutlich: Für das Patriarchat und seine Helfershelfer*innen (auch das) gibt es wieder Frauen mit Namen, die sie moralisierend verunglimpfen, diffamieren, abwerten können. Und viele machen mit! Karin Schüler, Bonn
Beeinflussung
„Vereint im Kampf gegen Brosius-Gersdorf“, wochentaz vom 19.–25. 7. 25
In dem laufendem Auswahlverfahren um drei neue Richter:in für unser Bundesverfassungsgericht darf Politik sich nicht, hier explizit die CDU, von unlauteren Hetzkampagnen und verbreiteten Unwahrheiten bezüglich zu treffender Entscheidungen beeinflussen / leiten lassen.
Die CDU darf sich nicht an einer Beschädigung unserer Demokratie beteiligen, indem sie aufgrund von Kampagnen, eine eigentlich schon entschiedene Wahl zugunsten von Frau Professorin Brosius-Gersdorf zurückzieht. Es handelte sich nur noch um eine Formalie, die drei Richter:innenfür das Bundesverfassungsgericht zu bestätigen. Nur wenn auch Frau Professorin Brosius-Gersdorf als eine von den Bundesverfassungsrichtern zum Bundesverfassungsgericht berufen wird, erleidet unsere Demokratie keinen Schaden durch die „Neue Rechte“, deren Zeitschrift Junge Freiheit schon sehr tief blicken lässt.
Alex_der_Wunderer auf taz.de
Politisierung
wochentaz vom 19.–25. 7. 25
Was die Union und insbesondere diejenigen Abgeordneten, die Frau Brosius-Gersdorf nicht wählen wollten – macht, ist eine Politisierung des Verfassungsgerichts, wie man es aus Polen und Ungarn kennt. Das wird aus Deutschland immer kritisiert, weil damit die Gerichtsbarkeit nicht mehr unabhängig vom Parlament und der Regierung agieren kann.
Erst ändert man das Wahlverfahren aus Angst vor der AfD, und jetzt macht die Union genau das, was man mit dieser Änderung vermeiden wollte. Man geht den Weg, den man bei der AfD vermutet, wenn sie die RichterInnen bestellen würde: Nur Richter der eigenen Gesinnung würden Verfassungsrichter werden. Das Verfahren ist durch die gestaffelten Vorschlagsrechte der Parteien ein Verfahren, das eine Besetzung des Gerichts mit verfassungstreuen Richtern aus dem gesamten politischen Spektrum sicherstellt. Jetzt die einzelnen KandidatInnen nochmals der Bewertung durch die einzelnen Abgeordneten zu unterwerfen, untergräbt genau diese Ausgewogenheit. Die Union sollte sich schämen!
Friedrich-Karl Beckmann, Pinneberg
Besondere Leistung
„Gegen die Wand“,
wochentaz vom 12.–18. 7. 25
Noch-CDU Bundestagsfraktionsvorsitzender Jens Spahn gibt eine Mitschuld zu: Es wäre seine Aufgabe gewesen, dafür zu sorgen, dass die Unionsfraktion gemeinsam mit den anderen demokratischen Parteien die Zweidrittelmehrheit für die Richter:innenwahl zum Bundesverfassungsgericht „liefert“. Spahn hat dafür gesorgt, dass alle Bundestagsabgeordneten öffentlich sehen konnten, dass sich die Union nicht an Absprachen – auch mit dem Noch-Koalitionspartner SPD – hält.
Wir fühlen uns an die Endphase der Ampelkoalition bezüglich der FDP erinnert. Die Union ist also genauso unzuverlässig wie seinerzeit die FDP Christian Lindners. Und das bereits nach 70 Tagen der neuen Mini-Groko! Das ist eine besondere Leistung von Noch-CDU-Bundeskanzler Friedrich Merz.
Klaus Jürgen Lewin, Bremen
Kampagnen
„Gegen die Wand“,
wochentaz vom 12.–18. 7. 25
Die Rechtsprofessorin Frauke Brosius-Gersdorf ist im laufenden konservativen Kulturkampf nur Mittel zum Zweck radikaler Lebensschützer, evangelikaler Fundamentalisten, rechter Gruppen und internationaler Netzwerke, die unter anderem ideologisch und finanziell von Trumps früherem Chefstrategen Steve Bannon aufgerüstet werden.
Und nein, dies ist keine Verschwörungstheorie, sondern kann bei Bannon und in seinem Netzwerk jederzeit nachgelesen werden! Jörg Wilhelm, Wiesbaden
Radikale Änderung
„Erschreckend flache Lernkurve“,
wochentaz vom 19.–25. 7. 25
Hat die taz nicht auch argumentiert, dass eine CDU/SPD Koalition wichtig ist, um den Aufstieg des Rechtsextremismus zu stoppen? Während ich schon damals gesagt habe, dass eine Regierung, die vor allem eine Politik macht, wie sie der CDU gefällt, noch schlimmer ist als die Ampel. Jetzt hat die AfD in wenigen Monaten ordentlich zugelegt. Die Partei wird vielleicht noch vor Ende des Jahres stärker als die CDU sein. Wenn nicht endlich eine radikale Änderung der Politik erfolgt.
EchteDemokratieWäreSoSchön auf taz.de
Ausgewogenheit
„Ein wehrhafter Jude, der nicht nur für sich kämpft“,
wochentaz vom 19.–25. 7. 25
Erica Zingher kann alle zwei Wochen über Antisemitismus in Deutschland und dessen Opfer sprechen. Dass die beschriebenen Phänomene im Zusammenhang mit dem israelischen Vorgehen in Gaza stehen, wird manchmal noch erwähnt, selten am Rand die Opfer des israelischen Vorgehens in Gaza. Was dann komplett fehlt, ist der handfeste Deutschland-Bezug, nämlich deutsche Waffenlieferungen. Der muss auch fehlen, damit Israel-Kritik in Deutschland die Legitimität abgesprochen und auf Antisemitismus reduziert werden kann.
Nebenbei: Kann es sein, dass einige von denen, die in Deutschland Palästina-Fahnen schwingen vielleicht zivile Verwandte in Gaza haben und primär dadurch motiviert sind? Ulrike Müller
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